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wiki:kochen_und_essen

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Kochen und Essen

Nutzer eines touristischen Systems - also Clubreisende ebenso wie Backpacker in ihren Hostels - sind nach dem ersten Blick in die Speisekarte gut dran, aber die wenigsten entkommen Montezumas Rache. Über die Ursachen kann man spekulieren, doch scheint Undefinierbares aus der Garküche am Straßenrand besser bekömmlich zu sein als Vertrautes aus dem Warmhaltewasserbad.

Reisende, die unterwegs keine Probleme mit dem Essen haben, sind vermutlich

  • Genießer, die ihre Reiseziele nach kulinarischen Aspekten ausssuchen.
  • Allesverwerter, weil es im Magen bekanntlich dunkel ist.
  • Asketen (»Hungerhaken«), bei denen auch Wasser ein Völlegefühl erzeugt.
  • Kreativköche, die aus wenig viel machen können.
  • Minimalisten, die von der Hand in den Mund leben und nur einen Beutel Proviant mit sich tragen.

Dass der Appetit beim Essen kommt, ist unterwegs nur eingeschränkt richtig. Da entscheiden zuerst die Augen, dann die Nase und schließlich die Einstellung. Eine »Wißbegierde der Zunge« empfahl der Autor seinen Volksgenossen für kulinarische Ausflüge in sozialistische Länder bis nach Vietnam und Kuba:

Hans Frosch
Zu Gast in anderen Ländern
160 S. Verlag für die Frau DDR Leipzig 1978

Küchentechnische Bedingungen

Auf Selbstversorgung angewiesen sind alle Reisenden außerhalb touristischer Strukturen. Ihre Möglichkeiten ergeben sich aus der Schnittmenge von:

Mit dem ganz kleinen Besteck müssen nicht-motorisierte Reisende klarkommen:

Wolfgang Uhl
Handbuch für die Rucksackküche
Kochausrüstung, Verpflegung, Rezepte für Wanderer, Bergsteiger, Trekker, 
Camper, Abenteurer, Rad- und Motorradfahrer
Stuttgart 1992: Pietsch

Fernmobilreisende verfügen zwar über größere Vorräte und mehr Kochutensilien, stehen jedoch vor den gleichen grundlegenden Problemen und deren Lösungen unterwegs:

  • Es gibt nichts zu essen, also muss man Vorräte mitführen.
  • Die vertrauten Speisen gibt es nicht, also muss man vorher lernen diese selber zuzubereiten.
  • Das was es gibt, kennt man nicht, also muss man sich diese Zutaten und Speisen vertraut machen, möglichst vor der Reise.
  • Es gibt nicht immer alles, also kauft man Lebensmittel, die jedoch gelagert und konserviert werden müssen.
  • Lebensmittel und Speisen sind unbekannt, also braucht es Freude am Probieren.

Ansätze zur mobilen Selbstversorgung

One-Pot-Cooking

Alle Zutaten eines Gerichts werden in einen Topf gegeben und gemeinsam in einer bestimmten Zeit gegart. Die Autoren haben die Zutaten nach Garzeiten und Wassermenge entwickelt, daher ist es wichtig, diese Mengen und Zeiten genau einzuhalten, damit aus den Nudeln keine Suppe wird. Dafür benötigt man nur einen Topf und die Mahlzeit ist in weniger als 30 Minuten auf dem Tisch. Die Kompositionsmethode lässt sich jedoch übertragen, der Zutatenbaukasten besteht aus:

  • Pasta
  • Flüssigkeit: Wasser, Wein, Brühe
  • Geschmacksträgern wie Knoblauch, Schalotten, Zwiebeln, Tomatenmark, Selleriepüree
  • Gewürzen & Kräutern, die eine Geschmacksrichtung unterstützen wie Curry, Dill, Rosmarin
  • Kräftige Proteinzutaten wie Fisch, Speck, Pilze, Käse, Gorgonzola
  • Zutaten für die cremige Konsistenz: Olivenöl, Sahne, Butter, Joghurt, zerquetschte Kartoffel, Gemüsepaste
  • Knackige Kohlehydrate: Erbsen, Fenchel, Möhren, Nüsse, Cashew-Kerne
Sabrina Fauda Rôle
One Pot Pasta: Schnelle Nudelgerichte aus einem Topf
70 S. Ostfildern : Jan Thorbecke Verlag, 2017  

