Das Bild des Balkans

Wo fängt der Balkan an?
Zum geflügelten Wort für eine unbestimmte Grenze des Fremden wurde »der Balkan« (→ Imagination und Anschauung). In den siebziger Jahren fand ihn die Hamburger Szene südlich der Elbe: »In Harburg fängt der Balkan an«. Weniger lustig wird es, in Slowenien, Kroatien oder Ungarn laut zu verkünden, das jeweilige Land gehöre zum Balkan. Ein Soziologe aus Belgrad sagte 1972: »Der Balkan beginnt dort, wo die Toiletten der internationalen Züge eine Stunde nach Grenzübertritt zum Davonlaufen aussehen«. 1)

Tatsächlich führen die europäischen Wurzeln in den Raum um den Balkan. Genetisch nachweisbar ist ab etwa 12.000 BC ein Jahrtausende anhaltender Vorgang der Begegnung und Mischung eiszeitlicher Gruppen von Jägern und Sammlern im Raum zwischen dem Nahen Osten und dem Balkan, aus dem sich die ersten Bauern Europas entwickelten und ortsfest siedelten.

Die ältesten keramischen Trinkgefäße wurden vor rund 8.000 Jahren in Schlauchform angefertigt 2), deren älteste Vorläufer finden sich etwa 6000 v. Chr. auf dem Balkan, in Polen (Stichbandkeramik 4900–4500 v. Chr.) und in Deutschland (Baalberger Kultur 4200–3100 v. Chr., Salzmünder Kultur ca. 3400–3000 v. Chr.).

Die archaisten Transportmethoden finden sich im Raum der Karpaten und des Balkan.

Viele der ältesten Toponyme im byzantinischen Raum lassen sich auf das thrakische para (-paron, -pera, -para) 'Dorf, Siedlung' zurückführen mit der konketen Bedeutung »Pfähle, Zäune, durch Palisaden eingezäunte Höfe«.

1)
zit. nach Oschlies
2)
Griechisch ἀσκός askós „Schlauch“