Reisesammlungen
engl. Collections of Voyages and Travels, Travel Collections; franz. Recueil, Compilations des récits géographiques; niederl. reiscollectie; ital. compilazione storico-geografica, lat. Itinera collecta im Unterschied zu Itinera singularia; Collectiones Peregrinationum
Der nachfolgende Korpus von Reisesammlungen enthält (Oktober 2025) rund 260 Werke mit rund 3.000 dazugehörigen Bänden.
Die Tabelle zeigt die Länder in der Reihenfolge des erstmaligen zeitlichen Auftretens eines entsprechenden Druckortes mit allen Bänden.
Nur ausnahmsweise wurden unberücksichtigt: unterschiedliche Ausgaben, Parallelausgaben, Ausgaben für die Jugend, verschiedene Druckorte, weitere Auflagen und Raubdrucke.
Wegen des Umfangs sind die Reisesammlungen auf vier Unterseiten nach Jahrhunderten verteilt; die umfangreichsten Titelverzeichnisse sind auf eigenen Seiten ausgelagert.
| | Zeitleisten der Reisesammlungen des … |
| | 16. | 17. | 18. | 19. | Jahrhunderts |
Unterwegs im | | 16. | 17. | 18. | 19. | Jahrhundert |
| | | | | | |
n (Titel) | | 21 | 33 | 116 | 94 | |
n (Bände) | | 84 | 88 | 955 | 1867 | |
| | | | | | |
Italien | 1504 | 4 | 2 | | 2 | |
Portugal | 1506 | 2 | | | 1 | |
Deutschland | 1508 | 7 | 5 | 47 | 42 | |
Schweiz | 1532 | 1 | | 1 | 1 | |
England | 1555 | 3 | 6 | 34 | 15 | |
Frankreich | 1556 | 1 | 6 | 13 | 14 | |
Philippinen | 1584 | 1 | | | | |
Holland | 1598 | 1 | 11 | 7 | 3 | |
| | | | | | |
Spanien | 1601 | | 2 | 2 | 1 | |
Schweden | 1667 | | 1 | 2 | 5 | |
| | | | | | |
Dänemark | 1749 | | | 4 | 1 | |
Rußland | 1755 | | | 1 | | |
Irland | 1759 | | | 1 | 1 | |
Schottland | 1766 | | | 1 | 1 | |
Tschechien | 1784 | | | 1 | 2 | |
USA | 1787 | | | 1 | | |
| | | | | | |
Österreich | 1800 | | | | 4 | |
China | 1877 | | | | 1 | |
Vorbemerkung
Reisende bringen Dinge zurück und Geschichten; die einen werden ausgestellt (→ Liste der Ausstellungen), wenn sie sehenswert sind, die anderen gedruckt, wenn sie lesenswert sind. Aus der Masse des Geschriebenen und Gedruckten heben sich solche Inhalte ab, die besonders ausgewählt wurden und erhalten Relevanz zu dieser Zeit und und zur gewählten Absicht.
Reisesammlungen werden hier aufgefasst als gedruckte Reiseliteratur, deren Autoren erkennbar sind und die mindestens zusammengestellt, oft bearbeitet, manchmal mit Anmerkungen versehen herausgegeben sind. Im Unterschied zu anderen Formen der Wissensspeicherung sind ihre Merkmale:
-
-
die Verwendung der Volkssprachen (englisch, deutsch, französisch, flämisch …) anstelle lateinischer Ausgaben;
die Diffusion weltläufigen
Wissens (geographisch, völkerkundlich …) ausserhalb hermetischer Zirkel;
Zielgruppen und Interesse in der (breiten) Bevölkerung.
Reisesammlungen in Form von Manuskripten können durchaus in Archiven zu finden sein, weil sie eben nicht öffentlich werden sollten, etwa
in herrschaftlichen Archiven, weil Wissen auch Macht bedeutet;
in Archiven von
Fernhandelsnetzwerken, weil Wissen auch Kapital bedeutet;
s. z.B. das
Bratislava Manuscript
in Archiven von Missionsgesellschaften, weil sie den Erfolg der Seelenfischer belegen;
in den Nachlässen von Kartenmachern, die schon vor dem Buchdruck auf Berichte Reisender angewiesen waren.
1)
Reisesammlungen: geographisches Wissens und koloniale Expansion
Reisesammlungen speicherten geographisches Wissen, bevor es eine geographische Wissenschaft gab. Solche Speicher gab es vor dem Buchdruck in Form von Land- und Seekarten, Portolankarten, Periploi, Itineraren. Auch die mittelalterlichen Sammelcodices (etwa das Speculum historiale als Teil des Speculum maius 2) von Vinzenz von Beauvais
im 13. Jahrhundert) verarbeiteten geographisches Wissen, benannten jedoch selten die Quellen 3). Geographisches Wissen zu erfassen war bereits die Aufgabe der Bematisten in der griechischen Antike, es zu sammeln soll bereits Aufgabe der Bibliothek von Alexandria gewesen sein und auch die antiken Geographen und Historiker (Herodot
, Strabon
…) beriefen sich auf Berichte von Reisenden und verarbeiteten deren Wissen.
