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wiki:benehmen_im_ausland

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Benehmen im Ausland

»Muss ich mich anständig benehmen oder waren 
hier schon deutsche Touristen?«
Schloss Gripsholm, Kurt Hoffmmann (R) 1963 (1:00:58)
Im Drehbuch von Herbert Reinecker steht dieses Zitat, 
jedoch nicht in der Vorlage von Kurt Tucholsky.

Die Wendung vom »Benehmen im Ausland« umschreibt eine spezielle Form des entgrenzten Verhaltens außerhalb gewohnter Umgebungen und betrifft nahezu jeden Reisenden. Je nach Einstellung lösen sich Verhaltensmuster auf, an der Grenze zwischen dem Einzelnen ICH und dem Fremdem. Die Ansprüche sind ja auch hoch:

  • Einerseits soll man sich nicht so verhalten wie zuhause, denn: Andere Länder, andere Sitten.
  • Anderseits macht man sich lächerlich, mit Turban und Burnus auf dem Kamel an den Pyramiden.
  • Und einfach nur Urlaub machen mit klaren Prioritäten: Ich, Ich, Ich? Geht auch nicht (immer).

Also sucht man die zum Lebensreisestil passende und schützende Gruppe und bestätigt sich gegenseitig: Rudelradler, Kreuzfahrer, Campingplatz, Backpacker-Hostel … Verstärkt durch die ungeschriebenen Sonderrechte von Freizeit, Urlaub, Tourismus und unter den Randbedingungen von Sonne, Strand, Meer bilden sich Stereotype und Erscheinungsformen wie Ballermann oder Helgolandisierung.
Subtiler und vor allem alleine entgrenzen sich »Gutmenschen« im Ausland, die einer Sendung folgen und genau wissen, was den Menschen dort draußen fehlt: Glaube, Bildung, Werte, Technik, Wirtschaft usw.

Die Deutschen fahren ins Ausland, um auch mal andere Vorurteile kennenzulernen.
Richard W. B. Cormack [d.i. Gert Raeithel] 
Unter Deutschen. Portrait eines rätselhaften Volkes
Satire. Goldmann, 1996, ISBN 978-3442430468

Typologien

Die Welt erstellte »Eine Typologie des deutschen Weltreisenden« je nach Reiseziel: Ägypten, China, Deutschland, Frankreich, Italien, Kuba, Neuseeland, Österreich, Polen, Seychellen, Spanien, Thailand, Türkei, USA - basierend auf Umfrageergebnissen.

