S. I. Johnston
Crossroads
Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 88 (1991) 217–224
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Reisende setzen sich dem Unbekannten aus. Dies beginnt mit dem Überschreiten der Schwelle, setzt sich fort beim Verlassen der Siedlung durch das Tor und durch den Zaun, der die Felder einhegt. Reisende folgen dem Pfad, einem Weg, einer Piste durch die Wildnis, insbesondere beim Durchschreiten von Gewässern oder Überschreiten von Pässen, dem Wetter ausgesetzt und den wilden Tieren. Das Unbekannte weckt Angst vor Gefahren und ein Bedürfnis nach Schutz und Orientierung. Bevor es Impfungen, Reiseführer und Ausrüsterläden gab, waren dafür Reisegötter zuständig. Reisegötter versehen daher ihre Aufgaben insbesondere an Kreuzungen, Pässen, Furten, Quellen, Oasen usw., oft erinnert ein *Steinmann daran sie anzurufen, im tibetischen Himalaya sind es Gebetsfahnen, in Europa auch Feldkreuze.
»Reisegötter« (engl. travel deities) sind Schutzgottheiten, die angerufen werden, wenn reisetypische Schwellen und Grenzen überschritten und sicherheitsstiftende Ordnung verlassen werden. Man kennt sie in den Altertumswissenschaften als Türgottheiten und als Wegegottheiten. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie an Übergängen wirken, dort, wo richtungsweisende Entscheidungen zu treffen sind. Aus dieser Sicht werden sie auch *liminal deities genannt und psychologisch-anthropologisch interpretiert, weil die Übergänge nicht nur äußerlich sondern auch innerlich erfolgen.
*Grenzgänger, die solche Übergänger selbstverständlich passieren oder sogar immer wieder lustvoll suchen, gelten als faszinierend, jedoch suspekt. Die *Abenteurer der Moderne gehören dazu, Ritter ebenso wie Helden, aber auch Hexen, Schamanen, Eremiten, die Angehörigen des Fahrenden Volkes und manche Reisende.
Manche Schutzgottheiten haben christlich geformt bis heute überdauert, so etwa * Christophorus als Schutzpatron der Reisenden. Ihm vergleichbar finden sich als Beschützer der Reisenden:
Das Bild dieser »Reisegötter« weist zwischen Nordeuropa und dem südlichen Indien wiederkehrende Merkmale auf:
Das Bild des »guten Hirten« drängt sich auf: bärtig, groß und stark, voller Lebenskraft, gegen Mensch und Tier gerüstet schützt er seine Herde. Es scheint, als bezögen diese Reisegötter ihre Kräfte aus der nomadischen Kultur (Abel) im Gegensatz zum hausbauenden Schmied (Kain):
Fernmobilreisende mögen darin manches auch heute noch wiederfinden.
Die hier als »Reisegötter« zusammengestellten Gottheiten sind ein Teil der umfassenderen liminal deities, da Grenzüberschreitungen ja nicht nur beim Reisen stattfinden, siehe auch *Grenzgänger.
P. Saintyves
Saint Christophe: Successeur d'Anubis, d'Hermès et d'Héracle.
Les Édition Émile Nourry, Paris 1936
W. Loeschke, S. C. Canineus, E. Redslob
zum 70.Geburtstag, Berlin 1955, S. 33-82;
Grundlegende Arbeit zur Geschichte des Heiligen Christophorus von W. Loeschke
Hans Findeisen
Das Tier als Gott Dämon und Ahne
Kosmos Bändchen 209 Franck'sche Buchhandlung 1956
Adam Breysig
Wörterbuch der Bildersprache oder kurzgefaßte und belehrende Angaben symbolischer und allegorischer Bilder (etc.)
mit 3119 lithographischen Monogrammen und einer Karte
Friedrich Christian Wilhelm Vogel Leipzig 1830
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S. I. Johnston
Rolf Hurschmann
Aloys Ludwig Hirt
Masssimo Pallotino
Laurie L. Patton
Karl Florenz
Joh. Cunradi Dieterici