Das Reisen wurde ab dem 17. Jahrhundert zur Methode der Geographie, des Entdeckens und Erforschens. Damit setzte langsam die Unterscheidung zwischen Unterhaltung und Wissenschaft ein, zwischen Laien- und Fachpublikum:
1560 gründete Giambattista della Porta
(1535–1615) in Neapel die Academia Secretorum Naturae (ital. Accademia dei Segreti) als eine der frühesten naturwissenschaftlichen Akademien in Europa. Er selbst reiste 1563–1566 durch Italien, Frankreich, Spanien und suchte in Bibliotheken und im Gespräch mit Gelehrten und Künstlern technisches und naturwissenschaftliches Wissen. Dieses wurde später in seiner Akademie experimentell überprüft. Die Inquisition verbot diese Akademie 1578.
1660 wurde die Royal Society of London for Improving Natural Knowledge gegründert, die unter anderem 1665 Directions for Seamen, Bound for Voyages erstellte, also Anleitungen zum Beobachten, Sammeln, Dokumentieren usf.
1684 gründete Pater Vincenzo Coronelli
(1650–1718) die Accademia Cosmografica degli Argonauti, die als erste geographische Gesellschaft gilt.
-
Charles de Brosse
, Autor der Histoire des navigations aux Terres Australes (1756) schlug als erster vor, Wissenschaftler auf Entdeckungsreisen mitzunehmen.
Etwa ab 1750 entstanden geographische Zeitschriften (→ 1790 Canzler), die vielfach auch Reisebeschreibungen publizierten, etwa
Das Magazin für die neue Historie und Geographie von Anton Friedrich Büsching
in Hamburg, später Halle, 1767−1788, 22 Bände.
Auserlesene Aufsätze zur geographischen, statistischen, politischen und sittlichen Länder- und Völkerkunde. Eine Quartalsschrift aus den neuesten und besten Reisebeschreibungen gezogen. Schulz in Berlin 1786-1797
Hohmann, Joseph
Geographische Zeitschriften des 18. Jahrhunderts: Ein Beitrag zur Geschichte deutscher geographischer Periodika
Erdkunde (1959) 455-463.
Online. Hohmann verzeichnet ab 1750 25 Zeitschriften, deren Erscheinungszeitraum und deren Herausgeber, unter denen sich auch Büsching (→ 1777), Ehrmann (→ 1791), Forster (→ 1781), Schulz (→ 1786), Sprengel (→ 1781) finden.
1788 gründete Sir John Banks
in London die Association for promoting the Discovery of the Interior Parts of Africa, kurz: African Association. Diese war eine Interessengesellschaft, denn Mitglieder zahlten Beiträge, damit sie die Expeditionsergebnisse erhielten; kommuniziert wurde mittels Briefverkehr.
1821 wurde die Société de Géographie als französische Gelehrtengesellschaft zur geographischen Forschung in Paris gegründet und ist die älteste Geographische Gesellschaft der Welt; Publikationsorgan war das Bulletin de la Société de Géographie (1822–1899)
Lejeune, Dominique
Les sociétés de géographie en France et l’expansion coloniale au XIXe siècle
236 S. Paris 1993: Bibliothèque Albin Michel-Histoire. Rezension
Online
1828 entstand die Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin zur »Beförderung der Erdkunde im weitesten Sinne des Worts durch mündliche oder schriftliche Mittheilung« mit Carl Ritter
als erstem Vorsitzenden dieser Gelehrtengesellschaft. Die Erde (seit 1833) ist die älteste noch erscheinende Fachzeitschrift für Geographie der Erde.
1830 entstand die Geographical Society of London , die 1831 mit der African Association von 1788 zur Royal Geographical Society RGS fusionierte; in ihr gingen später auf: der Raleigh Club, die Palestine Association und zuletzt das Institute of British Geographers. Damit ist sie die größte geographische Gesellschaft in Europa.
1846 wurde die Hakluyt Society in London gegründet und widmet sich seither insbesondere der Herausgabe von Texten aus dem Zeitalter der Entdeckungen.
