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Raumklima

Luft und Feuchte im Reisemobil

»Lieber im Mief ersticken als in der Kälte erfrieren« ist eine verbreitete Einstellung. Das Reisemobil bietet beides, denn es ist ein Zimmer mit sechs Außenwänden und den Dünsten von Bett, Küche und Bad.

1. Probleme

1. Kondenswasser entsteht an Kältebrücken, also in erster Linie an einfachverglasten Fensterscheiben sowie an Blechen, die thermisch nicht von der Außenhaut des Fahrzeugs getrennt sind. Dort, wo das Kondensat sich sammelt, gibt es Folgeprobleme, also insbesondere an unbelüfteten Stellen: hinter Schränken, in Staukästen, in verdeckten Raumecken, unter Polstern usw. Selbst ein unbewohntes Reisemobil kann ein klimabedingtes Feuchteproblem bekommen, wenn feucht-warme Luft von außen in den kühleren Wohnkoffer eindringt:

Lufttemperatur°C 30 25 20 15 10 5
Luftfeuchte g/cbm 30,3 23 17,3 12,8 9,4 6,8
Differenz pro Abkühlungsschritt/cbm 7,3 5,7 4,5 3,4 2,6
Kondensation im Sprinter (ca. 13 cbm Luft) g Wasser 94,9 74,1 58,5 44,2 33,8
Kondensation im 20 cbm Wohnkoffer (g Wasser) 146 114 90 68 52

Tabelle 1: Luft von 30 °C kann pro Kubikmeter 30,3 Gramm Wasser aufnehmen. Kühlt sich diese Luftmenge auf 25 °C ab, kondensieren 7,3 Gramm Wasser, weil 25 °C warme Luft nur noch 23,0 g Wasser aufnehmen können. Bei angenehmen 25 °C innen und kühlen 10 °C außen tropfen im Sprinter also 176,8 g Wasser von der Scheibe, also ein Kölschglas voll mit viel Schaum.

2. Kondenswasser entsteht am Taupunkt durch Diffusion. Auch ohne Luftstrom sucht sich eine gewisse Feuchtemenge durch Diffusion den Weg durch feste Materialien. Nimmt auf diesem Weg die Temperatur genug ab, so kondensiert ein Teil der Luftfeuchte (»Taupunkt«). Ist diese Stelle unbelüftet, so bleibt sie dauerfeucht mit allen Folgen: es riecht, schimmelt und korrodiert. Tauwasser wird in der Dämmung nur dann sicher verhindert, wenn die Oberflächentemperatur der Dämmung größer oder maximal gleich der Taupunkttemperatur der umgebenden Luft ist. Das ist in einem Fahrzeug nur zeitweise der Fall.

3. Die Kaltluftwalze an Fenstern und anderen Kältebrücken ist fühlbar unangenehm: Warme feuchte Luft sinkt am Fenster ab. Ddie Fensterscheibe wird zum Wärmetauscher und die Luft fließt abgekühlt in den Fussraum.

2. Ursachen

Die Luft transportiert Feuchte, Mief und Staub. Je kleiner das Raumvolumen, je mehr Menschen und Geräte, desto »dicker« wird die Luft. Der Mief soll raus und frische Luft hinein, die Feuchte soll draussen und die Wärme drinnen bleiben. Das ist schwierig und bei manchen Wetterlagen unmöglich. Wer dabei ständig Fehler macht, den bestrafen Schimmel und Milben. Der anzustrebende »Wohlfühlbereich« (* Behaglichkeit) lässt sich genau beschreiben (Tabelle 2):

Wohlfühlbereich Quelle Innen Luftaustausch Quelle Außenluft
Temperatur 20 bis 26 °C Heizung Hitze, Kälte
Temperaturunterschiede max 3 - 5 °C z.B. Kopf-Fuss * Kältebrücken
Feuchte 35 bis 60 % Mensch Schwüle, Regen
Mief < 1.000 ppm Mensch Staub, Rauch
Zugluft gering Ventilator Wind