Urlaubsküche

Motorisiert Reisende verfügen über größere Vorräte und über ein breiteres Equipment:

Katharina Bodenstein, Jutta Schneider
Urlaubsküche. Die besten Rezepte für Wohnmobil, Camping, Hütte und Boot
Baden: AT Verlag 2007
144 Seiten, durchgehend farbig mit zahlreichen Fotos

Was kann man unterwegs kochen, ohne Kühlschrank, auf ein bis zwei Flammen und mit minimaler Kochausrüstung? Diesem Ansatz folgend werden rund 100 Rezepte beschrieben und meist fotografisch vorgestellt. Zu vielen Rezepten werden Varianten genannt, so daß mit einem Minimum an Zutaten möglichst viele Gerichte gekocht werden können. So wird das Omelett italienisch als Kräuter-Frittata, als spanische Tortilla oder griechisch beschrieben, es gibt Hinweise auf ländertypische Gewürze und Kräuter, etwa das nordafrikanische Zatar. Die verbreitetsten Beeren, Pilze und Kräuter werden vorgestellt, so daß man in Kroatien nach der wilden Rauke, in Dalmatien nach dem Salbei oder in Korsika nach der Minze Ausschau halten kann.
Seite für Seite merkt man, daß erfahrene Praktiker das Buch verfaßt haben und auf eine langjährige Reiseerfahrung zurückgreifen. So erhält man Bezugsquellen für den Dutch oven, den Hinweis auf kompostierbares Palmblattgeschirr oder lernt den »Abschüttdeckel« für den Kochtopf kennen, der das Sieb ersetzt.
Die Bedürfnisse von Kindern sind immer wieder berücksichtigt. Die Fotos sind klasse und ergänzen den Text. Rucksackreisende werden eher einen geringeren Nutzen daraus ziehen, da das Buch zu groß und schwer ist. Sie müssen die Rezepte und Tipps auf ihre noch beschränkteren Möglichkeiten eindampfen. Im Womo allerdings findet das Buch seinen Platz. (Rezension von Norbert Lüdtke)

Die Küche der Siedler

Vor demselben Problem wie Reisende standen deutsche Siedler auch im südlichen Afrika und fragten sich: Wie kann ich mit dem, was hier wächst und fleucht etwas kochen, das an das erinnert, was meine deutsche Zunge gewohnt ist? Die folgende Rezeptsammlung basierte auf dem Kolonial-Kochbuch von Olga Rosenberg, Berlin 1906: W. Süsserott 1), außerdem flossen die Rezepte von 18 Farmern und Familien ein, die im Vorwort namentlich genannt sind. Seite für Seite merkt man, dass Praktiker am Werk sind. Da wird Bananenbrot gebacken und erklärt, wie man sich selbst Senf herstellt oder einen haltbaren Brotaufstrich aus Rindfleisch zubereitet. Neben dem Herstellen von Leberwurst wird beschrieben, wie eine Puffotter gehäutet wird, es gibt Ananasbier, Saft aus Kaktusfeigen und Pfannkuchen aus Süßkartoffeln.

Peter & Helga Haller (Bearbeiter)
Südwester Kochbuch
Eine Sammlung original südwestafrikanischer Kochrezepte
Swakopmund 1985/1997/1999, ISBN 99916-741-3-6

Bordküche

Auf See hatte man früher ähnliche Probleme: Was kann man mitnehmen und zubereiten, wenn es nichts Frisches zu kaufen gibt? Unter einem irreführenden Titel (Das ist ist kein Kinderbuch) sind solche Bordgerichte versammelt: gut recherchiert, mit Rezepten aus den Bordküchen seit Homer und historisch belegt:

Wolfram zu Mondfeld
Das Piraten Kochbuch
106 S. Herford 1985: Koehlers

Küchen anderer Länder

Reisend stellt sich Selbstversorgern die Frage, wie man die dort verfügbaren Lebensmittel zubereitet, die vielleicht zwar bekannt, aber im küchenpraktischen Umgang nicht vertraut sind. Andererseits sind Rezepte wenig hilfreich, wenn sie zu hohe Anforderungen an Kochtechnik und Erfahrung stellen. Kriterien für geeignete Rezepte und Kochbücher für unterwegs sind daher:

  • wenige Zutaten, die im Alltag und auf dem Markt verfügbar sind
  • robuste Zutaten, die auch ungekühlt unter tropischen Temperaturen nicht schnell verderben
  • Zubereitungsdauer nach dem Ende eines Fahrtages, also ohne mehrstündige Vorbereitungen
  • kurze Garzeiten, weil Brennstoffe wie Gas, Holzkohle, Holz nur begrenzt verfügbar sind
  • Zubereitung auf einer, höchstens zwei Kochstellen möglich
  • Eintopf- und Pfannengerichte entsprechen dem, Backofengerichte lassen sich nur improvisieren
  • Tiefkühlware und empfindliche Lebensmittel wie Fisch oder Meeresfrüchte müssen zügig verarbeitet werden
  • Gerichte können auf Vorrat zubereitet und anderntags aufgewärmt werden

Ost- und Südosteuropäische Küche

Irina Georgescu
Carpathia. Eine kulinarische Reise durch Rumänien
Ars Vivendi Cadolzburg 2020. 224 S.

In der rumänischen Küche finden sich Einflüsse der griechischen, türkischen, slawischen und österreichischen Küche. Das kommunistische Wirtschaftssystem erforderte eine Art Subsistenzwirtschaft: man musste möglichst viel selbst herstellen. Die Rezepte der rumänischen Küche gehen daher von einer radikalen Einfachheit aus: man nimmt, was man hat. Das führt zu interessanten, urwüchsigen Rezepten mit Zutaten aus einem Bauerngarten des Balkans: Auberginen, Knoblauch, Bohnen, Linsen, Speck, Brennesseln, Kürbis, Ziegenkäse, Huhn, Obst usw.

Vorderer Orient zwischen Türkei und Israel

Yotam Ottolenghi
Simple. Das Kochbuch
Dorling-Kindersley-Verlag, München 2018. 320 S.

»Simple« bedeutet hier nicht primitiv, stattdessen lassen sich die Kriterien für die von der israelisch-arabischen Küche geprägten Rezepte auf das Kochen im Reisemobil übertragen:

  • schnell zubereitet, also Zutaten mit kurzen Garzeiten
  • eine begrenzte Anzahl von Zutaten (Kräuter, Gewürze)
  • die Zutaten lassen sich vorbereiten
  • das fertige Gericht schmeckt auch aufgewärmt am nächsten Tag
Marie Fadel, aufgezeichnet von Rafik Schami
Damaskus. Der Geschmack einer Stadt
(=Oasen für die Sinne), Sanssouci im Carl Hanser Verlag München 2002
Pappband 11,5x21 cm: 208 Seiten, Textabb., mit Register

Rafik Schami lebt und schreibt in Deutschland. Die Bitte des Verlages, ein Buch als kulinarisch-kulturellen Spaziergang über seine Heimatstadt Damaskus zu schreiben stieß daher auf eine grundsätzliche Hürde für den Exilanten. So entstand dieses Buch auf eine beinahe kuriose Art und Weise. Rafiks Schwester Marie Fadel lebt in Damaskus; sie spazierte mit ihren Verwandten durch die Stadt, besuchte Leute und ließ sich deren Lieblingsgerichte vorkochen. Dann kochte sie diese Gerichte nach und notierte die Rezepte. Daraus und aus telefonischen Erzählungen der Schwester erstellte Schami das Buch.
So entstanden Kapitel wie „Die Freude oder Von heiligen, verwinkelten Gassen und gut gelaunten Salaten“. Ein solches Kapitel ist thematisch dreigeteilt: plaudernd wird die Kulturgeschichte eines Viertels, einer Straße, eines Hauses erzählt und mündet ein in die familiären oder freundschaftlichen Beziehungen von Rafik Schami und Marie Fadel zu diesem Ort. Abschließend wird ein Gericht episodisch eingebunden und schließlich dessen Rezept detailliert beschrieben.
So erschließt sich vom Osttor, dem Bab Scharki, das Ostviertel. Flanierend führen die Autoren ein in das Metier eines dort lebenden Teppichflickers, erinnern sich dabei an den Schreck, als daheim ein Funke den teueren Perserteppich ruinierte und beenden den Spaziergang in der Wohnung ihrer Tante Salime, die in der Familie für den besten Salat, Tabbuleh, bekannt war.
Dieses langsame Verfertigen des Salates beim Denken muß man mögen. Schami hat sein Handwerk im Griff und doch ist die Gratwanderung zwischen Poesie, Kochbuch und Essay ständig spürbar. Das so entstandene Werk spricht eher den Flaneur an als den Reisenden.
Die Rezepte sind sorgfältig beschrieben, ohne Mengen und Garzeiten allzu genau zu präzisieren. Wer häufig und gerne kocht, benötigt solche Angaben auch nicht. Ein Register enthält die Rezepte unter ihren Grundzutaten, man findet also Falafel unter dem Stichwort Bohne, Tabbuleh unter Karotte. Das setzt bereits einiges Wissen voraus. (Norbert Lüdtke)