-
Bemerkenswert ist, dass Reisesammlungen ihre Wurzeln in Italien haben, weder in Portugal noch in Spanien, und dass sie insbesondere in englischer, deutscher und französischer Sprache erfolgreich wurden. Den engen Zusammenhang der frühen Reisesammlungen (Hakluyt, de Bry, Hulsius …) mit der europäischen Expansion und den kolonialen Ideen beschreibt:
Simon Karstens
Gescheiterte Kolonien – Erträumte Imperien. Eine andere Geschichte der europäischen Expansion 1492-1615
Diss. Universität Trier. 619 S. Wien 2021: Böhlau.
Inhalt
Reisesammlungen zwischen Reisen und Literatur
Reisesammlungen stehen den formal strengen Bibliographien zur Reiseliteratur diametral gegenüber, indem sie die Inhalte in den Vordergrund stellen und bewerten.
Sie stehen aber auch in einem Verhältnis zu Reiseanleitungen (Apodemiken), da die ausgewählten Reisen und damit das Verhalten dieser Reisenden zum einen vorbildhaft erscheinen, zum anderen aber auch zum Nachdenken über deren Art des Reisens anregen, auch zu Optimierungen.
Die Voraussetzungen für das Entstehen einer gedruckten Reisesammlung sind:
dass
Reisende als Augenzeugen zum Autor werden, das Ergebnis kann ein Tagebuch, Logbuch, Brief, Reisebericht, eine Karte … sein (Authentizität). Der Fokus des Augenzeugen bestimmt den Informationsgehalt.
Das Publikum dieser Autoren ist jedoch nicht das Publikum der Reisesammlungen.
dass Sammler Zugang zu solchen Quellen/Netzwerken haben;
dass der Informationsgehalt eine Schnittmenge mit den Interessen des Sammlers und seines Publikums aufweist.
Die Verarbeitung des Rohmaterials erfordert zuerst eine Selektion, also Kriterien hinsichtlich der Relevanz und der Neuheit und eventuell hinsichtlich des Unterhaltungswertes. Dieser Verarbeitungsprozess ist weitgehend intransparent. Die dazu nötigen Funktionen erfordern (oft in Personalunion) die Eigenschaften von:
Sammler
von Texten, der bibliographisch kundig und tätig ist, weil seine Auswahl im Vergleich zu anderen Werken erfolgt;
Schreiber
im Sinne eines Kopisten;
-
Kommentator
im Sinne eines Erklärers;
Kompilator,
der Texte verschiedener Autoren konzeptionell zusammenführt, das Neue herausstellt und den Informationsgehalt verdichtet.
Eine Zusammenstellung von bereits Bekanntem wird von Rezensenten auch als »elende Kompilation« abgewertet.
Herausgeber,
der vergleichend und analysierend eine Edition erstellt;
Reisesammlungen verletzen editorische Maßstäbe regelmäßig, da sie die Originalberichte nicht nur auswählen, sondern auch interessegeleitet kürzen, ergänzen, bearbeiten.
-
Auftraggeber für Abbildungen,
der bestimmt, welche Vorstellungen transportiert werden;
Verleger und Buchhändler,
das Interesse ihrer Kunden bedienend;
Drucker mit seinen technischen Möglichkeiten.
Herausgeber von Reisesammlungen mussten sich mehr oder weniger mit ihren Vorläufern und Konkurrenten auseinandersetzen und haben ihre Ansichten manches Mal im Vorwort dargelegt, dabei meist betonend, was sie besser machen würden. Im Vorwort zu den Reisesammlungen wird mehr oder weniger deutlich formuliert, welche Interessen die Herausgeber dabei verfolgen und welche Kriterien sie zugrunde legten, siehe beispielhaft Preface (Knox: A new collection of voyages, 1767) sowie die Vorworte von Green 1745 und Kerr
1811 (Band 18: 1824 William Stevenson). Dadurch erlauben die Reisesammlungen einen zeittypischen Blick auf die Rezeption der Reisen. Eine umfassende Untersuchung dazu scheint es nicht zu geben, siehe den Übersichtsartikel von Goldman
(2025), Ansätze finden sich bei:
1718 widmet
Nicolas Lenglet du Fresnoy
einen Abschnitt seines Kataloges 9 Reisesammlungen (collections de voyage)
4)
Methode pour etudier la Geographie:
dans laquelle on donne une description exacte de l'Univers … avec un discours preliminaire sur l'étude de cette Science …
Amsterdam 1718: Compagnie.
Online
1742 wächst dieser Umfang auf elf Seiten
5)
Lenglet du Fresnoy
Méthode pour etudier la géographie:
où l'on donne une description exacte de l'univers, formée sur les observations de l'Académie Royale des Sciences, & sur les auteurs originaux. Avec un discours préliminaire sur l'étude de cette science, & un catalogue des cartes geographiques, relations, voyages, & descriptions nécessaires pour la géographie. Paris 1742 : Rollin
»La lecture des voyages est, selon Lenglet-Dufresnoy, le moyen le plus agréable d'apprendre la géographie.« (zit. nach
Broc, Numa
De quelques bibliographies anciennes utiles à l'historien de la géographie (XVIe-XVIIIe siècles).
