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wiki:walz

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 ==== Wandergeselle ==== ==== Wandergeselle ====
 Als Pfarre nach Fürth geht, weiß er sich auf dem Weg ins Vagabundentum: //„Ich war auf das Verbandsgeschenk angewiesen. Eine Mark erhielt ich. Mit dieser Mark wollte ich meine neue Zukunft gründen. In der Fürther Herberge zur Heimat erstand ich für 25 Pfennig einen Wanderschein. Auf diesen Schein konnte ich Verpflegungen erhalten. Mein zweiter Weg war nach dem städtischen Arbeitsnachweis. Dort traf ich einen Kunden, der mir die ganze Sache schon deichseln wollte. `Also, nun macht´s Dein Antrittsstoß. Erst läßt Du Dir eine Bescheinigung in Dein Wanderbuch schreiben, daß Du vergeblich um Arbeit angehauen hast, dann kommst Du wieder zu mir.´ Ich ging und kam erfolgreich zurück. Dann führte mich mein Lehrmeister vor ein anderes städtisches Gebäude und sagte: `Da gehst Du nun herein und kriegst dreißig Pfennige,´ und setzte lakonisch hinzu: `Ich kriege nichts, ich war erst vor drei Wochen da.´ Das mochte ich nun nicht. Aber ich begriff, daß ich mußte. Es war doch noch der ehrliche Weg auf der Landstraße.“// ((Pfarre, S. 13 f.))\\  Als Pfarre nach Fürth geht, weiß er sich auf dem Weg ins Vagabundentum: //„Ich war auf das Verbandsgeschenk angewiesen. Eine Mark erhielt ich. Mit dieser Mark wollte ich meine neue Zukunft gründen. In der Fürther Herberge zur Heimat erstand ich für 25 Pfennig einen Wanderschein. Auf diesen Schein konnte ich Verpflegungen erhalten. Mein zweiter Weg war nach dem städtischen Arbeitsnachweis. Dort traf ich einen Kunden, der mir die ganze Sache schon deichseln wollte. `Also, nun macht´s Dein Antrittsstoß. Erst läßt Du Dir eine Bescheinigung in Dein Wanderbuch schreiben, daß Du vergeblich um Arbeit angehauen hast, dann kommst Du wieder zu mir.´ Ich ging und kam erfolgreich zurück. Dann führte mich mein Lehrmeister vor ein anderes städtisches Gebäude und sagte: `Da gehst Du nun herein und kriegst dreißig Pfennige,´ und setzte lakonisch hinzu: `Ich kriege nichts, ich war erst vor drei Wochen da.´ Das mochte ich nun nicht. Aber ich begriff, daß ich mußte. Es war doch noch der ehrliche Weg auf der Landstraße.“// ((Pfarre, S. 13 f.))\\ 
-Sind diese Quellen erschöpft, so führt der Weg nachts ins Asyl und tags zum Betteln. Nur wer bettelt, überlebt. Pfarre kann das nicht, selbst die edelste Form der Bettelei, das Anfechten seiner Meister, bei denen er um Arbeit nachfragt, versagt er sich. ((„Suchte ein `fremder Geselle´ in der Stadt Arbeit, so ließ er sich entweder `Arbeit schauen´ oder er `ging aufs Geschenk´ . ... Wollte der Meister keinen Gesellen aufdingen, so gab es ein Geschenk, meist in der Form eines Umtrunks und einer Wegzehrung.“ (Völger, S. 38f.) )) So ist er hier und da auf eine Mark aus der Gewerkschaftskasse, Gutscheine der Asyle oder Stütze ((Stütze hat den Weg ins Hochdeutsche gefunden und bedeutet Arbeitslosen- oder Sozialunterstützung.)) vom Arbeitsamt angewiesen. Dazwischen hungert er oder findet Vagabunden, die ihn versorgen. \\ +Sind diese Quellen erschöpft, so führt der Weg nachts ins Asyl und tags zum Betteln. Nur wer bettelt, überlebt. Pfarre kann das nicht, selbst die edelste Form der Bettelei, das Anfechten seiner Meister, bei denen er um Arbeit nachfragt, versagt er sich. ((„Suchte ein `fremder Geselle´ in der Stadt Arbeit, so ließ er sich entweder `Arbeit schauen´ oder er `ging aufs Geschenk´ . ... Wollte der Meister keinen Gesellen aufdingen, so gab es ein Geschenk, meist in der Form eines Umtrunks und einer [[wiki:Wegzehrung|Wegzehrung]].“ (Völger, S. 38f.) )) So ist er hier und da auf eine Mark aus der Gewerkschaftskasse, Gutscheine der Asyle oder Stütze ((Stütze hat den Weg ins Hochdeutsche gefunden und bedeutet Arbeitslosen- oder Sozialunterstützung.)) vom Arbeitsamt angewiesen. Dazwischen hungert er oder findet Vagabunden, die ihn versorgen. 
