Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


wiki:vaganten

Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen der Seite angezeigt.

Link zu der Vergleichsansicht

Beide Seiten, vorherige ÜberarbeitungVorherige Überarbeitung
Nächste ÜberarbeitungBeide Seiten, nächste Überarbeitung
wiki:vaganten [2021/07/21 06:08] norbertwiki:vaganten [2021/07/21 06:10] norbert
Zeile 4: Zeile 4:
 Im Lateinischen als //vagare// ursprünglich ein weiter Begriff für alles was und für jeden, der sich bewegt:\\ //»Nec caelo nec humo nec aquis dea vestra recepta est: exsul erat mundi, donec **miserata vagantem ‘hospita tu terris erras**, ego’ dixit ‘in undis’ instabilemque locum Delos dedit.«// ((''Ovidius Naso'' (43 vor bis 17 nach Christus), //Metamorphosen// 6, 146; 15)). Dabei jedoch von anfang an die Vagheit betonend als //vagus// ‘umherschweifend, -streifend, unstet, ungebunden’. Dann als //Vagantēs// (( Plural zu //vagāns//, Part. Präs. zu vagārī)) zum Stereotyp werdend für umherschweifende Menschen mit besonderem Status.  Im Lateinischen als //vagare// ursprünglich ein weiter Begriff für alles was und für jeden, der sich bewegt:\\ //»Nec caelo nec humo nec aquis dea vestra recepta est: exsul erat mundi, donec **miserata vagantem ‘hospita tu terris erras**, ego’ dixit ‘in undis’ instabilemque locum Delos dedit.«// ((''Ovidius Naso'' (43 vor bis 17 nach Christus), //Metamorphosen// 6, 146; 15)). Dabei jedoch von anfang an die Vagheit betonend als //vagus// ‘umherschweifend, -streifend, unstet, ungebunden’. Dann als //Vagantēs// (( Plural zu //vagāns//, Part. Präs. zu vagārī)) zum Stereotyp werdend für umherschweifende Menschen mit besonderem Status. 
  
-==== Frühes Mittelalter ==== +==== Frühes Mittelalter: clerici vagi ==== 
 Im frühen Mittelalter (5.-6. Jahrhundert) die Bezeichnung für umherziehende Geistliche (lat. **clerici vagi**) in vielen Formulierungen und Schreibformen, vereinzelt traten gar //Wanderbischöfe// //episcopi vagantes// und //Presbyteri vagantes// auf, immer [[wiki:per_pedes_apostolorum|per pedes apostolorum]], immer unter dem misstrauischen Auge der Kirche, die die [[wiki:stabilitas_loci|stabilitas loci]] bevorzugte. Manchmal synonym für [[wiki:wandermoench|Wandermönche]] im allgemeinen und im Besonderen für Angehörige (Mendikanten) der Bettelorden wie etwa der Franziskaner sowie für jene, die es ihnen äußerlich gleichtaten, also frömmelnd bettelten:\\ //»Ecce sacerdotes vagant, populus claudicat, Ecclesia decrescit.«// ((''Agnellus'' sive Andreas Ravennatensis  (um 805–846), //Liber Pontificalis//, 106, 0605C, 265, 40, 71; 17 s. [[http://www.mlat.uzh.ch|MLS Corpus corporum]]))\\ sowie für Söldner: //»Milites. Libere vagant, thesauros Constantiae erogant.«// ((//Hrotsvita Gandeshemensis// (935-974), Dramatica series, 109; 297 )). Im frühen Mittelalter (5.-6. Jahrhundert) die Bezeichnung für umherziehende Geistliche (lat. **clerici vagi**) in vielen Formulierungen und Schreibformen, vereinzelt traten gar //Wanderbischöfe// //episcopi vagantes// und //Presbyteri vagantes// auf, immer [[wiki:per_pedes_apostolorum|per pedes apostolorum]], immer unter dem misstrauischen Auge der Kirche, die die [[wiki:stabilitas_loci|stabilitas loci]] bevorzugte. Manchmal synonym für [[wiki:wandermoench|Wandermönche]] im allgemeinen und im Besonderen für Angehörige (Mendikanten) der Bettelorden wie etwa der Franziskaner sowie für jene, die es ihnen äußerlich gleichtaten, also frömmelnd bettelten:\\ //»Ecce sacerdotes vagant, populus claudicat, Ecclesia decrescit.«// ((''Agnellus'' sive Andreas Ravennatensis  (um 805–846), //Liber Pontificalis//, 106, 0605C, 265, 40, 71; 17 s. [[http://www.mlat.uzh.ch|MLS Corpus corporum]]))\\ sowie für Söldner: //»Milites. Libere vagant, thesauros Constantiae erogant.«// ((//Hrotsvita Gandeshemensis// (935-974), Dramatica series, 109; 297 )).
  