Revue d'histoire des sciences, 31.2 (1978) 97-130.
DOI Online
1769 beschäftigte sich
Johann Georg Meusel
6) mit 20 Reisewerken (
Online), dabei an erster und zweiter Stelle mit dem siebten Band der
Sammlung der besten und neuesten Reisebeschreibungen in einem ausführlichen Auszuge (→ 1763 Zückert) und dem ersten Band der
Sammlung der besten und neuesten Reise beschreibungen in einem ausführlichen Auszuge (→ 1769 Köhler).
→
1790 nennt
Canzler
im
Atlas der Erdkunde (Göttingen) »zahlreiche Zeitschriften für Länder und Völkerkunde«, die thematisch und über die Herausgeber (
Bernoulli
,
Büsching
,
Fabri
,
Forster
,
Sprengel
) mit den Reisesammlungen verwandt bis identisch sind.
An gleicher Stelle listet Canzler ausgewählte Reisesammlungen auf: »Aus der großen Menge von Schriften dieser Art nehmen hier nur die folgenden Samlungen von Reisebeschreibungen einen Plaz ein« (S. 28) und nennt 4 englische, 2 französische, je eine holländische, schwedische und dänische sowie 8 deutsche Werke.
1797 äußert sich ein anonymer Rezensent kritisch über die Masse der Reisesammlungen ohne Plan und Absicht,
→ 1796 NN [Krumbhaar] Neueste Sammlung …
1798 beschreibt ein anderer Rezensent wenig kritisch eine neue Reisesammlung,
→ 1798 NN [Lincke]: Kleinere Länder …
Jonas Dryander
Catalogus Bibliothecae Historico-Naturalis Josephi Banks
London 1798: typis Gul. Bulmer et soc.
Online
Band 1: Sriptores Generales, S. 83–86, verzeichnet in Abschnitt 78 unter “Itineraria et Topographiae” im Bestand der Bibliothek von
John Banks
rund 20 Reisesammlungen bis 1778: Grynaeus, Ramusio, de Bry, Hakluyt, van Linschoten, Purchas, 1651 Courbé, Thevenot, 1667 [Brahe], 1674 Justel, 1693 Ray, 1694 [Smith], Olearius, 1708 du Perier/Bellegard, Bergeron, Harris, Churchill, de Brosse, 1778 New discoveries cencerning th world and their inhabitants
1810 hat sich
Beckmann
(Litteratur der älteren … Band 2, Kap. 15, S. 200–205, →
Liste der Bibliographien) ausführlich, jedoch im Allgemeinen bleibend, über solche Sammelwerke geäußert. Anlass dazu gab ihm das Werk von
Pierre Bergeron
(→ 1629 Bergeron: Voyages). Dazu verweist er auf auf
Neaulme
,
»welcher nach dem Tode des van der Aa
(→ 1707) alle Abdrücke von den Erben gekauft hat« (206), worauf nach seiner Vermutung die (vermehrte) Ausgabe des Bergeron »Voyages …« von 1735 zurückzuführen sei und zitiert
Baumgarten
(Algemeine Welthistorie)
»Bergeron habe darin viel nützliches gesammelt, aber oft ohne Genauigkeit und Deutlichkeit.«
1814 Collecions of Voyages (→ 1808 Pinkerton Band 17 (1814 ) 254–255), sehr komprimierte Liste; falsch ist → 1508 Bachemer
→ 1824 bieten Kerr
/Stevenson
(Band 18, S. 534−536, Nr. 12−43) eine Liste von 30 Reisesammlungen (7 engl., 13 franz., 1 ital., 3 deutsche, je eine schwed., dän., belg., span. schweiz. sowie de Bry), von denen manche kommentiert sind, und verweisen auf die vielen deutschsprachigen Sammlungen, deren wichtigste bei Ersch
zu finden seien.
1827 Johann Samuel Ersch
(Literatur der Geschichte und deren Hülfswissenschaften seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis auf die neueste Zeit, ab Spalte 153) nennt bibliographisch knapp 35 deutschsprachige Reisesammlungen (Nr. 1217–1252) sowie ebensolche für die Jugend (Nr. 1253–1261),
Online
1840 verweist
Friedrich von Adelung
im Vorwort zur
Kritisch-literarische Übersicht der Reisenden in Russland bis 1700, deren Berichte bekannt sind.
7) auf 50 »Sammlungen in welchen ältere Reisen nach Russland vorkommen«.