 ==== Bettler und Fechtmeister ==== ==== Bettler und Fechtmeister ====
 Auch Schroeder fällt das Betteln schwer: //„Früher aß ich um diese Zeit zu Mittag, jetzt sind es drei Tage her, seit ich das letzte Mal gekaut habe. Ich kann eine Gaslaterne kitzeln, bis der Direktor lacht; ich habe in den zwei Tagen gelernt, einen Grünen zu ärgern, ohne daß dieser es merkt; aber betteln kann ich nicht!“// ((Schroeder, S. 64)) Dann reist er mit erfahrenen Kunden zusammen, zu fünft „putzen“ sie ein Dorf, essen mehrere Male und werfen anschließend zusammen: wollene Socken, eine neue Weste, drei Pfund Wurst, Zigaretten, Tabak, Brot. Nur Schroeder weiß nichts beizusteuern und bekommt gesagt:// „Wir hatten zuerst auch nur Brot gefechtet, Brot, Brot und noch einmal Brot, bis wir gewitzter wurden, aus uns hinausgingen und zusammenputzten, was wir zum Leben brauchten.“// Dann wird geteilt: für jeden gibt es zwei Zigarren, 12 Zigaretten, vierzig Gramm Tabak - Brüderlichkeit der Landstraße! Doch Schroeder lernt schnell und wird innerhalb weniger Monate ein Fechtmeister. Manche der Kunden und Vagabunden schaffen nie mehr den Weg zurück in die bürgerliche Gesellschaft, was nicht unbedingt an mangelnden Chancen lag, sondern an der Einstellung zum Leben: //„War das ein unruhiger Geselle! Auf allerlei Schiffen hatte er, als Münchner Kind, die ganze weite Erde befahren. Irgendeine Aschenbrödelarbeit hatte er immer gefunden und auch wohl so gute Menschen, wie er selbst einer war. Immer faßte er das Leben von der sonnigsten Seite auf, er, der nur für ein Butterbrot arbeitete, immer hatte er gelacht und noch immer lachte er, trotz Hunger, trotz aller Rücksichtslosigkeit gegen ihn. Und weil die Menschen ihn nicht ernst nahmen, hatte er sie und ihre Arbeit nicht ernst genommen.“// ((Pfarre, S. 177)) Das war der kleine bucklige Michael, der es nicht mehr schaffte, regelmäßig zu arbeiten und an einem festen Ort zu wohnen, obwohl ihm Verwandte die Gelegenheit dazu gaben. Er riß aus und flüchtete sich auf die Landstraße zurück.\\  Auch Schroeder fällt das Betteln schwer: //„Früher aß ich um diese Zeit zu Mittag, jetzt sind es drei Tage her, seit ich das letzte Mal gekaut habe. Ich kann eine Gaslaterne kitzeln, bis der Direktor lacht; ich habe in den zwei Tagen gelernt, einen Grünen zu ärgern, ohne daß dieser es merkt; aber betteln kann ich nicht!“// ((Schroeder, S. 64)) Dann reist er mit erfahrenen Kunden zusammen, zu fünft „putzen“ sie ein Dorf, essen mehrere Male und werfen anschließend zusammen: wollene Socken, eine neue Weste, drei Pfund Wurst, Zigaretten, Tabak, Brot. Nur Schroeder weiß nichts beizusteuern und bekommt gesagt:// „Wir hatten zuerst auch nur Brot gefechtet, Brot, Brot und noch einmal Brot, bis wir gewitzter wurden, aus uns hinausgingen und zusammenputzten, was wir zum Leben brauchten.“// Dann wird geteilt: für jeden gibt es zwei Zigarren, 12 Zigaretten, vierzig Gramm Tabak - Brüderlichkeit der Landstraße! Doch Schroeder lernt schnell und wird innerhalb weniger Monate ein Fechtmeister. Manche der Kunden und Vagabunden schaffen nie mehr den Weg zurück in die bürgerliche Gesellschaft, was nicht unbedingt an mangelnden Chancen lag, sondern an der Einstellung zum Leben: //„War das ein unruhiger Geselle! Auf allerlei Schiffen hatte er, als Münchner Kind, die ganze weite Erde befahren. Irgendeine Aschenbrödelarbeit hatte er immer gefunden und auch wohl so gute Menschen, wie er selbst einer war. Immer faßte er das Leben von der sonnigsten Seite auf, er, der nur für ein Butterbrot arbeitete, immer hatte er gelacht und noch immer lachte er, trotz Hunger, trotz aller Rücksichtslosigkeit gegen ihn. Und weil die Menschen ihn nicht ernst nahmen, hatte er sie und ihre Arbeit nicht ernst genommen.“// ((Pfarre, S. 177)) Das war der kleine bucklige Michael, der es nicht mehr schaffte, regelmäßig zu arbeiten und an einem festen Ort zu wohnen, obwohl ihm Verwandte die Gelegenheit dazu gaben. Er riß aus und flüchtete sich auf die Landstraße zurück.\\ 
wiki/walz.txt · Zuletzt geändert: 2024/04/07 06:59 von norbert

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