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wiki:orientierung [2022/07/26 06:33] – [Die Geschichte der Orientierung] norbertwiki:orientierung [2024/01/20 12:37] (aktuell) – [Literatur] norbert
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 ====== Orientierung ====== ====== Orientierung ======
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   Wer mit Verstand und Studium irre geht,    Wer mit Verstand und Studium irre geht, 
   der macht überhaupt gar keine Irrwege,   der macht überhaupt gar keine Irrwege,
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   Wilhelm Heinrich Riehl, Wanderbuch (1869)   Wilhelm Heinrich Riehl, Wanderbuch (1869)
  
-Die Orientierung ist ein Teilsystem der [[wiki:navigation|Navigation]] wie auch +Die Orientierung im [[wiki:liste_raumvorstellungen|Raum]] ist ein Teilsystem der [[wiki:navigation|Navigation]] wie auch 
   * **[[wiki:Positionsbestimmung|Positionsbestimmung]]** des Standortes bezüglich anderer [[wiki:Landmarke|Landmarken]]   * **[[wiki:Positionsbestimmung|Positionsbestimmung]]** des Standortes bezüglich anderer [[wiki:Landmarke|Landmarken]]
   * **Zielsetzung**, also Wahl eines Zielortes oder einer Richtung mit unbekanntem Ziel   * **Zielsetzung**, also Wahl eines Zielortes oder einer Richtung mit unbekanntem Ziel
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   * **[[wiki:wegfindung|Wegfindung]]**, also Entscheidungen, die Routenplanung und [[wiki:wahrnehmung|Wahrnehmung]] harmonisieren.   * **[[wiki:wegfindung|Wegfindung]]**, also Entscheidungen, die Routenplanung und [[wiki:wahrnehmung|Wahrnehmung]] harmonisieren.
   * **[[wiki:monitoring|Monitoring]]** und [[wiki:verirren|Verirren]]   * **[[wiki:monitoring|Monitoring]]** und [[wiki:verirren|Verirren]]
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 +  * ''Basten, Kai''\\ //Orte – Routen – Karten.\\ Aufbau, Struktur und Gebrauch von Ortsrepräsentationen in der Raumkognition.//\\ 115 S. Dissertation, Institut für Neurobiologie, Universität, Tübingen 2010. [[https://d-nb.info/100330933X/34|Online]]
 +  * ''Schmauks, Dagmar''\\ //Kognitive und semiotische Ressourcen für die Wegfindung.//\\ Kognitionswissenschaft 7 (1998) 124–128. [https://doi.org/10.1007/s001970050064|[Online]].\\ Die Autorin untersucht wie kognitive Ressourcen (Wissen) und semiotische Ressourcen (Zeichen) bei der Wegfindung interagieren. Dabei wird die Zeichenklassifikation von ''Peirce'' angewandt zur Analyse von Orts- und Richtungsangaben in rund 250 Wegbeschreibungen.
 +  * ''Schmauks, Dagmar''\\ //Orientierung im Raum : Zeichen für die Fortbewegung.//\\ 144 S. Tübingen 2011: Stauffenburg.
 +  * ''Schmauks, Dagmar''\\ //Landkarten als synoptisches Medium.//\\ Zeitschrift für Semiotik 20.1-1 (1998) 244 (Aufsatzsammlung)
 +  * ''Schmauks, Dagmar''\\ //Orts- und Richtungsangaben in Wanderführern eine linguistische Analyse//\\  (= Universität des Saarlandes, 3) Saarbrücken 17 S. 
 +  * ''Schmauks, Dagmar''\\ //Spuren und Wege Information und Täuschung im Kontext der Fortbewegung.//\\ (=Universität des Saarlandes, 26) Saarbrücken 1998, 16 S. 
  
 ==== Richtung und Himmelsrichtungen ==== ==== Richtung und Himmelsrichtungen ====
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 Außerhalb des vertrauten Raums ist zunächst alles fremd, alles wird [[wiki:zwischenraum|Zwischenraum]]. Eine gegliederte [[wiki:liste_raumvorstellungen|Raumvorstellung]] und damit Orientierung entsteht: Außerhalb des vertrauten Raums ist zunächst alles fremd, alles wird [[wiki:zwischenraum|Zwischenraum]]. Eine gegliederte [[wiki:liste_raumvorstellungen|Raumvorstellung]] und damit Orientierung entsteht:
-  * räumlich durch die Sonne und die eigene Position, alles Andere ist relativ dazu: vorne, hinten, links und rechts. +  * Räumlich durch die Sonne und die eigene Position, alles Andere ist relativ dazu: vorne, hinten, links und rechts. 