1841 Johann Gottfried Lüdde
Die Geschichte der Erdkunde.
Eine Abhandlung über ihr Wesen und ihre Literatur; mit einem … Verzeichnisse der methodologischen Schriften über die Erdkunde
VII, 108 S. Berlin 1841: Stackebrandt.
S. 66–75 Abschnitt C: »Eine Geschichte der Entdeckung des Erdraumes bildet, wenn wir von dem literarischen Theile absehen, die eigentliche Grundlage zu einer vollständigen Geschichte der Erdkunde gleichwie die Kenntniss des Raumes als solches das Substrat der geographischen Wissenschaft ausmacht. Die Wichtigkeit einer speciellen Bearbeitung spricht sich auch dadurch aus, dass gerade diese am meisten bisher bedacht wurde. Einerseits geschah dies gewissermaassen unabsichtlich, indem wie wir oben sahen, die im 2ten Abschnitt genannten Schriftsteller, die das Ganze der Geographie im Auge haben wollten, sich meist in diesen Theil verloren, andererseits hat man gerade nur diesen Theil anbauen wollen. Die grössere Anzahl von Werken, welche hierauf eingehen, sind jedoch jedes als Fragment eines Ganzen zu betrachten, da die einen nur auf einzelne Raumabschnitte Bedacht nehmen, andere nur von einzelnen Völkern ausgehen oder beides zugleich und oft sogar mit Beschränkung auf irgend einen Zeitraum« … mit einer stark komprimierten Liste insbesondere in Fussnote 11.
1848 Bibliotheca Grenvilliana
Part The Second, Completing the Catalogue of the Library bequeathed to the British Museum by the late Right Hon. Thomas Grenville. [20.000 Titel, zahlreiche, aber verstreute Hinweise auf Reisesammlungen, oft kommentiert. Nach
T.O. Weigel besaß Grenville die vollständigste Ausgabe von de Bry.]
1: Bibliotheca Grenvilliana; or, Bibliographical notices of rare and curious books, forming part of the library of the Right Hon. Thomas Grenville. By John Thomas Payne and Henry Foss
London 1842: Printed by order of the Trustees
1: 3 S. l., [3]-6, [2], XXXIII, 388 S.
Online
2: 2 S. l., [389]-846 S.
Online
2: Bibliotheca Grenvilliana; part the second, completing the catalogue of the library bequeathed to the British museum by the late Right Hon. Thomas Grenville. By John Thomas Payne and Henry Foss. London, Printed by order of the Trustees.
1: 1843 56 S.
2: 1848 [3]-4, [2], 472, XLII
Online
Astley 27b, Aurelio degli Anzi 29b, Churchill 113a, Dalrymple 147a. Dagegen de Bry nur unter America und unter Indies, nicht unter Collections of Voyages.
3: Bibliotheca Grenvilliana; part the third, completing the catalogue of the library bequeathed to the British museum by the late Right Hon. Thomas Grenville. With a general index. London 1872: Printed by order of the Trustees. 6, [2], 219 S. Front. (Port.) By W. B. Rye
Online
Im Register unter »Voyages and Travels, Collections« [auch 'collections' von Reisen einer Person] die Einträge:
1850 Neues nach Fächern geordnetes Verzeichniss der Büchersammlung der allgemeinen Lesegesellschaft in Basel
Basel 1850: J.J. Mast, Sammlungen von Reisen S. 355–358, Reisen um die Wel 358–360
Online
1858 Wilhelm Engelmann
Bibliotheca geographica
Verzeichniss der seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts bis zu Ende des Jahres 1856 in Deutschland erschienen Werke über Geographie und Reisen mit Einschluss der Landkarten, Pläne und Ansichten
Leipzig: Engelmann.
S. 100–117: Reisesammlungen, Zeitschriften, Jugendschriften etc
Online
1872–1875 Muller, Frederik
Catalogue of books, maps, plates on America, and of a remarkable collection of early voyages offered for sale by Frederik Muller, at Amsterdam … presenting an essay towards a Dutch-American bibliography.
3 Bände in einem: [4] VIII, 420, 174 S. Amsterdam 1872–1875. (Reprint Amsterdam: Nico Israel 1966, With subject- and personal names index by G. J. Brouwer).
Online
Legt den Focus auf Reisen nach Amerika, hier besonders auf holländische Literatur (ohne andere Sprachräume zu vernachlässigen) und hat in 30 Jahren mehrere Sammlungen erst aufgebaut, dann verkauft und dabei umfassend dokumentiert.
Collections of Voyages S. 211−232 (=Nr. 1820−1907), chronologisch aufgeführt, mit 87 Titeln das hier umfangreichste Verzeichnis.
