Dies ist eine alte Version des Dokuments!
Inhaltsverzeichnis
Übergang
Fortbewegung und Schwellen
Erwachen und Einschlafen bilden die Schwellen zwischen Bewußtsein und Traum; Geburt und Tod bilden die Schwellen (engl. threshold) zwischen Sein und Nicht-Sein. Dazwischen sind wir unterwegs. Die Fortbewegung in der Natur folgt Pfaden, führt über Berge und Flüsse, durch Wald, in Höhlen. Dabei werden die natürlichen Schwellen der Wildnis besonders wahrgenommen, etwa als:
- Furt
- Waldrand
- Höhleneingang
Schwellen ermöglichen den Übergang und gliedern so den Zwischenraum - ein Unterwegs-sein ohne diese drei Komponenten ist nicht möglich und wiederholt daher immer wieder drei Schritte:
- das Verlassen einer (vertrauten) Zone, eines Raumes, einer Landschaft;
- den Aufenthalt im Zwischenraum;
- den Eintritt in eine (unbekannte) Zone, einen Raum, eine Landschaft.
Schwellen hemmen den Übergang, weil besonders dort dem Antrieb das Bedürfnis nach Sicherheit entgegensteht. Diesem wird durch Orientierung und den richtigen Weg entsprochen. Im Unterwegs-sein wiederholen sich daher unentwegt drei Phasen:
- Fortbewegung auf ein Ziel hin
- Innehalten (Hemmung) an der Schwelle
- Hoffnung im Übergang oder Umschwung zur Rückkehr
Die Schwellen sind als Übergangsbereiche (also eher liminal zones als liminal points) oft gekennzeichnet durch Steinmännchen, Wegekreuze, Gebetsfahnen, Altäre, Inschriften und erfordern traditionell bestimmte Handlungen (Übergangsriten) wie etwa einen Stein auflegen, ein Kreuzzeichen, ein Speise- oder Trankopfer für die zuständigen Reisegötter. Ein kurzer Aufenthalt an diesen Stellen ist daher nötig, der dauernde Aufenthalt macht den Wanderer jedoch selbst zum suspekten Grenzgänger oder Trickster, zum Teil der Wildnis, oder gar zum Wilden Jäger oder Werwolf.
Seitdem der Mensch die Natur technisch gestaltet, schafft er sich neue Übergänge:
- Schwelle & Türsturz
- Pforte & Tor
- Bannkreis & Schranke
- Steg & Brücke
- Weggabelung & Straßenkreuzung
Erst dadurch entsteht der befriedete Raum als Heim für das Eigene mit einer Grenze zum Anderen. Sprachlich werden alle Übergänge fruchtbar als Metapher, also als Ausdruck der inneren Bewegtheit, man spricht von Schwellenangst, -erfahrung, -zauber, für die die Hüter der Schwelle & genius loci beansprucht werden wie etwa der doppelgesichtige Janus oder der Genius Cucullatus. Die indischen Tirtha (Sanskrit तीर्थ `Furt, Übergang´) haben eine geographische und eine spirituelle Bedeutung und sind zudem Pilgerorte. 
Der Übergang im Bild
- Johann Wolfgang von Goethe
 Scheideblick nach Italien vom Gotthard, 1775
 Faksimile, 34,5×43,5 cm Berlin, Nationalgalerie
- Ludwig Richter
 Die Überfahrt am Schreckenstein, um 1840
 Öl auf Leinwand, 36,7×48,4 cm Privatsammlung, Norddeutschland
- Karl Friedrich Schinkel
 Felsentor, 1818
 Öl auf Leinwand, 74× 48 cm Berlin, Nationalgalerie
Literatur
- Klara Löffler
 Dahinter, daneben, darüber hinaus.
 Abseits im Fokus der Europäischen Ethnologie.
 Gem. mit Judith Berkhout, Maria Takacs. In: Zeitschrift für Qualitative Forschung 10.2 (2010) 249-265 Online
- Reuchelt E.
 Die Fernreise als Initiation.
 In: Schröder E., Frießem D.H. (eds) George Devereux zum 75. Geburtstag. Eine Festschrift. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden 1984. Online
- Saeverin, Peter F.
 Zum Begriff der Schwelle. Philosophische Untersuchung von Übergängen. Zugl.: Oldenburg, Univ., Magisterarbeit, 2002. 172 S. (= Studien zur Soziologie und Politikwissenschaft) Oldenburg Bis 2003 Online
- Mit dem »Dazwischen« hat sichAlbert Camusin seinem ersten Werk beschäftigt (L'Envers et l'endroit, 1937). Dieser Titel wurde vielfältig übersetzt als:
| französisch | L'Envers et l'endroit | 
|---|---|
| englisch | Betwixt and Between | 
| englisch | Wrong Side and Right Side | 
| deutsch | Licht und Schatten | 
| deutsch | Innen und außen | 
| niederländisch | Keer en tegenkeer | 
| italienisch | Il rovescio e il diritto | 
| spanisch | El revés y el derecho | 
| russisch | Изнанка и лицо Iznanka i litso | 