-  * zeitlich in erster Linie durch den Sonnenaufgang. +  * Zeitlich in erster Linie durch den Sonnenaufgang
-Zur aufgehenden Sonne blickend ergibt sich zusammen mit dem Körper daraus eine Vorstellung von vier Himmelsrichtungen: Blickrichtung Sonnenaufgang (Morgen > Licht: ex oriente lux), rechts (Mittag), Rücken Sonnenuntergang (Abend), links (Mitternacht > dunkel), auch in den semitischen Sprachen bedeutete dasselbe Wort `Süd´ und `rechts´; selbst im Jakutischen bedeutet //ilin// Ost und `Vorderseite´, //aryā// bedeutet West und `Rücken´, //una// bedeutet Süd und `rechts´ ((Sitzungsberichte der Finnischen Akademie der Wissenschaften 1962, S. 166)). Die vier Hauptrichtungen (engl. cardinal directions) sind weltweit zu finden, werden jedoch oftmals ergänzt durch oben, unten und das Zentrum; das indische System ordnet 10 Dikpalas den vier Hauptrichtungen, vier Nebenrichtungen, oben unten und Zentrum zu. Auf der Nordhalbkugel beginnen diese Ordnungen im Osten und schreiten im Uhrzeigersinn fort - das scheint jedoch bisher niemand systematisch untersucht zu haben.+  * Die Fortbewegung (z. B. vorwärts, siehe -[[wiki:wärts|wärts]]) verbindet die eigene Position mit dem Ziel
 +Zur aufgehenden Sonne blickend ergibt sich zusammen mit dem Körper daraus eine Vorstellung von vier Himmelsrichtungen: 
 +  - Blickrichtung Sonnenaufgang (Morgen > Licht: ex oriente lux), 
 +  - rechts (Mittag),  
 +  - Rücken Sonnenuntergang (Abend),  
 +  - links (Mitternacht > dunkel)
 +In den semitischen Sprachen bedeutete dasselbe Wort `Süd´ und `rechts´; im Jakutischen bedeutet //ilin// Ost und `Vorderseite´, //aryā// bedeutet West und `Rücken´, //una// bedeutet Süd und `rechts´ ((Sitzungsberichte der Finnischen Akademie der Wissenschaften 1962, S. 166)), ebenso bei den Tuareg: dat-akal 'vorne' > Osten, defter akal 'hinten' > Westen, tezalge 'links' > Norden, aghil 'rechts' > Süden  ([[https://en.wikipedia.org/wiki/Body_relative_direction|Body relative direction]]) . Die vier Hauptrichtungen (engl. cardinal directions) sind weltweit zu finden, werden jedoch oftmals ergänzt durch oben, unten und das Zentrum (die eigene Position); das indische System ordnet 10 Dikpalas den vier Hauptrichtungen, vier Nebenrichtungen, oben unten und Zentrum zu. Auf der Nordhalbkugel beginnen diese Ordnungen im Osten und schreiten im Uhrzeigersinn fort - das scheint jedoch bisher niemand systematisch vergleichend untersucht zu haben, obwohl körperbezogene Begriffe und Metaphernimmer wieder im Zusammenhang mit Raumvorstellungen und dem Weltbild erscheinen, etwa //Umbilicus mundi// 'Nabel der Welt' und //Caput mundi// 'Haupt der Welt'.
  
-In der nordischen Mythologie personifizieren die vier Erdzwerge NorðriSuðri, Austri und Vestri diese Himmelsrichtungen und stützen derart angeordnet den Himmel (Lieder-Edda: Völuspá 11; Prosa-Edda: Gylfaginning 8 und 14; Skáldskaparmál 23; Þulur III 40)). Als Himmelsrichtungen verbinden sie sich mit [[wiki:weg|Wegen]] und werden zu [[wiki:routen|Routen]]die in bestimmte Weltgegenden führen wie //vestri leið//, //eystri leið// und der [[wiki:transkontinentale|transkontinentale]] [[wiki:Austrwegr|Austrwegr ]] durch die Kiewer Rus bis zum Schwarzen Meer (Byzanzund Kaspischem Meer (Daylam), siehe [[https://en.wikipedia.org/wiki/Viking_expansion#/media/File:Viking_Expansion.svg|Karte]]Vom Weg entlang der Küste nach Nordendem norðrvegr, lieh das Land Norwegen seinen NamenHeute bezeichnen auch alle romanischen Sprachen die Himmelsrichtungen mit den ursprünglich nordgermanischen Bezeichnungen.+  * ''Alexandr Podosinov''\\ //Oben und unten. Begriffe der Raumorientierung in antiken Texten.//\\ In: K. GeusM. Rathmann (Hg.): Vermessung der OikumeneMapping the Oecumene. Berlin 2013Walter de GruyterS. 5–23 
 +  * ''KuglerHartmut''\\ //Himmelsrichtungen und Erdregionen auf mittelalterlichen Weltkarten.//\\ S. 175–199 inGlauser, Jürg; Kiening, Christian (Hg.): Text-Bild-KarteKartographie der VormoderneFreiburg i. Br. 2007: Rombach 
 +  * ''Christian Julien Robin''\\ //À propos de Ymnt et Ymn: "nord" et "sud", "droite" et "gauche", dans les inscriptions de l'Arabie antique.//\\ S. 119-140 inFBriquel-Chatonnet, CFauveaudIGajda (Hg.): Entre Carthage et l'Arabie heureuse. Mélanges offerts à François Bron, Paris 2013: De Boccard. (= Orient et Méditerranée, 12)
  