1886 Augustus Petherick
,
S. William Silver
Catalogue of the York Gate Library
An index to the literature of geography, maritime and inland discovery, commerce and colonisation.
336 S. 1st edition 1882; 2nd edition London 1886: John Murray.
Online
§10, S. 40--92: Collections of Voyages and Travels, 19 Werke mit den Bänden Nr. 2027−2256 sowie zu jedem Band eine Liste aller darin enthaltenen Reisen (→ Zeitleisten …):
→ Ramusio: Della Navigationi … 1613, 1583, 1606
→ De Bry: Collectiones Peregrinationum … 1590−1634
→ Hakluyt: The Principal Navigations … 1599−1600
→ Hakluyt: A Selection of Curious … 1812
→ Hakluytus Posthumous or Purchas … 1625−1626
→ Thevenot: Relations de … 1696
→ Valentyn: Oud en Nieuw Oost-Indien … 1724−1726
→ John Ray: Collection of Curious … 1738 →1693
→ Churchill: Collection of Voyages … 1707−1747
→ Harleian Collection: Voyages and Travels … 1745
→ NN Early Voyages made by … 1790 →1788 Richardson
→ [Charles de Brosse] Histoire des Navigations … 1756
→ Harris: Navigantium … 1764
→ Dalrymple: Collection of Voyages … 1770−1771 →1767
→ Lettres Edifiantes … 1780–1783
→ Burney: Chronological History of Voyages … 1803−1817
→ Navarrete: Coleccion de los Viages … 1829−59
→ The Hakluyt Society 1847−1886
→ Cassell's Illustrated Travels 1869−1874 →1769 Bates
1895 Heinrich Baumgartner
Zur Litteratur der Erdkunde.
Eine Zusammenstellung älterer und neuerer Schriften über Geographie und verwandte Fächer im Anschluss an die „Geschichte der Erdkunde von J.G. Lüdde, Berlin 1841“
Leipzig 1895: Simmel, insbes. S. 50−52
1899 Bernard Quaritch
A Catalogue of Geography, Voyages, Travels, History of America, Africa, Australasia and Asia
With Books on the Languages of America, Africa, Oceanica. London 1899.
Online
194 S., 1899 ausführlich beschriebene und kommentierte Titel, darin verstreut zahlreiche Reisesammlungen, überwiegend englisch, französisch, spanisch.
1912 Georg Friedericis
Rezension von
Friedrich Weber
Beiträge zur Charakteristik der älteren Geschichtsschreiber über Spanisch Amerika. Eine biographisch bibliographische Skizze.
Göttinger gelehrte Anzeigen Nr. 7 (Juli 1912) 385–401, Reisesammlungen insbes. S. 390, 401.
1934 Taylor, E.G.R.
Late Tudor and Early Stuart Geography, 1583-1650: A Sequel to Tudor Geography, 1485-1583
Routledge.
DOI U.a.:
1. Richard Hakluyt the Younger
2. The First Edition of the Principal Voyages, 1589
3. The Second Edition of the Principal Voyages, 1598-1600
4. Regional Geography, or Chorography: 1583-1625 5. Samuel Purchas: 1612-1626
Katalog (Nr. 633): Reisen zu Wasser und zu Lande
=Voyages and travels in all parts of the world
144 S. Leipzig: Karl W. Hiersemann, [1934?]
DOI, Inhalt:
1-11 1. Allgemeines. Entdeckungsgeschichte (Nr. 1 - 76a)
11-16 2. Sammlungen von Reisebeschreibungen (Nr. 77 - 105)
16-29 3. Weltreisen. Reisen in mehrere Erdteile (Nr. 106 - 224)
29-50 4. Europa (Nr. 224a - 543)
50-77 5. Asien (Nr. 544 - 909)
77-89 6. Afrika (Nr. 910 - 1089)
90-127 7. Amerika (Nr. 1090 - 1431)
127-134 8. Australien und Südsee (Nr. 1432 - 1515)
134-140 9. Polarländer (Nr. 1517 - 1577)
140-144 10. Zeitschriften (Nr. 1578 - 1621)
1940 Aznar, Luis
Precursores de la bibliografía histórica americanista.
Humanidades [La Plata, 1921], 28 (1940) 263-316.
Online;
Abschnitt 4, S. 273–283 widmet sich den Reisesammlungen aus hispanischer Sicht. Er verweist S. 268–269 auf
Zorita, Alonso de
, um 1512–1585
Catálogo de los autores que an escripto Historias de Yndias, o tratado algo dellas.
1585 geschrieben für Hernando de la Vega
, die erste Bibliographie amerikanistischer Literatur mit Hinweis auf 46 Autoren und Werke, von denen etliche nur aus dieser Zusammenstellung bekannt sind.