Afrika

Youssou N’Dour
Senegal. Die Küche meiner Mutter
Aus dem Französischen von Helmut Ertl. München: Christian 2004
Pappband mit Umschlag 20 x 25,5 cm: 192 Seiten, durchgehend farbig illustriert

Der bekannte Musiker beschreibt in 53 senegalesischen Rezepten die Küche seines Landes. Er entstammt einer Familie von Griots, den Überlieferern der Landesgeschichte. Ebenfalls überliefert sind die hier vorgestellten Gerichte, die er seiner Mutter abgeguckt hat, also mit Zutaten vom Markt und mit haushaltüblichen Mitteln zuzubereiten.
Und so erinnert sich der Autor einleitend ausführlich an seine Kindheit, erzählt von Mutter und Familie, vom Dorfleben und vom Markttreiben, bevor ein Glossar die Besonderheiten der senegalesischen Küche erläutert. Das alles ist mit sehr schönen Fotos illustriert, die den Text stellenweise in den Hintergrund drängen. (Norbert Lüdtke)

Kazuko Winter
Wir kochen afrikanisch
Afrikanische Kochrezepte von Afrikafreunden in Bayreuth
82 S.,  Rüdiger Köppe Verlag Köln 1989 ISBN 3-927620-75-0
Rezepte aus 22 afrikanischen Ländern, die ein großer Freundeskreis zusammengetragen hat:
ollof Rice, Hammelgulasch, Rindfleisch mit Okra, Maiskuchen, Ingwer-Bananen, Bohnenpüree, 
Spinat mit Räucherfisch, Erdnuß-Huhn, Kürbisbrei, Fleisch mit Bananen und andere
Dorah Sitole
Afrika Kochbuch
Die 160 besten Originalrezepte vom kap bis kairo
144 S., Christian Verlag München 2002 ISBN 3-88472-826-1

Zwei leidenschaftlich Reisende haben es unternommen, die Gerichte fremder Länder zuhause anzubieten, im Londoner World Food Cafe:

Caldicott, C., Caldicott, C., & Merell, J.
Auf den Gewürzstraßen der Welt: Rezepte und Geschichten aus dem World Food Café
192 S. Stuttgart Verl. Freies Geistesleben 2011

Das ist ein hervorragendes Buch, mit dem man sich zuhause an fremde Gerichte in originaler Form herantasten kann, dabei andere Gewürze und Zubereitungsarten kennenlernt wie Nepalesische Frühstückskartoffeln, Tom Kha Gai, Rotkohl mit Harissa und Koriander, Kartoffeln auf Andenart (mit Oliven). Fürs Wohnmobil sind die Zubereitungen jedoch meist zu aufwändig.

Nicht so praxisnah

»Schlangen, Heuschrecken oder Krokodile: sehen sie denn abstoßender aus 
als etwa Weinbergschnecken, Austern oder Tintenfische? 
Rohe Eier, aus dem Leib der Schlangen entnommen, Ameisen besonderer Art, 
in Schokolade eingeschmolzen, Haifischmagen ... 
das alles sind heute schon begehrte Delikatessen vieler Menschen«

Werner Fischer präsentierte 18 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg der deutschen Upper Class die Spezialitäten des Restaurants Ritz 2), die diese sicher nicht bestellten, weil es nichts anderes gab: Steinechsen-Suppe, Haifischflossen, Alligator, Bärentatzen, Elefant, Klapperschlange in der Lehmform, Kudusteak mit Honigbienen und anderes mit exakten Zubereitungshinweisen, so wird etwa der Seehund drei Tage in fließendem Eiswasser gereinigt, dann weitere 4-5 Tage in Rotwein mit Cognac eingelegt.

