Landstörtzer hießen bettelnde Landstreicher (»die sich lantsknecht nennen und selten oder nimer in krieg kumen«), bevor sie den lateinischen Namen Vagabunden erhielten. Sie werden in Aufzählungen begleitet von:
betler,
bettelmünch, sambler zu den bettelklöstern, faullentzer, gassentreter, küchensterzer,
landfarer, müsziggänger, fauler schlüffel, umbschweifer
-
Der Name (auch Stor(t)zer, Ster(t)zer) leitet sich ab vom mittelhochdeutschen sterzære `daʒ sint ouch sterzere unde lotere und ander unnütze volc´ 1). Zugrunde liegt das Verb stërzen `steif emporragen´, das sich auch in stërzel-krût `Fenchelrute´ findet und im stërzel-meister, dem Bettelrichter, der den weißen Bettelstab (lat. baculus mendici) als Zeichen der Rechtlosigkeit und Ausweisung vergab 2). »An den Bettelstab zu kommen« ist eine sprichwörtliche Metapher für das Verarmen durch äußere Umstände und in vielen europäischen Sprachen zu finden 3).
»Bettelvogt« war wohl spöttisch aufwertend gemeint, denn diese Gassenvögte, Armenvögte, Armenwächter, Kirchenknechte, Hundeschläger, Hundevögte mussten die Hunde aus den Kirchen treiben und die Armen auf den Gassen kontrollieren 4), aber ein Sprichwort sagt »Wo Bettelvögte sind, da verhungern die Bettler nicht.« Fremde Bettler allerdings wurden abgeschoben und über die Landesgrenzen gebracht.
Jütte, Robert
Arme, Bettler, Beutelschneider
Eine Sozialgeschichte der Armut in der Frühen Neuzeit.
Original: Poverty and deviance in early modern Europe.
Literaturverz. S. 293-311, Weimar 2000: Böhlau.
Schmidt, Sebastian
Arme und ihre Lebensperspektiven in der Frühen Neuzeit.
Studien zu
Fremdheit und Armut von der Antike bis zur Gegenwart
Tagungsband, Frankfurt am Main 2008: Lang.
Martin Scheutz
Ausgesperrt und gejagt, geduldet und versteckt.
Bettlervisitationen im Niederösterreich des
18. Jahrhunderts.
Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen Institut für Landeskunde 34, St. Pölten 2003.
Andreas Gestrich
(Hg.)
Ausweisung und Deportation. Formen der Zwangsmigration in der Geschichte
Stuttgart 1995
Rötzer, Hans Gerd
Picaro, Landstörtzer, Simplicius
Studien zum niederen Roman in Spanien und Deutschland.
Darmstadt, 1972
Guzman D'alfarache
Der Landstörtzer Gusman von Alfarche oder Picaro genant
dessen wunderbarliches, abenthewrlichs und possirlichs Leben, was gestallt er schier alle Ort der Welt durchloffen, allerhand Ständ, Dienst und Aempter versucht, viel Guts unnd Böses begangen unnd außgestanden, jetzt Reich, bald Arm, unnd wiederumb Reich und gar Elendig worden, doch letzlichen sich bekehrt hat, hierin beschrieben wird.
Darinnen seine Reyß nach Jerusalem in die Türckey, und Morgenländer, auch wie Er von dem Türcken gefangen, widerumb erlediget, die Indianischen Landschafften besuchet, und in Teutschlandt selbst alle Stätte durchwandert, auch allerhand underschiedliche Dienste, und Handwerck versuchet, unnd bald zu grossem Reichthumb auffgestiegen bald widerumb in höchste Armuth gerathen, außführlichen beschrieben wird
Beneben anmüthiger unnd eygentlicher Beschreibung der Morgenländer, deß H. Lands, unnd der Indianischen Insulen, auch vieler artigen herrlichen Discursen, und Erinnerungen.
457 S. Műnchen 1622 [1635]: Durch Nic. Henricum. [Das spanische Original verfasste Mateo Aleman.]