Reisesammlungen und Publikum
Die gedruckten Reisesammlungen richteten sich zunächst an ein elitäres Publikum mit Geld und Weitblick, boten faktenbasierte und nutzenorienierte Inhalte.
Im Laufe der Zeit differenzierten sich die Zielgruppen:
1590 ergänzte de Bry
die Texte mit zahlreichen Kupferstichen, die der Phantasie Raum gaben.
Ab Mitte des 17. Jahrhunderts gewannen literarische Kriterien an Gewicht gegenüber Erfahrungstatsachen.
Ab Mitte des 18. Jahrhunderts bildete sich langsam eine geographische Fachliteratur mit wissenschaftlicher Systematik (→ Büsching, Hager, Canzler …).
Zur gleichen Zeit entwickelte sich eine Unterhaltungsliteratur zur gleichen Thematik. Hin und wieder wird im Vorwort betont, weshalb ein Titel auch für die heranwachsende Jugend und für Frauen geeignet sei.
1785−1791 Bibliothèque universelle des dames. Classe 1, Voyages
1785−1793 Joachim Heinrich Campe
, 1746−1818
Erste Sammlung merkwürdiger Reisebeschreibungen für die Jugend
Im
19. Jahrhundert schließlich begannen (geographische) Gesellschaften Zeitschriften zu produzieren, die zunehmend die wissensorientierten Sammlungen verdrängten. Eine verallgemeinerte Struktur mit abgeleiteten Erkenntnissen zerpflückte nunmehr die Erfahrungen Einzelner auf ihren Nutzen für die Wissenschaft.
Thematisch übergreifende Literatur zu Reisesammlungen
Literatur zu einzelnen Titeln siehe in den Zeitleisten der Reisesammlungen
Adams, Thomas R.
Some Bibliographical Observations on and Questions about the Relationship between the Discovery of America and the Invention of Printing
S. 529-536 in: Fredi Chiappelli (Hg.): First Images of America, Band II, Berkeley 1976/2023: University of California Press
DOI
Avram, Antonia-Oana
Sixteenth-Century Travel Literature Collectors and the Image of the Ottomans in Humanist Thought: Francesco Sansovino and Richard Hakluyt.
97 S. MA Thesis Central European University Budapest June 2020.
Online
Baker, J. N. L.
Some Sources for the History of Exploration.
The Geographical Teacher, 13.4 (1926) 307–316.
Online
Matthew Binney
The Rhetoric of Travel and Exploration : a New “Nature” and the Other in Early to Mid-Eighteenth-Century English Travel Collections
Revue LISA/LISA e-journal [Online], 13.3 (2015),
Online DOI
Gegenstand der Untersuchung sind englische Reisesammlungen zwischen dem Ende des 16. und dem Beginn des 18. Jahrhunderts von Hakluyt, Churchill, Harris, Campell, Green, Button.
Horst Walter Blanke
Wissen—Wissenserwerb—Wissensakkumulation—Wissenstransfer in der Aufklärung. Das Beispiel der “Allgemeinen Historie der Reisen” und ihrer Vorläufer
S. 138–156 in: Hans-Jürgen Lüsebrink (Hg.): Das Europa der Aufklärung und die außereuropäische koloniale Welt. Göttingen 2006.
Böhme, Max
Die grossen Reisesammlungen des 16. Jahrhunderts und ihre Bedeutung
164 S. Strasbourg 1904; Reprint Amsterdam 1968
Inhalt
Boerner, Peter
Die großen Reisesammlungen des 18. Jahrhunderts.
S. 65-72 in: Antoni Maczak; Hans-Jürgen Teuteberg (Hg.): Reiseberichte als Quellen europäischer Kulturgeschichte. Aufgaben und Möglichkeiten der historischen Reiseforschungen. Wolfenbüttel 1982: Herzog August Bibliothek.
Camus, Armand-Gaston
, 1740-1804
Mémoire sur la collection des grands et petits voyages [de de Bry] et sur la collection des voyages de Melchisedech Thévenot
2 S. III, 403 S. Imprimé par l'ordre et aux frais de l'Institut Paris 1802: Baudouin, frimaire an XI [Bibliographie]
Crone, G.R
, R.A. Skelton
English Collections of Voyages and Travels, 1625-1846
S. 63-140 in: Lynam, E. (Hg.): Richard Hakluyt and his Successors. London 1946: Hakluyt Society.
Day, Matthew
Travelling in New Formes: Reissued and Reprinted Travel Literature in the Long Eighteenth Century.
Mémoires du livre / Studies in Book Culture, 4.2 (printemps 2013).
DOI
Dietz, Bettina
Natural history as compilation. Travel accounts in the epistemic process of an empirical discipline.