Peter Lund Simmonds
The Curiosities of Food
Or the Dainties and Delicacies of Different Nations Obtained from the Animal Kingdom
357 S. London 1859
Jaacki Passmore
Genießer unterwegs: China
Rezepte & kulinarische Notizen
(=Genießer unterwegs …)
Aus dem Englischen von Helmut Ertl. München: Christian 2003
Pappband mit Umschlag 21,5x33 cm: 256 Seiten, durchgehend farbig illustriert.
Übersichtskarte, Glossar, Register

„In einem bacchantischen Roman aus dem 16. Jahrhundert schmaust die Konkubine mit ihren Lotosfüßen in Reiswein eingelegte Entenfüße.“ (S. 61) Mit diesem Bild vor Augen hätten mir 1986 sicher auch die Entenfüße im Zug von Kanton nach Wuhan geschmeckt. So allerdings verfüge ich über drei miteinander unvereinbare Vorstellungen der chinesischen Küche: einmal die von mir in vielen Monaten bei mehreren Reisen erlebte Küche in China (die immer nahrhaft, oft gewöhnungsbedürftig, doch selten berauschend war), zum zweiten die chinesische Küche in deutschen China-Restaurants (die ich eher vermeide) und zum dritten die idealisierte Vorstellung einer chinesischen Hochküche, die ich bislang nur selten in China und nie in Deutschland gefunden gefunden habe – außer etwa in diesem vorliegenden Buch. Die Bilder sind klasse, die Beschreibungen lassen mir das Wasser im Mund zusammen laufen: Ja, das will ich … jetzt … aber wo kriegt man sowas?
Dann lese ich auf Seite 80: »Das Fleisch spülten sie mit Unmengen Kumiss hinunter, einem alkoholischen Getränk aus vergorener Stutenmilch. Glaubt man Marco Polo, ähnelte das Gebräu in Farbe und Qualität gutem Wein.« Kumiss gibt’s in Kirgisistan aus Ziegenbälgern am Straßenrand oder auf dem Markt aus Plastikeimern. Letztere haben den Nachteil, die bräunliche, von schmierigen Blasen bedeckte Flüssigkeit allzu offensichtlich anzupreisen, die überdies auf Fliegen sehr attraktiv wirkt. Sicher gibt es eine Phase, in der Wein ähnlich aussieht. So ein Federweißer in der Straußenwirtschaft mag ja auch den Tag retten – doch bis zum vin jaune ist’s ein weiter Weg.
So sind auch die hier vorgestellten Rezepte sehr kultiviert und verlangen danach, zubereitet zu werden. Doch idealisiert, wie sie sind, werden sie im Alltag schwer zu finden sein. (Norbert Lüdtke)

Reisen & Essen

Voyage - Jahrbuch für Reise- und Tourismusforschung
Band 5: Reisen & Essen
Köln: DuMont 2002
Einband mit Fadenheftung 15 x 22 cm: 199 Seiten, Textabb.

Das Thema finde ich Klasse: ich esse gern, koche gern, reise gern. Und so habe ich mich mit Genuß hier und da immer wieder festgelesen und absatzweise genascht. Mal mit mehr, mal mit weniger Genuß, denn über Reisen & Essen nachzudenken ist nun gar nicht vergleichbar mit Reisen & Essen genießen. Manches wird dabei ungenießbar, doch das liegt in der Natur der wissenschaftlichen Vorgehensweise: Eine Sache wird solange zerpflückt und scheint verstanden, wenn sie nicht mehr zu erkennen ist. Und so finden sich Beiträge über Regionalküchen, kulinarische Reisen auf der Suche nach Spezialitäten und über Nahrungsmitteltransporte auf der Suche nach Konsumenten. Pizza, die Geschichte des Speisewagens und die Gastronomie der Kreuzfahrtschiffe passen zum Thema, erschöpfen es aber nicht.
Vermißt habe ich einen Kulturvergleich zwischen Eß- und Reisekultur: Jeder kennt den Unterschied zwischen der Nahrungsaufnahme zum Sattwerden und dem Genießen um des Genusses willen. Ich meine, so etwas gibt es auch beim Reisen: dem hemmungslosen Vielfraß, dem Gourmand, ähneln die konsumfreudigen Urlaubsmobilisten. Kantinenfutter und Tütensuppen gibt’s auch in den Reisekatalogen zuhauf. Doch wo sind die Drei-Sterne-Restaurants der Reiseszene? Wo werkeln Spitzenköche an Reisekunstwerken? Immerhin wissen wir, wo die Gourmets der Reiseszene Gleichgesinnte treffen. Und ein Pendant zu Escoffiers Kochkunstführer haben wir auch. (Norbert Lüdtke)