 Im frühen Christentum gab es noch eine Fürsorgepflicht für Fremde. So trug 398 das Konzil von Karthago den Bischöfen auf, außer den auch ein Fremdenhaus (gr. //Xenodochium//) zu errrichten. Im oströmischen Raum wurden zahlreiche solcher Xenodochien gebaut, im weströmischen Reich gab es sie kaum, doch im 8. Jahrhundert war ihre Zeit überall abgelaufen. Im frühen Christentum gab es noch eine Fürsorgepflicht für Fremde. So trug 398 das Konzil von Karthago den Bischöfen auf, außer den auch ein Fremdenhaus (gr. //Xenodochium//) zu errrichten. Im oströmischen Raum wurden zahlreiche solcher Xenodochien gebaut, im weströmischen Reich gab es sie kaum, doch im 8. Jahrhundert war ihre Zeit überall abgelaufen.
  
-==== Spätes Mittelalter ====+==== Spätes Mittelalter: Die Scholaren ====
   Jetzt reicht mir Stab und Ordenskleid   Jetzt reicht mir Stab und Ordenskleid
   Der fahrenden Scholaren,   Der fahrenden Scholaren,
Zeile 16: Zeile 16:
      
   Joseph Victor Scheffel (1826 - 1886), Wanderlied (Auszug)   Joseph Victor Scheffel (1826 - 1886), Wanderlied (Auszug)
-Die Laterankonzile von 1179 und 1215 verpflichteten alle Kollegiatkirchen, neben den jungen Klerikern (**clerici vagi**) auch arme Schüler zu unterrichten (»scolares et pauperes quibus de est pecunia«). Bernhard von Chartre verlangte von den Scholaren: »Mens humilis, studium quaerendi, vita quieta, Scrutinium tacitum, paupertas, terre aliena, Haec reserare solent multis obscura legendi« ((zitiert nach ''Miethke'', Fußnote 7)). In Braunschweig wurden 1251 //pauperes// (Arme) neben den //scholares canonici// erwähnt ((»decisio inter capitulum et scolasticum)). Danach erst erschienen wandernde Scholaren (»Scholar vagus, goliardus, ioculator«) in nennenswerter Zahl, als Gruppe mit kirchlichem Segen und als Arme auf das Betteln angewiesen.\\  +Die Laterankonzile von 1179 und 1215 verpflichteten alle Kollegiatkirchen, neben den jungen Klerikern (**clerici vagi**) auch arme Schüler zu unterrichten (»scolares et pauperes quibus de est pecunia«). Bernhard von Chartre verlangte von den Scholaren: //»Mens humilis, studium quaerendi, vita quieta, Scrutinium tacitum, paupertas, terre aliena, Haec reserare solent multis obscura legendi«// ((zitiert nach ''Miethke'', Fußnote 7)). In Braunschweig wurden 1251 //pauperes// (Arme) neben den //scholares canonici// erwähnt ((»decisio inter capitulum et scolasticum)). Danach erst erschienen wandernde Scholaren (»Scholar vagus, goliardus, ioculator«) in nennenswerter Zahl, als Gruppe mit kirchlichem Segen und als Arme auf das Betteln angewiesen.\\  