-Die Nützlichkeit, mit Himmelsrichtungen die [[wiki:fortbewegung|Fortbewegung]] im Raum zu beschreiben, unterliegt jedoch geographischen Bedingungen - die Sichtweise hängt dann vom Standpunkt ab und bestimmt die Begriffe ((''Spengler, Oswald''\\ //Reden und Aufsätze.// München 1937: C. H. Beck, S. 171-174)). Vier Himmelsrichtungen sind sinnvoll im Zentrum eines ausgedehnten Festlandes, denn am Rande und mit dem Meer im Rücken genügen drei Himmelsrichtungen für die Orientierung auf dem Land. In Ägypen gab es zwei Hauptrichtungen aufwärts und abwärts entlang des Nils, ebenso auf der Vulkaninsel Hawaii für hinauf und hinab. Die seefahrenden Völker im Mediterraneum entwickelten dagegen die Windrose mit insgesamt 12 Haupt- und Nebenrichtungen, die durch den Namen typischer Winde bezeichnet wurde ((siehe [[https://de.wikipedia.org/wiki/Windrose|Windrose]] in Wikipedia)). ''Karl der Große'' (747 bis 814) führte für sein ausgedehntes Reich das lateinische und das germanische System zusammen ((//Einhardi vita Caroli Magni//, 29: »tem venos duodecim propriis appellationibus insignivit; cum prius non amplius quam vix quattuor ventorum vocabula possent inveniri.\\ Ventis vero hoc modo nomina imposuit, ut Subsolanum vocaret Ostronivint, Eurum Ostsundroni, Euroaustrum Sundostroni, Austrum Sundroni, Austroafricum Sundwestroni, Africum Westsundroni, Zefyrum Westroni, Chorum Westnordroni, Circium Nordwestroni, Septemtrionem Nordroni, Aquilonem Nordostroni, Vulturnum Ostnordroni.«)):+In der nordischen Mythologie personifizieren die vier Erdzwerge Norðri, Suðri, Austri und Vestri diese Himmelsrichtungen und stützen derart angeordnet den Himmel (( Lieder-Edda: Völuspá 11; Prosa-Edda: Gylfaginning 8 und 14; Skáldskaparmál 23; Þulur III 40)). Als Himmelsrichtungen verbinden sie sich mit [[wiki:weg|Wegen]] und werden zu [[wiki:routen|Routen]], die in bestimmte Weltgegenden führen wie //vestri leið//, //eystri leið// und der [[wiki:transkontinentale|transkontinentale]] [[wiki:Austrwegr|Austrwegr ]] durch die Kiewer Rus bis zum Schwarzen Meer (Byzanz) und Kaspischem Meer (Daylam), siehe [[https://en.wikipedia.org/wiki/Viking_expansion#/media/File:Viking_Expansion.svg|Karte]]. Vom Weg entlang der Küste nach Norden, dem //norðrvegr//, lieh das Land Norwegen seinen Namen. Heute bezeichnen auch alle romanischen Sprachen die Himmelsrichtungen mit den ursprünglich nordgermanischen Bezeichnungen. Ein Zusammenhang mit Farben ist nicht festzustellen, existiert jedoch im asiatischen Raum (chinesisch, tibetisch, indisch). 
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 +Die Nützlichkeit, mit Himmelsrichtungen die [[wiki:fortbewegung|Fortbewegung]] im Raum zu beschreiben, unterliegt jedoch geographischen Bedingungen - die Sichtweise hängt dann vom Standpunkt ab und bestimmt die Begriffe ((''Spengler, Oswald''\\ //Reden und Aufsätze.// München 1937: C. H. Beck, S. 171-174)). Vier Himmelsrichtungen sind sinnvoll im Zentrum eines ausgedehnten Festlandes, denn am Rande und mit dem Meer im Rücken genügen drei Himmelsrichtungen für die Orientierung auf dem Land. In Ägypen gab es zwei Hauptrichtungen aufwärts und abwärts entlang des Nils, ebenso auf der Vulkaninsel Hawaii für hinauf und hinab. Zentren und Richtungen als Orientierungsachsen bei den Makassar auf Sulawesi im malaiischen Archipel dienen gleichermaßen zur Orientierung im Haus, in der Landschaft und im Makrokosmos ((''Rössler, Martin''\\ //Landkonflikt und politische Räumlichkeit: Die Lokalisierung von Identität und Widerstand in der nationalen Krise Indonesiens.//\\ In: Brigitta Hauser-Schäublin und Michael Dickhardt (Hg.): Kulturelle Räume – räumliche Kultur. Zur Neubestimmung des Verhältnisses zweier fundamentaler Kategorien menschlicher Praxis, S. 171–220. Münster 2003: Lit, hier S. 189–191)). 
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 +  * ''Christoph Winter''\\ //Kompass der Nordfriesen. Sprachliche Kodierung absoluter Orientierung am Beispiel der Himmelsrichtungen und Richtungspartikeln im Nordfriesischen.//\\ DissChristian-Albrechts-Universität zu Kiel. (=Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik. Beihefte, 194559 S. 39+52 Ill. Stuttgart 2023Franz Steiner.