Feuchte-Temperatur-Ausgleich In Häusern speichern die Raumwände Wärme und Feuchte. Beim Stoßlüften wird die Raumluft schnell gewechselt, ohne dass die Wände stark abkühlen, es bleibt behaglich. Im Reisemobil mit dessen Alu- und Kunststoffoberflächen funktioniert das so gut wie gar nicht: der Feuchtepuffer ist gering, der Temperaturwechsel groß, Kältebrücken sind kalt und nass. Im Reisemobil wird jedoch ebensoviel Feuchte produziert wie in der Wohnung. Der Luftwechsel muss also gleich hoch sein, wird aber bei geringerem Rauminhalt als unangenehmer empfunden. Daher sind stetige kleine Luftströme vorzuziehen.

Feuchtequellen Zwei Personen geben mindestens zwei Liter Wasser in 12 Stunden an die Luft ab (Tabelle 3). Hinzu kommen Duschen & Waschen, Wäsche trocknen, nasse Kleidung.

Feuchtequellen Wasserabgabe Situation
Atmen & Schwitzen 90 g/h & Pers. Alltag (4 h)
Atmen & Schwitzen 45 g/h & Pers. Schlafen (8 h)
Kochen 245 g/150g Gas Verbrennen
Kochen 200-500 g/Stunde Verdunsten

13 cbm Reisemobilluft nehmen bei 20 °C maximal 225 g Wasser auf (100% Luftfeuchte). Sollen aber in 12 Abend- und Nachtstunden nicht mehr als 60% Feuchte herrschen, so darf die Luft im Reisemobil höchstens 135 g Wasser enthalten. Die übrigen 1865 g kondensieren im Reisemobil, wenn nicht gelüftet wird.

Luftwechsel Ob sich diese Wassermenge durch Lüften entfernen lässt, hängt vom Klima außen ab. Bei 15 °C Außentemperatur und 40% Luftfeuchte bringen 13 cbm Außenluft 67 g Wasser hinein, dafür entweicht Innenraumluft mit 225 g Wasser (20 °C, 100%). Netto sind also 158 g Wasser entfernt. Nach 12 Luftwechseln, also einmal stündlich, sind die 1865 g Wasser raus aus dem Wohnmobil. Allerdings finden Kondensation und Diffusion auch in der Zwischenzeit statt, so dass ein kontinuierliches Lüften besser wäre. Nachts ist das besonders schwierig, weil

  • die Luftfeuchte steigt, da jeder Schläfer stetig etwa 45 g/ Stunde Wasser an die Luft abgibt;
  • das Wageninnere aus Sucherheitsgründen möglichst dicht geschlossen wird;
  • die Außentemperaturen sinken, daher entstehen vermehrt Kältebrücken, insbesondere an Fenstern.

Heizbedarf Je trockener die Außenluft ist, um so weniger Luft muss ausgetauscht, also erwärmt werden. Das funktioniert gut im Winter, in Wüsten und im Hochgebirge. Allerdings muss die Zuluft auch wieder auf 20° aufgeheizt werden, das erfordert bei 15 °C Lufttemperatur außen eine knappe kWh, also etwa 83 g Gas zusätzlichen Heizbedarf. Im Innenraum untergebrachte Heizungen sind lüftungsneutral, wenn sie ihre Verbrennungsluft von außen ansaugen und die Abgase ebenfalls nach außen leiten. Die offene Verbrennung im Innenraum erhöht dagegen die Luftfeuchte, denn aus 88 g Propan entstehen beim Verbrennen 128 g Wasser.

3. Ursachenorientierte Lösungsansätze

Der Schlafbereich sollte abtrennbar sein und möglichst wenige Kältebrücken aufweisen.

