Kontinente
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Die Welt zu erfahren bedeutet, an Grenzen zu stoßen: Ufer, Küsten, Berge, Wüsten. Dass die so bewohnte Welt nur ein Teil der Erde sein kann, wird dabei offensichtlich. »Erdteile» in diesem Sinn dürften seit jeher ein Teil der Vorstellung gewesen sein.
Die Erfahrung, dass ein Erdteil vollstängig von Wasser umgeben sei, war bei Inseln offensichtlich. Dass die bewohnte Welt (Afrika, Asien, Europa) als Festland vom Ozean umgeben sei, war eine nicht erfahrbare Abstraktion der Antike. Eine solche Erfahrung hätten jedoch die Aborigines auf dem australischen Festland machen können, während Europa zwar heute als Kontinent vorgestellt wird, jedoch nicht vom Ozean umgeben ist. Bis in das 18. Jahrhundert galt der Don als Grenze zwischen Asien und Europa. 1730 schlug Philipp Johann von Strahlenberg
(1677 - 1747) nach einem zehnjährigen Zwangsaufenthalt in Sibirien (Tobolsk) vor, stattdessen den Ural und den Höhenzug Obschtschi Syrt (Общий Сырт) zu verwenden.
In der Antike kannte man zwar die Weltregionen Europa, Afrika und Asien, verband damit jedoch nicht die Vorstellung von Kontinenten. Der Don und der Bosporus trennten Europa und Asien; der Nil trennte Asien und Afrika. Das lateinische terra continens bedeutet »zusammenhängendes Land«. Dass Afrika jedoch eine zusammenhängende und von Wasser vollständig umgebene Landmasse ist, hat Hanno
vielleicht bereits im 1. Jahrtausend BC bereits erfahren, in die allgemeine Vorstellung gelangte dies aber erst durch die Forschungsreisen der Neuzeit.
Alfred Hettner
Über den Begriff der Erdteile und seine geographische Bedeutung.
Vortrag. Verhandlungen des deutschen Geographentages in Stuttgart. Berlin 1893: Dieterich Reimer. S. 188-198.
»Erst recht wertlos und irreführend aber sind die meisten Zahlenangaben für ganze Erdteile, zumal wenn diese, wie Asien und Europa, nicht zugleich Festländer sind. Geographische Mittelwerte, mit denen überhaupt neuerdings viel Unfug getrieben wird, wie Küstenentwickelung, mittlere Höhe, mittlere Volksdichte u. s. w., dürfen doch sicher nur für natürlich begründete und begrenzte Länderräume und nicht für Länderräume aufgestellt werden, deren Unterscheidung nur ein durch sein Alter geheiligter Irrtum ist.«F. G. Hahn
Zur Geschichte der Grenze zwischen Europa und Asien.
Mitteilungen des Vereins für Erdkunde zu Leipzig 1881 S. 83ffCecere, Giulia
Wo Europa endet. Die Grenze zwischen Europa und Asien im 18. Jahrhundert.
S. [127]-145 in: Dipper, Christof, Ute Schneider, Wolfgang Behringer: Kartenwelten. Der Raum und seine Repräsentation in der Neuzeit. Darmstadt 2006: Primus- Geandern von der Ober-Elbe [
Johann Christian Müldener
1699-1762]
Astronomischer und Geographischer Begriff von dem natürlichen Zustand unserer Welt- und Erd-Kugel, Wie solcher in siebenzehen verschiedenen Sendschreiben einer auf dem Land wohnenden Frau von Stande, mitgetheilet worden.
32, 270 S. Dresden 1729: Joh. Christoph Zimmermanns seel. Erben, und Joh. Nicolao Gerlachen. Online Ein kreativer Umgang mit dem Thema mittels literarischer Methoden des 18. Jahrhunderts. Posselt, Florian
Über die Anzahl der Erdteile in der Archaik.
148 S. Masterarbeit bei Prof. Robert Rollinger Universität Innsbruck 2021 OnlineSchultz, Hans-Dietrich
Zwischen fordernder Natur und freiem Willen: das Politische an der „klassischen“ deutschen Geographie.
Erdkunde: Archiv für wissenschaftliche Geographie. 59.1 (2005) 1-21
Wenn der „geographische Begriff“ (Ladendorf, Otto
Historisches Schlagwörterbuch: Ein Versuch.
Strassburg und Berlin, 1906)) zum politischen Begriff wird, wird es gefährlich. Dann können geographisch definierte Naturräume gedeutet werden als Lebensräume von Nationen. Die Ideengeschichte solcher Konstruktionen reicht zurück bis zur Anthropogeographie desHippokrates von Kos
und begleitete die Nationenbildungen des 19. Jahrhunderts. Sie schien mit den beiden Weltkriegen abgeschlossen, setzt sich jedoch mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine 2022 fort.
Ein Verständnis von Europa, Asien und Afrika im Sinne von »Kontinent« setzte also mindestens die geografische Kenntnis dieser »abgeschlossenen Landmassen« auf der Erde voraus wie sie sich erst in der Neuzeit entwickelte. Historisch, geopolitisch (Europa und Asien), geographisch (Europäische Hauptwasserscheide) und geologisch (Eurasien) ergeben sich heute unterschiedliche Definitionen der Kontinenteinteilungen, es überwiegt die Einteilung in sieben Kontintente:
Nord-Süd | West-Ost | Festland- anteil | längster Fluss | größer See | höchster Berg | |
Europa | 4.000 km | 4.600 km | 7 % | Wolga 3.680 km | Ladogasee 17.700 qkm | Mont Blanc 4810 m |
Asien | 8.600 km | 11.000 km | 30 % | Jangtsekiang 5.526 km | Kaspisches Meer 386.500 qkm | Mount Everest 8848 m |
Afrika | 8.000 km | 7.600 km | 20 % | Nil 6.670 km | Victoriasee 69.500 qkm | Kilimandscharo 5895 m |
Australien | 3.200 km | 4.000 km | 6 % | Darling 2.740 km | Eyresee 9.300 qkm | Mt. Kosciuszko 2228 m |
Ozeanien | Carstenszpyramide 4884 m |
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Nordamerika | 7.000 km | 6.900 km | 16 % | Mackenzie 4.240 km | Oberer See 82.100 qkm | Denali 6190 m |
Südamerika | 7.500 km | 5.000 km | 12 % | Amazonas 6.440 km | Maracaibosee 13.500 qkm | Aconcagua 6961 m |
Antarktis | 4.000 km | 5.500 km | 9 % | Mount Vinson 4892 m |
Abweichend davon werden über materielle und geistige Merkmale auch Kulturerdteile definiert, nämlich:
- west- und nordeuropäisch
- orientalisch
- russisch
- indisch
- ostasiatisch
- schwarzafrikanisch
- angloamerikanisch
- lateinamerikanisch
- australisch
- malayisch-polnesisch