  
 ==== Himmelsrichtungen nach den Winden ==== ==== Himmelsrichtungen nach den Winden ====
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 +Die seefahrenden Völker im Mediterraneum entwickelten dagegen die Windrose mit insgesamt 8 (12 oder 16) Haupt- und Nebenrichtungen, die durch den Namen typischer Winde bezeichnet wurde ((siehe [[https://de.wikipedia.org/wiki/Windrose|Windrose]] in Wikipedia)). ''Karl der Große'' (747 bis 814) führte für sein ausgedehntes Reich das lateinische und das germanische System zusammen ((//Einhardi vita Caroli Magni//, 29: »tem venos duodecim propriis appellationibus insignivit; cum prius non amplius quam vix quattuor ventorum vocabula possent inveniri.\\ Ventis vero hoc modo nomina imposuit, ut Subsolanum vocaret Ostronivint, Eurum Ostsundroni, Euroaustrum Sundostroni, Austrum Sundroni, Austroafricum Sundwestroni, Africum Westsundroni, Zefyrum Westroni, Chorum Westnordroni, Circium Nordwestroni, Septemtrionem Nordroni, Aquilonem Nordostroni, Vulturnum Ostnordroni.«)):
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 ^ PIE ((Proto-Indo-Europäische Wurzel)) ^ ^ Heute ^Griech. ^ Latein ^ Germanisch ^ Windrose ^ Arabisch ^ Indisch ((Lokpala: Himmelsrichtung)) ^ ^ PIE ((Proto-Indo-Europäische Wurzel)) ^ ^ Heute ^Griech. ^ Latein ^ Germanisch ^ Windrose ^ Arabisch ^ Indisch ((Lokpala: Himmelsrichtung)) ^
 | *aus-\\ leuchten ^ O | Ost | Apheliótes\\ ἀφηλιώτης | Subsolanum | Ostronivint| Levante | شرق Ash\\ Sharq | Indra:\\ pūrva | | *aus-\\ leuchten ^ O | Ost | Apheliótes\\ ἀφηλιώτης | Subsolanum | Ostronivint| Levante | شرق Ash\\ Sharq | Indra:\\ pūrva |
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   * nach Westen fließen die Loire und die meisten iberischen Flüsse außer dem Ebro;    * nach Westen fließen die Loire und die meisten iberischen Flüsse außer dem Ebro; 
   * nach Norden fließen alle Flüsse zwischen Dwina (Russland) und Seine (Frankreich) und münden ins Polarmeer, in die Ostsee und in die Nordsee.   * nach Norden fließen alle Flüsse zwischen Dwina (Russland) und Seine (Frankreich) und münden ins Polarmeer, in die Ostsee und in die Nordsee.
 +    * ''Prideaux, Bruce'' & ''Cooper, Malcom'' (Hg.)\\ //River tourism.//\\ Wallingford 2009: CABI
 +    * ''Rhoden, Steven'', Kaaristo, Maarja\\ //Liquidness: Conceptualising Water Within Boating Tourism.//\\ Annals of Tourism Research, 81 (2020) [[https://doi.org/10.1016/j.annals.2019.102854|DOI]] 
 +    * ''Vallerani Francesco'', ''Visentin Francesco'' (Hg.)\\ //Waterways and the cultural landscape.//\\ London 2018: Routledge.
 +    * ''Kaaristo, Maarja'', ''Rhoden, Steven''\\ //Everyday Life and Water Tourism Mobilities: Mundane Aspects of Canal Travel.//\\ Tourism Geographies, 19.1 (2017) 78-95.
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 Migrationen, die den Flüssen folgen, folgen in Europa daher auch den Himmelsrichtungen. Auf lange Sicht gesehen, führten dabei zwei Richtungen in Sackgassen: Migrationen, die den Flüssen folgen, folgen in Europa daher auch den Himmelsrichtungen. Auf lange Sicht gesehen, führten dabei zwei Richtungen in Sackgassen:
   * in den Norden, weil es mit dem //Nordkap// einen eindeutig nördlichsten Ort gibt;   * in den Norden, weil es mit dem //Nordkap// einen eindeutig nördlichsten Ort gibt;
   * in den Westen, weil es mit dem //Cap Finisterre// einen westlichsten Ort gibt, der auf dem Landweg zu erreichen ist, vergleichbar mit dem südwestlichsten, dem Cabo de São Vicente am Ponta de Sagres, und  Land’s End in Cornwall, dem westlichsten Punkt Englands.   * in den Westen, weil es mit dem //Cap Finisterre// einen westlichsten Ort gibt, der auf dem Landweg zu erreichen ist, vergleichbar mit dem südwestlichsten, dem Cabo de São Vicente am Ponta de Sagres, und  Land’s End in Cornwall, dem westlichsten Punkt Englands.
   * ''Callaghan, R., Scarre, C.''\\ //Biscay and Beyond? Prehistoric Voyaging between two Finisterres.//\\ Oxford Journal of Archaeology, 36 (2017) 355–373 [[https://doi.org/10.1111/ojoa.12119|DOI]]   * ''Callaghan, R., Scarre, C.''\\ //Biscay and Beyond? Prehistoric Voyaging between two Finisterres.//\\ Oxford Journal of Archaeology, 36 (2017) 355–373 [[https://doi.org/10.1111/ojoa.12119|DOI]]
-  * ''Simon Schama''\\ //Der Traum von der Wildnis. Natur als Imagination//.\\ 704 S. München 1996: Kindler. [[http://bvbr.bib-bvb.de:8991/exlibris/aleph/a23_1/apache_media/QEFH8LQPP4SUVD4M7Q5DFAKHRMHEX6.pdf |Inhalt]].\\ Im Vorwort Gedanken über die Rolle von Flüssen in der europäischen Expansion.+  * ''P. Nymoen''\\ //Boats for Rivers and Mountains. Sources for New Narratives about River Travel?//\\ The International Journal of Nautical Archaeology 37 (2008) 3–16. 
