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Der Bote

Ein recht lebenslustiges Bild des »neuen allamodischen Postpoten« bietet die Beschriftung eines Druckes aus Nürnberg 1), Mitte des 16. Jahrhunderts, der »mit Botenspiess und Tasche ausgerüstet … unbekümmert um Regen und Sonnenschein, von seinem treuen Hunde begleitet, kräftigen Schrittes fürbass« schreitet 2) Online.

Ich bin die Post zu Fuss, ich bringe diess und dass; 
Denck an den kühlen Wein, so bald ich werde nass. 
Geh ich durch einen Thal, und höre Vögel singen, 
So denck ich zu dem Tisch, da die Schalmeyen klingen. 
Ich gehe durch den Wald und mancher Dörner Strauss 
Und traure, dass noch weit ist zu dess Wirthes hauss. 

Geh ich auf einen Weg, da fleusst ein Wässerlein, 
So denck ich Morgens gleich an den gebranden wein, 
So bald ich angelangt, will jeder Zeitung fragen; 
Da kan ich unverschnauft zwölf Dutzent Lügen sagen. 
Frau wirthin traget auf, und setzt das beste zu, 
Es zahlen diese Zech dess Botten neue Schuh. 

Boten sind Einzelne, bei denen es auf Schnelligkeit und Zuverlässigkeit ankommt. Ebenso wie Fuhrleute, Träger oder Führer müssen sie Kundige sein, die den Weg kennen, Orientierungsfähigkeiten besitzen und Probleme schnell lösen können.
Boten scheinen formal lediglich ein Werkzeug für das Überbringen einer Sendung zu sein. Ursprünglich sind sie jedoch von der Sendung nicht zu trennen und daher Teil der Botschaft mit unterschiedlichen Aufgaben und Kompetenzen - Gesandte im Unterschied zum Träger - und tragen daher eine »Zentnerlast« an Verantwortung.

Funktionen und Eigenschaften

Etwas verbittert klingt der Fußbote mit Botenschild und Botenspieß 1609 3):

Durch Windt und Schnee ich armer Held
Bey Tag bey Nacht lauff durch das Feld
Kein Hitz des Sommers mich auff helt 
Des Winters scheu ich keine Kelt 
Nach dem ich einem Bottschafft bring 
Empfaht man mich wol oder gring
Viel Newes und der Zeitung vil 
Ein iedere von mir wissen wil 
Was soll dan thun ich armer knecht 
Damit man mich nicht halt für schlecht 
Mus ich also fein warm und heiß 
Schmiden auch das so ich nicht weiß 
Kan mich auch wol accomodieren 
Vnd sagen was man gern thut hören 
Das Trinckgeld offt im Würtshauß bleibt
Des Weib und Kindt sich wenig frewt
Wen ich dan schon lang hab grunnen 
So ist nichts dan blosse Kost gwunnen

Nach der Fortbewegung

Als Überbringer

Nach dem Auftraggeber (Gebieter)

Als Stellvertreter

Symbolisch

Merkmale von Boten

»Boten und Wegweiser müssen stets im Hauptquartier des Corps und der Divisionen, theils beritten, theils zu Fuß bereit gehalten werden. Sie müssen vollkommen mit der Gegend vertraut sein, wie gewöhnlich: Jäger, Zollwächter, Wald- und Flurschützen, Feldmesser, Boten, Postillons, Metzger, und in größeren Orten Straßen- und Wasserbaumeister. Sie sollen wo möglich Ansässige, und Leute mit Familie und Eigenthum sein. Auf dem Marsche sollen sie zwischen 2 verlässigen Leuten der Tête gehen, und fortwährend über den Weg etc. befragt werden. Von 2 Boten ist einer an der Spitze des Haupttrupps, der andere bei der Vorhut zu behalten. Sie werden einzeln befragt, und nur bei Widersprüchen confrontirt. Man verspreche ihnen Belohnung, schärfe ihnen aber auch ein, daß sie strenge, selbst mit dem Tode, bestraft werden, wenn sie falsche Wege zeigen, und nehme deren Familie als Geißeln mit, wenn man ihnen mißtraut. Man wechsle die Boten nicht zu oft, selten wird aber einer mehr als einen Tagmarsch Dienste leisten können; es sollen daher täglich, wenigstens alle 6 Meilen neue Boten genommen werden. Man entlasse sie nie vor vollendeter Unternehmung.«

Boten als Teil des Informationssystems

Etymologie

Der Bote ist zuerst im 8. Jahrhundert althochdeutsch belegt als boto, das aus germanisch *budan- entstand. Gemeint ist der Gesandte eines Gebieters, der eine Botschaft (Sendung) überbringt, ein Gebot oder Verbot. Hierzu gehören etwa dän. budbringer, niederderl. boodschapper, norweg. bud, schwed. budbärare, isländ. boðberi.

In den romanischen Sprachen entstand aus lateinischem missus (< mittere 'senden') franz. messagier, span. mensajero, ital. messagero, aber auch engl. engl. messenger, dagegen im Lateinischen nuntius.

Synonym wird der Bote nicht nur in den meisten europäischen Sprachen auch als Läufer (lat. currere 'rennen' > cursorius 'Läufer') bezeichnet: engl. courier, franz. coursier, ital. corriere espresso, span. correo, niederl. koerier, russ. Курье́р kurʹer (auch: гонец gonec), türk. kurye (auch: haberci, ulak, elçi) …

Weitere Synonyme:
apocrisiarius, agentes in rebus, baiulus, cartifer, corisator, cursor, exhibitor funifer, explorator, gerulus, gestor, iuvenes, lator, legatus und legatarius, mediator, missus, mittendarii, (inter)nuntius, ostensor, perlator (lat. perferre 'hintragen, überbringen'); portator/portitor (litterarum), relator, rollifer, speculator, strator, tabellarius, transvector, viator …
siehe Volker Scior 2021 und Robert Walser 2004.

Organisationssysteme

Informationsaustausch über sachfremde, mobile Organisationssysteme

Liste der Fernhandelsnetzwerke

Boten als Teil des Organisationssystems

Ein fest installiertes Botenwesen ist nur vorstellbar als Teil eines Beförderungssystems und umfasst

Liste der Beförderungssysteme, dort auch verschiedene Botenwesen

Literatur

Das Botenwesen im europäischen Mittelalter

Das Botenwesen der Neuzeit

Graphik

Postwesen

1)
Katalog des Reichspostmuseums. J. Springer, 1897, S. 111
2)
Fischer, P. D. (1879). Post und Telegraphie im Weltverkehr. Berlin: Dümmler S. 2
3)
Gerhard Altzenbach, Stecher: Theodor Holtmann, Kupferstich, Berlin, Museum für Kommunikation, Inv.-Nr. 4.2001.314
5)
Ilias 4,384; 5,804; 10,286
6)
K.F.W. Wander : Deutsches Sprichwörter-Lexicon 1, S. 442, Nr. 30
7)
mykenisch a-ke-ro < semitisch 𐡀𐡍‬𐡂𐡓𐡕‬𐡀‎ ’engirtā `Brief, Vertrag´ < akkadisch ܐܓܪܬܐ‎(ˀeggarṯā `Brief, Dokument´); Sanskrit अजिरा ajirā `schnell, beweglich´?
8)
K.F.W. Wander : Deutsches Sprichwörter-Lexicon 1, S. 442, Nr. 34