Literatur

  • 1796 Freiherr Adolf von Knigge
    Welt- und Menschenkenntniss: Ein Pendant zu dem Buche Umgang mit Menschen.
    Frankfurt
  • 1843 Karl Julius Weber
    Demokritos oder hinterlassene Papiere eines lachenden Philosophen Bd. 5 (= Teil 9/10) [Die Nationen]
    Rieger Stuttgart
  • 1912 Hans Paasche
    Die Forschungsreise des Afrikaners Lukanga Mukara ins innerste Deutschland
    Zuletzt erschienen als Goldmann-Taschenbuch 9580, hrsgg. v. Franziskus Hähnel und mit einem Nachwort von Iring Fetscher
    Der Pazifist und radikale Demokrat Paasche formulierte ab 1912 in der Zeitschrift Der Vortrupp seine Kulturkritik, indem er den in Europa reisenden Afrikaner Lukanga Mukara Briefe an seinen König schreiben läßt, die seine Verwunderung über die seltsamen Gebräuche der Europäer ausdrücken. Paasche hatte seine Hochzeitsreise zu den Nilquellen gemacht und fragte sich damals bereits selbstkritisch, welchen Wert wohl unsere Kultur für die Kultur des Reiselandes haben mochte.
  • 1916 Else Marquardsen-Kamphövener
    Das Wesen des Osmanen. Ein Berater für Orientfahrer
    122 S., Roland Verlag, München
  • 1920 Erich Scheuermann
    Der Papalagi
    Die Reden des Südsee-Häuptlings Tuiavii aus Tiavea.
    Verschiedenste Ausgaben. Der Papalagi wird als Plagiat des Lukanga Mukara betrachtet, ist jedoch seiner geringeren Tiefe wegen verbreiteter. Scheuermanns Erfahrungen beruhten auf einem längeren Samoa-Aufenthalt.
  • 1953 Doré Ogrizek & Pierre Danino
    Welt-Knigge: Woraus man ersehen kann, wo die einzelnen Völker empfindlich sind und wie man sich in der Welt benehmen muss
    510 S. Saarbrücken West-Ost-Verl.
  • 1955 Hans-Otto Meissner
    Reise richtig, auch im Ausland
    268 S., Giessen Brühl 1955
    U.a. mit dem Kapitel: »Die Tore der Welt stehen uns wieder offen«
  • 1962 Woanders lebt man anders
    188 S., Praesentverl. Peter Gütersloh
    24 Autoren zu unterschiedlichen europäischen Ländern und Türkei.
  • 1965 Richard Kirn, Chlodwig Poth
    Andere leben anders: Heiteres Kaleidoskop unseres Kontinents
    135 S., Europa Union Verl. Bonn
  • 1972 Dieter Schlesak
    Geschäfte mit Odysseus
    zwischen Tourismus und engagiertem Reisen.
    Bern 1972: Hallwag, 239 S.
    Verschiedene Stufen des Reisebewußtseins als Mittel der Reiseanalyse mit der Perspektive eines engagierten Reisens.
  • 1980 Robert Jungk
    Wieviel Touristen pro Hektar Strand?
    GEO Heft 10, 1980, S.154-155
  • 1983 Karla Fohrbeck, Andreas Johannes Wiesand
    Wir Eingeborenen
    Zivilisierte Wilde und exotische Europäer. Magie und Aufklärung im Kulturvergleich.
    Reinbek: Rowohlt rororo 7764
    Die beiden Kulturforscher machen aufmerksam auf Anschauungen, Sitten und Lebensweisen in Mitteleuropa, die wir nur deswegen als selbstverständlich akzeptieren, weil sie uns von Kindheit an vertraut seind. Erst die Gegenüberstellung vergleichbarer Lebensweisen anderer Kulturkreise fördert ein Gefühl dafür, wie exotisch unser Verhalten andernorts anmuten kann.
  • 1988 Christian Adler
    Achtung, Touristen!
    [der Beitrag eines Verhaltensforschers zum Thema Ferntourismus nebst Anregungen zum richtigen Verhalten im Ausland]
    128 S. Rump, Bielefeld
    Der Verhaltensforscher Adler, selbst als Reiseleiter tätig, hinterfragte bereits 1979 das Verhalten von Ferntouristen im Ausland, führt zahlreiche Beispiele für Konfliktverhalten auf und wählt den Perspektivwechsel, um das zu verdeutlichen. Praktisch, anschaulich, unterhaltsam zu lesen.
  • 1991 Hans Christian Kosler
    Warum in die Ferne? Das Lesebuch zum Daheimbleiben
    Insel, Frankfurt a.M.
  • 1994 Exzeß Massentourismus
    =Themenheft der Zeitschrift Föhn 1/1994 (Innsbruck), 98 S.
    Eine Collage über Massentourismus, bestehend aus Zitaten, Gedanken, Pressemitteilungen, Studienergebnissen, Bemerkungen von Politikern und Stubenmädchen, angeregt durch die Verhältnisse in Tirol, teils realsatirisch, teils böse.
  • 1994 Marion Thiem
    Tourismus und kulturelle Identität
    Die Bedeutung des Tourismus für die Kultur touristischer Ziel- und Quellgebiete.
    (=Berner Studien zu Freizeit und Tourismus Bd. 30) Bern 1994, 298 S.
    Ein Ansatz, der erstmals die Beziehungen zwischen Reisenden und Bereisten ganzheitlich betrachtet, Nutzen und Schaden, Vor- und Nachteile in einen theoretischen Zusammenhang bringt.
  • 1997 Harreus, D., & Ruge, P.
    Was reist denn da?
    [ein Buch zum Bestimmen der natürlich vorkommenden und selten kultivierten Touristen Europas.
    Kultivierte und wilde Touristen kennenlernen, bestimmen und sammeln; mit dem praktischen Spezialbestimmungsschlüssel]
    80 S. Tomus, München
  • 2003 Mckercher, B., & du Cros, H.
    Testing a cultural tourism typology.
    International Journal of Tourism Research. , 5(1) 45-58 DOI: 10.1002/jtr.417
  • Martin Keune, Thomas Platt
    Reisen für Stümper. Verbildert von Brösel.
    142 S. Altamira Berlin 1991
  • Michael Ryba
    Reisen ohne Reue
    Eichborn, Frankfurt am Main 1993
  • Peter Gaymann
    Hühner auf Reisen Cartoons
    Heyne-Bücher allgemeine Reihe 8001, München 1993
  • Claire Bretécher
    Touristen Comics
    Tomate 13522 Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994
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