 +  * ''Simon Schama''\\ //Der Traum von der Wildnis. Natur als Imagination//.\\ 704 S. München 1996: Kindler. [[http://bvbr.bib-bvb.de:8991/exlibris/aleph/a23_1/apache_media/QEFH8LQPP4SUVD4M7Q5DFAKHRMHEX6.pdf |Inhalt]].\\ Im Vorwort Gedanken über die Rolle von Flüssen in der europäischen [[wiki:expansion|Expansion]].
 Dass man an den Enden der [[wiki:welt|Welt]] jedoch festen Boden verließ, Segel setzte und losfuhr in die [[wiki:leere|Leere]], dem [[wiki:horror vacui|horror vacui]] entgegen, war eher nicht absehbar. Manchmal ist eben etwas Druck nötig. ''Erik der Rote'' musste Norwegen und Island verlassen wegen seiner Morde, fuhr also dorthin, wo ihn niemand kannte. Dass man an den Enden der [[wiki:welt|Welt]] jedoch festen Boden verließ, Segel setzte und losfuhr in die [[wiki:leere|Leere]], dem [[wiki:horror vacui|horror vacui]] entgegen, war eher nicht absehbar. Manchmal ist eben etwas Druck nötig. ''Erik der Rote'' musste Norwegen und Island verlassen wegen seiner Morde, fuhr also dorthin, wo ihn niemand kannte.
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 +  * ''Freud, Sigmund''\\ //„Unser Herz zeigt nach dem Süden“. Reisebriefe 1895-1923.//\\ Herausgegeben von Christfried Tögel unter Mitarbeit von Michael Molnar. 422 S. Ill., Kt. Bibl. S. 399 - 408 Berlin 2002: Aufbau
 +  * ''Hormuth, Dennis'', ''Maike Schmidt''\\ //Norden und Nördlichkeit: Darstellungen vom Eigenen und Fremden.//\\ 219 S. (=Imaginatio borealis, 21) Frankfurt am Main 2010: Lang.
 +  * ''Dieter Richter''\\ //Der Süden. Geschichte einer Himmelsrichtung.//\\ 218 S. Literaturverz. S. 209-213 Berlin 2009: Wagenbach.
  
 Während im Norden und Westen lange Zeit nur das [[wiki:das_ende_der_welt|das Ende der Welt]] zu finden war, wurden Süden und Osten zu Zielen der [[wiki:sehnsucht|Sehnsucht]]; wurden [[wiki:das_bild_afrikas|Afrika]] und [[wiki:Das Bild des Orients|Orient]] zu Räumen der [[wiki:phantasie|Phantasie]], wurden in der Vorstellung zu einem [[wiki:weites_land|weiten Land]] und bildeten [[wiki:weisse_flecken|weiße Flecken]] in Vorstellungen und auf [[wiki:kartographie|Landkarten]].\\  Während im Norden und Westen lange Zeit nur das [[wiki:das_ende_der_welt|das Ende der Welt]] zu finden war, wurden Süden und Osten zu Zielen der [[wiki:sehnsucht|Sehnsucht]]; wurden [[wiki:das_bild_afrikas|Afrika]] und [[wiki:Das Bild des Orients|Orient]] zu Räumen der [[wiki:phantasie|Phantasie]], wurden in der Vorstellung zu einem [[wiki:weites_land|weiten Land]] und bildeten [[wiki:weisse_flecken|weiße Flecken]] in Vorstellungen und auf [[wiki:kartographie|Landkarten]].\\ 
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 Sich am Sonnenstand zu orientieren, setzt also Erfahrung und [[wiki:wissen|Wissen]] voraus und an den meisten Tagen im Jahr auch noch Mathematik. Dies ergibt eine [[wiki:weltbild|Vorstellung]] (innere Karte), eine [[wiki:weg|Wegbeschreibung]] im Gespräch mit anderen und eine [[wiki:kartographie|Landkarte]], um das Wissen zu speichern. Sich am Sonnenstand zu orientieren, setzt also Erfahrung und [[wiki:wissen|Wissen]] voraus und an den meisten Tagen im Jahr auch noch Mathematik. Dies ergibt eine [[wiki:weltbild|Vorstellung]] (innere Karte), eine [[wiki:weg|Wegbeschreibung]] im Gespräch mit anderen und eine [[wiki:kartographie|Landkarte]], um das Wissen zu speichern.