 //»Was dann noch fehlte, ersetzte das Almosen, das singend an den Thüren erbeten wurde. Wo die Söhne des heiligen ''Franziskus'' den Bettelsack trugen, war es auch für die armen Schüler keine Schande von Haus zu Haus milde Gaben zu heischen. Hat doch selbst ''Luther'' ohne ein Gefühl der Beschämung erzählt, dass er in seiner Jugend auch so ein [[wiki:Partekenhengst|Partekenhengst]] gewesen sei, der an den Thüren um Brot gesungen. ... Für viele war das Studium nur ein Vorwand, um ohne Arbeit ihre Nahrung zu gewinnen. Gar mancher trieb sich noch als Schüler umher, wenn längst schon der Bart ihm die Wangen umschattete. Die Sitten solcher Burschen waren nicht immer die besten; die Begriffe von Mein und Dein wussten sie nicht immer mit Sicherheit zu unterscheiden; gegen die Lehrer waren sie frech und widerspenstig und liefen davon, wenn ihnen eine Strafe bevorstand. »**Vagantes**« nannte diese //Proletarier der Wissenschaft// die Schulsprache der Zeit, //[[wiki:bacchanten|Bakchanten]]// der Volkswitz. Auf manchen Städten lasteten sie zuzeiten wie eine Landplage«// ((''Karl Kehrbach'' (Hg.)\\ //Monumenta Germaniae Paedagogica//.\\ Schulordnungen, Schulbücher und pädagogische Miscellaneen aus den Landen deutscher Zunge\\ Bd. 1 Braunschweigische Schulordnungen 1 Berlin Hofmann 1886, S. XXVII und Fußnote 2 zu den Quellen über Bacchanten und Strafen für die Scholaren)). //»Was dann noch fehlte, ersetzte das Almosen, das singend an den Thüren erbeten wurde. Wo die Söhne des heiligen ''Franziskus'' den Bettelsack trugen, war es auch für die armen Schüler keine Schande von Haus zu Haus milde Gaben zu heischen. Hat doch selbst ''Luther'' ohne ein Gefühl der Beschämung erzählt, dass er in seiner Jugend auch so ein [[wiki:Partekenhengst|Partekenhengst]] gewesen sei, der an den Thüren um Brot gesungen. ... Für viele war das Studium nur ein Vorwand, um ohne Arbeit ihre Nahrung zu gewinnen. Gar mancher trieb sich noch als Schüler umher, wenn längst schon der Bart ihm die Wangen umschattete. Die Sitten solcher Burschen waren nicht immer die besten; die Begriffe von Mein und Dein wussten sie nicht immer mit Sicherheit zu unterscheiden; gegen die Lehrer waren sie frech und widerspenstig und liefen davon, wenn ihnen eine Strafe bevorstand. »**Vagantes**« nannte diese //Proletarier der Wissenschaft// die Schulsprache der Zeit, //[[wiki:bacchanten|Bakchanten]]// der Volkswitz. Auf manchen Städten lasteten sie zuzeiten wie eine Landplage«// ((''Karl Kehrbach'' (Hg.)\\ //Monumenta Germaniae Paedagogica//.\\ Schulordnungen, Schulbücher und pädagogische Miscellaneen aus den Landen deutscher Zunge\\ Bd. 1 Braunschweigische Schulordnungen 1 Berlin Hofmann 1886, S. XXVII und Fußnote 2 zu den Quellen über Bacchanten und Strafen für die Scholaren)).
      
wiki/vaganten.txt · Zuletzt geändert: 2023/08/24 14:24 von norbert

Donate Powered by PHP Valid HTML5 Valid CSS Driven by DokuWiki