S. 703-719 in: Holenstein, A., Steinke, H., & Stuber, M. (Hg.): Scholars in Action. 2 Bände. Leiden 2013: Brill.
Online
Edwards, P.
The Story of the Voyage: Sea-Narratives in Eighteenth Century England
X, 244 S. Cambridge 1994: Cambridge University Press.
Oury Goldman
,
Fiona Lejosne
,
Maxime Martignon
Recueillir et compiler le monde à l’époque moderne
Viatica [En ligne], 12 | 2025, mis en ligne le 28 février 2025, consulté le 29 août 2025.
Online;
DOI
Haug, Christine
„Reiselectüre“ – eine populäre Buchreihe des Stuttgarter Verlagskonzerns Adolf Kröner. Reisebibliotheken als buchgeschichtliche Gattung des 19. Jahrhunderts.
Aus dem Antiquariat (AdA) 34 (2000) A 220–234.
Hentschel, Uwe
'Ich glaube es muß nicht damit gesäumt werden, denn an Concurrenten wird es nicht fehlen': Eine Reise-Sammlung des vossischen Verlages auf dem literarischen Markt am Ausgang des 18. Jahrhunderts.
Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 4 (1994) 135-153
Hilmes, Carola
Türkeiberichte in den großen Reisesammlungen des 18. Jahrhunderts.
S. 287-304 in: Barbara Schmidt-Haberkamp (Hg.):
Europa und die Türkei im 18. Jahrhundert = Europe and Turkey in the 18th century. Göttingen 2011: V&R.
Fiona Lejosne
Les compilations géographiques vénitiennes du début de l’époque moderne : savoirs politiques et politique des savoirs
Études Épistémè, 39 (2021)
Online DOI
Die Autorin weist auf den Widerspruch hin, dass Venetien in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts das Zentrum buchdruckerischer Aktivitäten im Bereich geographischer Kompilationen war, dass andererseits Italien nicht an den geographischen Entdeckungen beteiligt war und dass zweitens die Kompilation als singuläre Methode erscheint. Darauf beruht die Hypothese, dass geographisches Wissen, politische Interessen und die literarische Form der Kompilation hier interagieren:
»Monde du livre, mécanismes de production du savoir, intérêts politico-idéologiques et enjeux commerciaux doivent être étudiés de concert pour interroger le recours à ces formes dans la production géographique italienne«.
Ramusio
etwa weist ausdrücklich auf die mangelnde literarische Qualität der von ihm ausgewählten Texte hin (»Sans compter que les textes retenus sont souvent lacunaires, mal écrits ou rudimentaires, aux dires de Ramusio«), sein Blick richtet sich vielmehr auf das geographische Wissen in seiner Funktion für künftige Entdeckungen.
Politisches Interesse kann auch als Ursache vermutet werden für die besondere Dauer der gewährten Privilegien von 10–20 Jahren.
Maxime Martignon
,
Mathilde Morinet
Localiser les recueils, localiser les pièces. Éditorialisation des savoirs géographiques en France au XVIIe siècle
Viatica 12 (2025)
Online;
DOI
Peitsch, Helmut
Englische Reisebeschreibungen in der Neuen Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste
Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 31.1 (2006) 1−50.
DOI
Diego Pirillo
Voyagers and Translators in Elizabethan England: Richard Hakluyt, John Florio, and Renaissance Travel Collections
S. 27-43 in: Alison Yarrington, Stefano Villani, Julia Kelly (Hg.): Travels and Translations. Anglo-Italian Cultural Transactions, Amsterdam/New York 2013: Rodopi.
DOI
Reichert, Folker
Columbus und Marco Polo — Asien in Amerika: Zur Literaturgeschichte der Entdeckungen.
Zeitschrift für historische Forschung, 15.1 (1988) 1–63.
Online
Joan-Pau Rubiés
From the ‶History of travayle″ to the History of Travel Collections: The Rise of an Early Modern Genre
S. 25−41 in: Daniel Carey, Claire Jowitt (Hg.): Richard Hakluyt and Travel Writing in Early Modern Europe, Farnham 2012: Ashgate.
Wagner, Sabine
Zwischen Paraiba und Acheron : die Überlieferung der Reiseberichte des 16. Jahrhunderts im Barock
S. 58−77 in: Von der Weltkarte zum
Kuriositätenkabinett: Amerika im deutschen Humanismus und Barock. (= Americana Eystettensia. Serie A, Kongressakten; 14) Frankfurt am Main 1995: Vervuert.
Online
Stéphane Yérasimos
De la collection de voyages à l’Histoire Universelle : La Historia Universale de Turchi de Francesco Sansovino
Turcica, 22 (1988) 19−41.