  
-Dass Karten nicht mehr geostet wurden wurdenist der Kompassnadel zu verdanken, die sich in Nord-Süd-Richtung  ausrichtet. Daher wurden in China die Karten gesüded, in Europa genorded. In [[wiki:europa|Europa]] nutzte man die Kompassnadel etwa ab 1200die Konvention Karten zu norden, setzte sich aber erst in der Neuzeit bis zum 17. Jahrhundert durch.+Dass Karten nicht mehr geostet wurden wurden ist der Kompassnadel zu verdanken, die sich in Nord-Süd-Richtung  ausrichtet. Daher wurden in China und im arabischen Raum die Karten gesüded, in Europa genorded. In [[wiki:europa|Europa]] nutzte man die Kompassnadel etwa ab 1200. Zum Ende des [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 12. Jahrhundert|13. Jahrhunderts]] kombinierte man die bereits lange bekannte Windrose mit dem Kompass. Dadurch wurden die Segelanweisungen nicht mehr in Textform ([[wiki:periplus|Periplus]], Portolan) sondern als Portolankarte mit Richtungsnetzen gespeichert. Die Konvention Karten zu norden, setzte sich langsam bis zum [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 17. Jahrhundert|17. Jahrhundert]] durch.
  
-=== Literatur === +==== Orientierung Vermessung ====
-  * ''Beöthy, Erzsébet''\\ //Die Bezeichnungen für Himmelsrichtungen in finnisch-ugrischen [[wiki:sprachen|Sprachen]].//\\ Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 1967. XXXII, 241 S. The Hague: Mouton. +
-  * ''Cao, Yong''\\ //Zur Darstellung und Verarbeitung von [[wiki:wissen|Wissen]] über Himmelsrichtungen. Geometrische und kognitionswissenschaftliche Aspekte.//\\ Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 1992. 198 S. Sankt Augustin Infix 1993 +
-  * ''Michael Fortescue''\\ Eskimo Orientation System. Meddelelser om Grønland, Man Society 11. 30 S. Kopenhagen 1988: Nyt Nordisk. +
-  * ''Hormuth, Dennis'', ''Maike Schmidt''\\ //Norden und Nördlichkeit: Darstellungen vom Eigenen und Fremden.//\\ 219 S. (=Imaginatio borealis, 21) Frankfurt am Main 2010: Lang. +
-  * ''Manfred Krebernik''\\ //Zu den georgischen Bezeichnungen der Himmelsrichtungen//.\\ In: Georgic, 24 (2001) 74-76 [[https://doi.org/10.11588/propylaeumdok.00001347 |DOI]].\\ Verweist auf die besondere Bedeutung des `Südens´, etymologisch abgeleitet von `zur Seite neigen´  ebenso wie im Arabischen, also den höchsten Stand der Sonne überschritten im Sinne von Mittag > Mitte des Tages +
-  * ''Georg Kreis''\\ //Himmelsrichtungen//.\\ S. 219-226 in: Boer, Pim den: Europäische Erinnerungsorte 1: Mythen und Grundbegriffe des europäischen Selbstverständnisses. München 2012: Oldenbourg. [[https://www.degruyter.com/document/doi/10.1524/9783486704204.219/pdf|Online]] +
-  * ''Lettau, Reinhard''\\ //Zur Frage der Himmelsrichtungen.//\\ 84 S. München 1988: Carl Hanser Verlag. +
-  * ''Maurmann, Barbara''\\ //Die Himmelsrichtungen im [[wiki:weltbild|Weltbild]] des Mittelalters: ''Hildegard von Bingen'', ''Honorius Augustodunensis'' und andere Autoren.//\\ Zugl.: Münster, Univ., 12, 216 S. (= Münstersche Mittelalter-Schriften, 33) Diss. München 1976: Fink. [[https://mdz-nbn-resolving.de/bsb00051031|Online]]  +
-  * ''Dieter Richter''\\ //Der Süden. Geschichte einer Himmelsrichtung.//\\ 218 S. Literaturverz. S. 209-213 Berlin 2009: Wagenbach. +
-  * ''Schimmang, Jochen''\\ //Himmelsrichtungen//\\ Merkur März 1993, 47. Jahrgang, Heft 528, pp 260-267 +
-  * ''Wehrle, Hugo''\\ //Die deutschen Namen der Himmelsrichtungen und Winde.//\\ Diss. Freiburg i.B. 75 S. Strassburg, 1905. +
- +
-=== Literatur === +
-  * ''Buchroithner, Manfred F.''\\ //Cogito ubi sum: ein Plädoyer für gute, aktuelle Gebirgskarten und deren Benutzung.//\\ Kartographische Nachrichten 62.1 (2012) 16-19. +
-  * ''Piotr Heller''\\ [[https://www.faz.net/-ibq-a2u7a|Das Labyrinth im Kopf]]. FAZ 12.09.2020 +
-  * ''Heth, C. D. & Cornell, E. H.''\\ //Characteristics of travel by persons lost in Albertan [[wiki:wildnis|wilderness]] areas//\\   Journal of Environmental Psychology 1998, 18, 223–235 +
-  * ''Kenneth Hill''\\ //Lost Person Behavior//\\ National Search and Rescue Secretariat of Canada, Ottawa 1998 +
-  * ''Kenneth A. Hill''\\ //Cognition in the woods: Biases in probability judgements by search and rescue planners//\\ Judgment and Decision Making, Vol. 7, No. 4, July 2012, S. 488–498 +
- +
-==== Die Geschichte der Orientierung ====+
 Die Notwendigkeit sich in der Natur orientieren zu müssen führte unter anderem Die Notwendigkeit sich in der Natur orientieren zu müssen führte unter anderem
 +  * über die Beobachtung der Natur zur Geographie
   * über das Orientieren am Stand von Sonne, Mond und Sternen zur Astronomie;   * über das Orientieren am Stand von Sonne, Mond und Sternen zur Astronomie;
   * über das Messen von Punkten, Flächen, Längen und Richtungen zur Vermessung;   * über das Messen von Punkten, Flächen, Längen und Richtungen zur Vermessung;
   * über das systematische Speichern der erfassten Informationen zur [[wiki:kartographie|Kartographie]].   * über das systematische Speichern der erfassten Informationen zur [[wiki:kartographie|Kartographie]].