Essen & Sprachen

Dr. Fritz Kerndter
Langenscheidt Praxiswörterbuch Internationale Küche
Deutsch-Englisch-Französisch-Italienisch-Spanisch
1. Auflage, Langenscheidt München 2007
Broschur 12,5x19,5 cm: 144 Seiten

Folgt man dem zweiseitigen Werbetext des Verlages, so hält man ein wahres Wunderwerk der Kommunikation in Hände: »für Tourist, Gourmet oder Geschäftsreisender der ideale Begleiter beim Restaurantbesuch«. Die Erwartungen erfüllen sich jedoch nicht. Weder ist der Band besonders handlich, noch handelt es sich um »Fachbegriffe« oder »Küchenlatein«: alphabetisch geordnet und numeriert finden sich 1328 Begriffe rund um die Ernährung »… Ruhetag, Rührei, rühren, Rum, rund…«, dem deutschen Begriff folgen jeweils die vier übersetzten. Erschlossen wird die Liste durch einen englischen französischen, italienischen und spanischen Index, der auf die Nummer im alphabetischen Teil verweist.
Nützlich wäre vielmehr eine Sortierung nach Sachthemen: Fisch, Fleisch, Gemüse … oder Situationen: Auswahl des Restaurants, Vor dem Essen, Beim Dessert …
Für das Bestellen fehlt eine Aussprachehilfe, ebenso fehlen die typischen Wendungen, z.B. Ich benötige einen Tisch für … Personen.
Eine Speisekarte erschließt sich nicht mit einem Wörterverzeichnis. Die Papas arrugadas, die jedem Kanarenurlauber begegnen, heißen eben nicht patatas, finden sich aber nicht im Wörterbuch. Natürlich ist Risotto ein Reisgericht – aber was es kennzeichnet, wird nicht erklärt. Daß Gerichte »in vielen Varianten« vorkommen, ist selbstverständlich, aber welche Varianten dies sind, erfährt man nicht. Nur 15 Seiten werden den Namen von Gerichten gewidmet, zB bubble and squeak, parmentier, risi e bisi …, ausdrücklich beschränkt sich der Autor auf eine kleine Auswahl. Solche Bezeichnungen müßten jedoch vorzugsweise erklärt werden, sollte das Buch beim Restaurantbesuch eine gewisse Nützlichkeit zum Lesen der Speisekarte entfalten können. (Norbert Lüdtke)

Unübersetzbare Begriffe

  • Matvandur (Isländisch)
    Jemand, der nicht alles isst (engl. »a picky eater«) und insbesondere landestypische Spezialitäten zurückweist.
  • Tyvsmake (Norwegisch)
    Wörtlich »Diebesgeschmack«, gemeint ist das voreilige oder heimliche Naschen.
  • Smørøye (Norwegisch)
    Wörtlich »Butterauge«, also der zusätzliche Stich Butter auf der heißen Mahlzeit.
    Im übertragenen Sinne bezeichnet es einen »hot-spot«, da ist etwas los.
  • Barnemat (Norwegisch)
    Wörtlich »Kinderessen«.
    Im übertragenen Sinne bezeichnet es eine besonders leichte Aufgabe.
1)
Aus dem Vorwort: »Die Engländer, Holländer und Spanier besitzen seit einer Reihe von Jahren Tropen-Kochbücher, deren eingehendes Studium mir die Zusammenstellung dieses Buches für unsere Kolonien ermöglichte.«
2)
137 S. Hugo Matthaes Verlag Suttgart 1963
wiki/kochen_und_essen.1620744999.txt.gz · Zuletzt geändert: 2021/05/11 14:56 von norbert

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