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wiki:siebensachen

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Siebensachen

Seit 1642 schriftlich als Redensart »seine Siebensachen zusammenpacken« aus der Umgangssprache belegt, jedoch weit älter 1). Der Kontext dieser Redensart zeigt spezifische Merkmale:

  1. Die kulturell hervorgehobene Bedeutung der Zahl Sieben.
  2. Die Übersichtlichkeit der wenigen Habseligkeiten betonend, also auf Bedürfnislosigkeit oder Armut hinweisend.
  3. Oft mit schnellem Aufbruch verbunden: jemand handelt aktiv und leichtsinnig, flüchtend oder wird hinausgeworfen: »Pack Deine Siebensachen«.
  4. Die Minderwertigkeit des Besitzes betonend als Plunder, unbedeutendes, wertloses Zeug.
die siebensachen
will ich im haus bei nacht zusammenpacken,
und dann zum thor hinaus.
Immermann 16, 446 Hempel

2)

Die 7 hat eine überragende Bedeutung in allen Weltreligionen; ihre besondere Bedeutung lässt sich bis in babylonische Zeiten zurückverfolgen und in außereuropäischen Kulturen finden 3). Bei dieser »Universalität« kann eine gemeinsame Letztursache nur gesucht werden in Naturbeobachtungen, die allen Menschen seit jeher unmittelbar zugänglich sind. Naheliegend sind beispielsweise:

  • die sieben sich sichtbar bewegenden Himmelskörper:
    Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn
  • die sieben Wahrnehmungsorgane 2 Ohren, 2 Nasenlöcher, 2 Augen, 1 Mund
  • die sieben Zähne je Gebissteil links und rechts, oben und unten
  • die sieben als natürliche Grenze der Überschaubarkeit für das Kurzzeitgedächtnis

Das, was John Locke 1690 als »seven phenomena« erstmals beschrieb, hatte der Volksmund in »Siebensachen« bereits früher zusammengefasst. Locke hatte das Kurzzeitgedächtnis untersucht und erkannte, das sich die meisten Menschen an bis zu sieben Dinge oder Zahlen erinnern können, wenn man sie ihnen kurz zeigt. Darüber fällt das Erinnerungsvermögen drastisch ab: »narrowness of consciousness« 4). Dieses Phänomen ist heute als »Millersche Zahl« in der Psychologie allgemein bekannt 5).

1)
Kitab Al-asabil' Li-lippokrat, Sharh Jalinus, Tarjamat Hunayn Ibn Ishaq
('Das Buch der Siebensachen', Ein unterschobenes Werk des Hippocrates, Mit einem Kommentar des Galenus)
- BSB Cod.arab. 802. [s.n.], 1079.
3)
Ferdinand von Andrian
Die Siebenzahl im Geistesleben der Völker
In: Mittheilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien, 1901, Bd. 31, S. 225–274
4)
1690: An Essay Concerning Human Understanding
5)
George A. Miller\\ The Magical Number Seven, Plus or Minus Two: Some Limits on Our Capacity for Processing Information
The Psychological Review 1956, 63, 81–97
wiki/siebensachen.1596519733.txt.gz · Zuletzt geändert: 2020/08/04 05:42 von norbert

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