-[[wiki:stab#Der Stab als Werkzeug der Informationstechnik|Meßstab und Meßseil]] als älteste technische Hilfsmittel des Vermessers ermöglichen das Bestimmen +Ausgehend von [[wiki:stab#Der Stab als Werkzeug der Informationstechnik|Meßstab und Meßseil]] als ältesten technischen Hilfsmitteln des Vermessers bestimmte man 
-  * von Himmelsrichtungen mittels //Indischem Kreis//, +  * Himmelsrichtungen mittels //[[https://de.wikipedia.org/wiki/Indischer_Kreis|Indischem Kreis]]// > Kompass
-  * von Breitengraden mittels Schattenlänge,  +  * Breitengraden mittels Schattenlänge ([[https://de.wikipedia.org/wiki/Gnomon|Gnomon]]) > [[https://de.wikipedia.org/wiki/Jakobsstab|Jakobsstab]] > [[ https://archive.org/details/voyagesandworks00wriggoog/page/n458|Davis-Quadrant]] > [[https://de.wikipedia.org/wiki/Quadrant_(Astronomie)|Quadrant]] > [[https://de.wikipedia.org/wiki/Sextant|Sextant]],  
-  * von rechten Winkeln mittels //Ägyptischem Dreieck//+  * rechte Winkeln mittels Messseil ((gr. stremma ' Seil' und Flächeneinheit; sanskrit Çulva 'Seil' und Linie (Çulva sutra : Vorschriften zur Seilspannung > Vermessung); sumer. tim 'Seil' und Linie; ägypt. tm 'rechter Winkel':\\ ''Cantor, Moritz''\\ //Über die älteste indische Mathematik.//\\ Archiv der Mathematik und Physik. 3.8 (1905) 63-72.)), [[https://de.wikipedia.org/wiki/Zw%C3%B6lfknotenschnur|12-Knoten-Schnur]] > //[[https://doi.org/10.1007/978-3-322-90913-8_2|Ägyptisches Dreieck]]//
-Die dazu nötigen Fähigkeiten machen den Landvermesser auch zum Kundschafter und zum Geographen bei der Erkundung neuer [[wiki:landschaft|Landschaften]]: Aufgaben, wie sie später die [[wiki:bematisten|Bematisten]] von ''Alexander dem Großen'' wahrnahmen. Diese waren Kundschafter und [[wiki:bote|Boten]], Vermesser und Schreibersowie hervorragende Läufer. Die Technik der Landvermessung wurde erforderlich mit Ackerbau und Sesshaftigkeit als es nötig wurde, fruchtbaren Boden zu verteilen. Im Raum des fruchtbaren Halbmonds zwischen Persischem Golf bis zum nördlichen Ägypten erfordert Ackerbau meist künstliche Bewässerung. Die Landflächen entlang der Flüsse zu verteilen erforderte Wissen und Technik und verhalf diesen damit zur Macht über andere. Fruchtbare Ackerflächen bedeuteten Nahrung und damit Leben. +  * Entfernungen mit dem [[https://www.didaktik.mathematik.uni-wuerzburg.de/history/pantometrum/funktionsweise.html|Pantometrum]] > [[wiki:hodometer|Hodometer]], 
-  * Das Abmessen und Zuteilen unerschlossener Landflächen (tap-tû-ú, taptû `Neubruchland´) ((''Spar, Ira'', ''Eva von Dassow'', ''Wilfred G. Lambert''//Cuneiform Texts in the Metropolitan Museum of Art: Private archive texts from the first millennium BC.// Vol. 3. Metropolitan museum of art, 1988, S. 21.\\ ''Wunsch, Cornelia''//Das Egibi-Archiv. I. Die Felder und Gärten.// Cuneiform Monographs, 20. xxxii, 305 S. Groningen 2000: Sytx. )) war im Zweistromland bis etwa 1200 BC gleichbedeutend mit Macht und göttlichen Kräften; danach war das fruchtbare Land verteilt. Das Werkzeug des Feldmessers  - [[wiki:stab#Der Stab als Werkzeug der Informationstechnik|Stab und Seil]] - war Attribut der ältesten Stadtgötter (z.B. Bel-Marduk in Babylon) und zeigten damit die Macht des [[wiki:wissen|Wissens]]. +  * Tiefen mit dem Lot, 
-  * Möglicherweise davon abgeleitet ist der griechische Begriff [[wiki:liste_raumvorstellungen#Die Fläche: locus & topos|topos]] `Fläche´. Für einen solchen Zusammenhang sprechen im Griechischen abgeleitete Begriffe wie //τοπάζω// `hinzielen´ und //τοπεῖον// `Tau, Seil´. +  * Zeit etwa mittels [[https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Zeitmessger%C3%A4te|Sonnenuhr oder Sanduhr]]. 