  • Ein Lüfter im Schlafbereich fördert die feuchte Luft dort nach außen, wo sie entsteht.
  • Ein solcher Lüfter sollte kontinuierlich laufen oder hygrostatgesteuert arbeiten.
  • Der Lüfter sollte einen Wärmetauscher enthalten, damit der zusätzliche Heizbedarf minimiert wird.
  • Das allseitige Belüften der Schlafstelle vermindert Feuchtestau, also 5 cm Luft rings um die Matratze und darunter ein Lattenrost oder Froli.
  • Fensterflächen sind Kältebrücken und damit Kondensationsflächen. Das ist schlecht wegen des Wärmeverlustes, jedoch gut zum Reduzieren der Luftfeuchte. Aber wie fängt man das Kondensat auf, und wie leitet man es ab? Alte einfachverglaste Fenster im Hausbau hatten dazu eine Abtropfrinne mit einem Röhrchen nach außen. Der Markt hält dafür leider keine technische Lösung bereit. Vorstellbar wäre eine Gummilippe mit Saugnäpfen und einem Ablaufschlauch.

Wir haben uns für den Bayernlüfter entschieden. Dieser ist ursprünglich für die Verwendung im Haus, also in Massivbauwänden, vorgesehen. Bei Rücksprache mit dem Hersteller verwies dieser auf den Einsatz in Unimog-Expeditionsmobilen. Der Lüfter führt im Gegenstromverfahren Frischluft über einen Wärmeaustauscher zu und minimiert damit den Wärmeverlust laut Hersteller auf 10%. Unsere Erfahrungen nach 8 Monaten und 11.000 Kilometern:

  • Das Gerät (44x28x11,5 cm) wurde auf einer Aluminiumplatte angebracht, von außen sieht man im Blech nur zwei Rohröffnungen (siehe Foto).
  • Das Gerät befindet sich oberhalb des Bettbereiches. Bedenken hatten wir vor dem Einbau wegen des Luftstroms und des Geräusches. Doch der Luftstrom (bis 20 cbm pro Stunde) wurde von uns nicht als störend wahrgenommen und lässt sich stufenlos einstellen. Das leise Surrren (16 - 33 dbA) der beiden 12-V-Lüfter im gedämmten Kasten ist kaum wahrnehmbar.

Geliefert wird das Gerät mit einem Steckernetzteil (220V /12V). Den ersetzten wir durch ein Kabel mit 12V-Stecker. Der Hersteller teilte mit: »Das Gerät kann zwischen 10,5 bis 14,7 V betrieben werden.«

  • Bei einer Leistungsaufnahme von 1-4 W bei 12V saugt das Gerät in 12 Stunden weniger als 2 Ah aus der Batterie.
  • Mitte April setzten wir das Gerät im noch nicht gedämmten Sprinter erstmals ein, sieben Nächte beim Fernwehtreffen in Weeze. Morgens war draußen die Wiese weiß, innen waren die Wände trocken. Seither wurde der Wagen rund 6 Wochen zum Schlafen genutzt. In einigen wenigen Nächten kondensierte an den Fenstern etwas Wasser. Überfordert ist der Lüfter dagegen beim morgendlichen Wasserkochen für den dampfenden Kaffee bei geschlossenen Fenstern.

Zabex hat sehr ambitioniert den Bayernlüfter (eine alte Bauform) unter die Lupe genommen, gründlich gemessen und versucht nachzubauen, siehe hier: www.zabex.de/site/waermetauscher.html
Technische Angaben des Herstellers siehe https://www.bayernluft.de/de/intro.htm und http://www.bayernluft.de/de/Produktdatenblatt-BV-WRG-LC.htm

Ein behagliches Raumklima wird durch Lüften, Heizen und * Dämmung beeinflusst.


Die University of Applied Sciences and Arts, HAWK Hildesheim beschäftigt sich im Rahmen eines Forschungsprogramms mit dem Thema „Untersuchungen zum klimatischen Verhalten in Wohnmobilen“ (Prof. Dr.-Ing. Hans-Peter Leimer, Dipl.-Ing. Frank Stein)

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wiki/raumklima.txt · Zuletzt geändert: 2023/05/26 15:57 von norbert

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