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Landmarke

In von Menschen gegliederten Umgebungen bilden »wayfinding choremes« als Navigationselemente sinnvolle Handlungsanweisungen, etwa: an der Ampel links, immer geradeaus, dritte Kreuzung rechts.
Außerhalb solcher Umgebungen funktioniert das selten, denn es fehlen technische Artefakte (z.B. Bauten und Wege), die indirekt wegführend wirken. Selbst ein »immer geradeaus« scheitert ohne Bezugssystem und ist im Gelände selten möglich und sinnvoll.

Offroad-Landmarken

In diesen Umgebungen sucht das Auge nach naturgegebenen off-road-Landmarken 1) zur Fernorientierung: ein überragender Baum, eine besondere Felsformation, eine spezifische Gipfelform und verknüpft diese Phänome assozitiv mit bekannten Mustern, wie sich das an vielen Flurnamen erkennen lässt, insbesondere an Fluss- und Bergnamen, also Hydronymen und Oronymen sowie an Geschichten, die mit diesen verbunden sind. Dabei bildet sich die Vorstellung einer »kognitiven Karte«.
Landmarken sind topographische Objekte, die zur Navigation genutzt werden können, weil sie besonders auffällig sind oder gar einmalig (»Salienz«), also

  1. sich von ihrer Umgebung unterscheiden;
  2. von der Position des Suchenden gut sichtbar sind, insbesondere am Start- und Zielpunkt sowie an Entscheidungsstellen;
  3. deren Bild sich mit einem Muster in der Wahrnehmung verbindet, als außergewöhnlich bewertet wird oder eine spezifische Assoziation auslöst.

Die Eigenschaften einer Positions-Landmarke sind daher

  1. Beständigkeit, also
    1. standfest,
    2. ortstreu und
    3. witterungsbeständig.
  2. auffällige Sichtbarkeit, also
    1. eine vertikale Struktur und
    2. Umrisse, die sich gegen Umgebung und Horizont abheben;
  3. ein exponierter Standort
    1. zur Fernorientierung an erhöhten oder vorspringenden Stellen im Gelände (z. B. Hügel), die vom Weg aus sichtbar sind;
    2. zur Nahorientierung an einem bedeutsamen Wegabschnitt wie etwa Gabelung, Kreuzung, Quelle, Furt, Anlandestelle, Pass
  4. eine besondere kulturelle Bedeutung (Steinmann, Kreuz, Gebetsfahnen, Heiliger Baum, Grab …).

Richtungsweisende Landmarken

Zwangsweise wegführend wirken Landmarken zweiter Ordnung, also topographische Strukturen, die die Fortbewegung in manchen Richtungen zwar behindern, doch damit indirekt andere Richtungen fördern. Richtungweisend wirken etwa ein Fluss oder eine Schlucht, ein dichter Wald oder ein Moor. Diese können für »wayfinding choremes« genutzt werden: Folge dem Fluss bis zum Wasserfall.

Richtungstreue Formen

Die Fließrichtung eines Gewässers führt immer zur Mündung an der tiefsten Stelle und in Gegenrichtung zur Quelle an der höchstgelegenen Stelle.
Vergleichbares gilt für krummgewachsene Bäume, deren Wuchsform ins Hinterland weist, wenn vorherrschende Winde von der See kommen, aber auch für die Richtungen von Sandwellen und Dünen.
Nordhänge sind im Gebirge kälter und feuchter als Südhänge und zeigen das durch ihren Bewuchs.

Der Blick für natürliche Zusammenhänge ermöglicht eine Raumvorstellung ohne Karte, Kompass und Himmelsrichtungen. Auch Instinkt ermöglicht Orientierung, denn Tiere finden sich hervorragend im Raum zurecht.

Die Fortbewegung des Menschen richtet sich visuell nach den Landmarken und physisch nach den gangbaren Möglichkeiten sowie drittens nach der mentalen Karte in der Vorstellung. Orientierung, Routenplanung und Wegfindung greifen wie Zahnräder ineinander.

Literatur

1)
engl. landmark, niederländisch landmerk; franz. point de repère, ital. punto di riferimento; polnisch punkt orientacyjny