-  * Die Hieroglyphe //ankh// steht für die drei Konsonanten Ꜥ-n-ḫ mit Ꜥ als stimmhaftem pharyngalem Frikativ (k-ch), n wie das n im Deutschen und ḫ als stimmlosen oder stimmhaften velaren Frikativ (ein Laut zwischen g, r und ch). Die Buchstabenkombination erscheint in den Begriffen für Nahrung, lebensspendend, gesund ((''Allen, James P.''\\ //Middle Egyptian: An Introduction to the Language and Culture of Hieroglyphs//.\\ 2014 Cambridge University Press.)), Spiegel, Blumenstrauß und schließlich auch für einen aufgerollten Seilring (um 2050–1650 BC) ((''Gardiner, Alan''\\ //Life and Death (Egyptian).// S. 20 in: Hastings, James (Hg.): The Encyclopedia of Religion and Ethics. Vol. VIII 1915.)) Die ältesten Darstellungen des ankh-Zeichens finden sich zwischen dem 30. und 29. Jahrhundert BC in der ersten Dynastie. +  * → Ausstellungsliste [[wiki:ausstellungsliste_schiff_meer#Navigation|Schiff & Meer]] 
-  * Möglicherweise von ankh abgeleitete ist das berberische //[[wiki:tasagalt|tasagalt]]//, das auch als Mittel zur Orientierung gedeutet wird.+Die dazu nötigen Fähigkeiten verbanden Landvermesser mit Kundschaftern und Geographen bei der Erkundung neuer [[wiki:landschaft|Landschaften]]. Die [[wiki:bematisten|Bematisten]] von ''Alexander dem Großen'' waren Kundschafter und [[wiki:bote|Boten]], Vermesser und Schreiber sowie hervorragende Läufer.\\ Die Technik der Landvermessung ([[https://de.wikipedia.org/wiki/Harpedonapten|Harpedonapten]] in Ägypten ) entstand mit Ackerbau und Sesshaftigkeit als es nötig wurde, fruchtbaren Boden zu verteilen. Vom Raum des fruchtbaren Halbmonds zwischen Persischem Golf bis zum nördlichen Ägypten erfordert Ackerbau meist künstliche Bewässerung. Die begrenzten Landflächen entlang der Flüsse zu verteilen erforderte Wissen und Technik und verhalf diesen damit zur Macht über andere. Fruchtbare Ackerflächen bedeuteten Nahrung und damit Leben. 
 +  * Das Abmessen und Zuteilen unerschlossener Landflächen (tap-tû-ú, taptû `Neubruchland´) ((''Spar, Ira'', ''Eva von Dassow'', ''Wilfred G. Lambert''\\ //Cuneiform Texts in the Metropolitan Museum of Art: Private archive texts from the first millennium BC.//\\ Vol. 3. Metropolitan museum of art, 1988, S. 21.\\ ''Wunsch, Cornelia''\\ //Das Egibi-Archiv. I. Die Felder und Gärten.//\\ Cuneiform Monographs, 20. xxxii, 305 S. Groningen 2000: Sytx. )) war im Zweistromland bis etwa 1200 BC gleichbedeutend mit Macht und göttlichen Kräften; danach war das fruchtbare Land verteilt. Das Werkzeug des Feldmessers  - [[wiki:stab#Der Stab als Werkzeug der Informationstechnik|Stab und Seil]], kippatu und hattu - war Attribut der ältesten Stadtgötter (z.B. Bel-Marduk in Babylon) und zeigte damit die Macht des [[wiki:wissen|Wissens]]. 
 +    * Möglicherweise von //taptû// abgeleitet ist der griechische Begriff τόπος [[wiki:liste_raumvorstellungen#Die Fläche: locus & topos|topos]] `Fläche´. Für einen solchen Zusammenhang sprechen abgeleitete griechische Begriffe wie //τοπάζω// `hinzielen´ und //τοπεῖον// `Tau, Seil´. 
 +  * Die ägyptische Hieroglyphe //ankh// steht für die drei Konsonanten Ꜥ-n-ḫ ((mit Ꜥ als stimmhaftem pharyngalem Frikativ (k-ch), n wie das n im Deutschen und ḫ als stimmlosen oder stimmhaften velaren Frikativein Laut zwischen g, r und ch )). Diese Buchstabenkombination erscheint in den Begriffen für Nahrung, lebensspendend, gesund ((''Allen, James P.''\\ //Middle Egyptian: An Introduction to the Language and Culture of Hieroglyphs//.\\ 2014 Cambridge University Press.)) sowie für einen aufgerollten Seilring (um 2050–1650 BC) ((''Gardiner, Alan''\\ //Life and Death (Egyptian).//\\ S. 20 in: Hastings, James (Hg.): The Encyclopedia of Religion and Ethics. Vol. VIII 1915.)) Die ältesten Darstellungen des ankh-Zeichens finden sich zwischen dem 30. und 29. Jahrhundert BC in der ersten Dynastie; es wird ebenso getragen wie im Zweistromland
 +    * Möglicherweise von //ankh// abgeleitet ist das berberische //[[wiki:tasagalt|tasagalt]]//, das auch als Mittel zur Orientierung gedeutet wird.
  
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 +=== Natürliche Orientierung der Menschen === 
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