Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


wiki:1786_schulz_auserlesene_aufsaetze

Vorwort zu: 1786 Schulz: Auserlesene Aufsaetze|wiki:1786 Schulz Auserlesene Aufsaetze

  • 1786-1797 Joachim Christoph Friedrich Schulz 1762-1798
    Auserlesene Aufsätze zur geographischen, statistischen, politischen und sittlichen Länder- und Völkerkunde
    Eine Quartalschrift aus den neuesten und besten Reisebeschreibungen gezogen.
    18 Theile. Berlin: Arnold Wever. [Vorwort von Juli 1785]

1792-1797 = Aufsätze zur Länder- und Völkerkunde … Das Merkwürdigste aus Reisebeschreibungen …

Vorrede

Kommen jetzt der Reisebeschreibungen so viele zum Vorschein, daß das Publikum vor lauter Ueberfluß bald keine mehr lesen wird. Eine Menge Autoren, und noch mehr Verleger bestreben sich um die Wette dem Geschmack an Reisebeschreibungen immer frische Nahrung zu geben, und beyde Theile scheinen ihre Rechnung dabey zu finden. Wer jetzt eine Reise von 5 bis 10 Meilen thut, ist gleich nach seiner Zurückkunft beschäftigt, seine Bemerkungen dem Publikum vorzulegen. Sie mögen so unbedeutend seyn, wie sie wollen, so finden sie doch einen Verleger, oder wenn diesem das Werkchen zu klein ist, einen Journalisten, der sie dann zu Ende des Monats als die neuesſte Neuigkeit ins Publikum verbreitet. Dreiste Urtheile, schiefe Reflexionen, weise Betrachtungen über Wohl und Weh der Staaten, Vorschläge zu Reformen, Verleumdungen, Pasquille,

beleidigende Portraits von Gelehrten, Künstlern, und Staatsmännern, die man besucht hat - dieses ist der Inhalt der gewöhnlichen kleinen Reisebeschreibungen, die seit einiger Zeit in unsern periodischen Schriften, selbst in den bessern von ihnen, gäng und gebe sind.

Auf der andern Seite treiben auch die Verleger ihren Unfug. Sobald in Frankreich, England, Italien, Schweden und selbst in Portugal und Spanien ein Buch erscheint, das den Namen, „Reisen„ an der Stirne führt, so wird es herzugeschafft, in aller Eil mit Privilegien versehen, eben so eilig übersetzt, gedruckt und verkauft, ohne daß der Verleger sich auch nur die Mühe gäbe zu untersuchen, oder untersuchen zu lassen, ob dadurch wirklich die Summe geographischer und statistischer Kenntnisse vermehrt werde. Die Uebersetzer, welche zunächst die Dürftigkeit des zu übersehenden Buchs einsehn sollten, hüten sich wol, es zu tadeln, da der Verleger die Transportkosten vom Druckorte her einmal

darauf gewandt hat, und da ihrer selbst für jeden Bogen Uebersetzung zwey Thaler erwarten. Auf diese Weise steigt die Anzahl der Reisen von Messe zu Messe, und dies wird nicht eher aufhören, bis das Publikum, wenn es so oft von glänzenden Titeln hintergangen wird, diese Art Bücher nicht mehr kauft. In diesem Falle werden auch oft gute Reisebeschreibungen ungelesen bleiben. Aber auch die letztern, die oft von anerkannter Gute sind, finden keine Käufer, weil sie so hoch im Preise stehn. Hatten die guten Reisebeschreiber Verleugnung genug, den ganzen Umfang ihrer Bemerkungen zu sichten; diejenigen wegzustreichen, die schon andere vor ihnen gemacht haben; ihrer kleinen Abentheuer (wenn sie nicht über die Gesinnung des Volkes oder der Stadt, worinn sie ihnen begegneten, ein Licht verbreiten) gar nicht zu wähnen; sich gewisser Raisonnements zu enthalten, die in den meisten Fällen nicht passsend

sind, weil sie ihren Gegenstand nur auf. kurze Zeit betrachten konnten – so würden wir kurze, aber gehaltvolle Reisesbeschreibungen oft für ein Drittheil des Geldes bekommen, welches wir jetzt für Beschreibungen von Wirthen und Gasthöfen, von Reisewagen, Postmeister, und von Gesundheit und Unpäßlichkeit unserer Reisenden bezahlen müssen. Diese Betrachtungen haben zum Plan der gegenwärtigen Schrift Anlaß gegeben. Wir liefern in derselben Auszüge aus Reisebeschreibungen, die eben ihrer Umständlichkeit wegen viele Bogen füllen, und deshalb theuer sind. Wir übergehen alles, was des Verf. Person betrifft; was blosses Raisonnement ist, das nicht zur Sache gehört; wir kurzen die topographischen Beschreibungen ab, weil es im Ganzen von keinem Nutzen ist, ob man weiß, daß dieses oder jenes Haus in einer Stadt mit Stuckaturarbeit verziert oder mit Säulen geschmuckt ist; wir ziehn nur die allerneuesten Reisen aus, die vor kurzem erschienen sind,

aber nicht solche die schon allgemein gelesen werden, als die von Cook, Forster und änliche; wir werden hauptsächlich solche Data auszuheben suchen, die zum Studium des Menschen, seiner Geschichte, Denkart, Sitten und Gewohnheiten, brauchbar seyn können; politische und statistische Data, wenn wir sie zuverlässig glauben können, (was bey den wenigsten Reisebeschreibungen ihrer Natur nach der Fall ist) werden wir in einem Anhange beyfügen; und endlich werden wir zuweilen einen der kleinen flüchtigen Männer, die auf Extrapost, oder auch wol zu Fusse, die Welt durchstrichen, und über alles dreift hin raisonniren, beym Schopfe nehmen und ihn mit seiner ganzen Etourderie, Unwissenheit, Leichtgläubigkeit und Allgenügsamkeit, ihm zur Strafe und andern zur Warnung, aufstellen; ihn beschämen, wenn er aus Uebereilung und nicht aus böser Absicht Odiosa sagte, aber auch züchtigen, wenn er wider besser Wissen und Gewissen dem Publikum Unwahrheiten vorzufaseln sich hat unterfangen können.

Alle Vierteljahre erscheinet ein Stuck 10 bis 12 Bogen stark von diesem Journale, dem wir die möglichste Vollständigkeit zu geben suchen werden. Berlin, im Julius. 1785.

wiki/1786_schulz_auserlesene_aufsaetze.txt · Zuletzt geändert: von norbert

Donate Powered by PHP Valid HTML5 Valid CSS Driven by DokuWiki