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wiki:globalisierung [2021/03/25 06:18] norbertwiki:globalisierung [2024/01/15 00:47] (aktuell) – [Merkmale der Globalisierung] norbert
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 ====== Globalisierung ====== ====== Globalisierung ======
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 +Der [[wiki:der_fahrende_haendler|fahrende Händler]] war immer schon angewiesen auf [[wiki:fortbewegung|Fortbewegung]], [[wiki:transport|Transport]]mittel, Kommunikation und vor allem [[wiki:wissen|Wissen]]. Auf dieser Grundlage erst ist Handel mit Waren möglich.\\ Wird dies regelhaft über Hindernisse hinweg betrieben, die durch Geographie, Sprache und Kultur bedingt sind, werden »Netzwerke« mit besonderen Funktionsträgern erforderlich: [[wiki:Begleiter|Begleiter]], [[wiki:bote|Boten]], [[wiki:dolmetscher|Dolmetscher]], [[wiki:Fährmann|Fährmann]], [[wiki:fuehrer|Führer]], [[wiki:kundige|Kundige]], [[wiki:Steuermann|Steuermann]], [[wiki:traeger|Träger]], Wächter, die dem [[wiki:reisende|Reisenden]] im [[wiki:zwischenraum|Zwischenraum]] helfen. Diese Funktionsträger verbinden sich mit ihren je spezifischen Sachsystemen (z.B. [[wiki:tragetechniken|Tragetechniken]], [[wiki:lasttier|Lasttiere]], [[wiki:fuhrwerke|Fuhrwerken]], [[wiki:navigation|Navigationsmitteln]]) zu [[wiki:soziotechnisches_handlungssystem|Handlungs]]- und Organisationssystemen.
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 +==== Der Weg nach Norden und der Weg nach Süden ====
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 +  * Vier Bernstein[[wiki:strasse|straßen]] von zusammen etwa fünftausend Kilometern Länge durchzogen [[wiki:europa|Europa]] bereits in prähistorischer Zeit in Nord-Süd-Richtung, vielfach bezeugt durch Münzfunde weitab deren Ursprungs.
 +  * Den interkontinentalen Fernhandel haben wohl zuerst die Phönizier betrieben, also die Küstenbewohner der heutigen Staatsgebiete von Israel, Libanon, Syrien im dritten Jahrtausend vor Christus, die mit ihren Mittelmeerfahrten [[wiki:routen_in_afrika|Afrika]], [[wiki:routen_in_asien|Asien]] und [[wiki:routen_in_europa|Europa]] verbunden haben und wahrscheinlich bis Skandinavien segelten.
 +  * Den Weg nach Norden (Norwegen, Norway, norðrvegr) nahmen die [[wiki:reisegenerationen#Vom **norðrvegr, dem »Weg nach Norden«**, in den Westen|Normannen]]
 +  * Der weitere Weg nach Norden via Färöer, Island, Grönland führte die [[wiki:reisegenerationen#Wikinger in Nordamerika 875 bis nach 1021 via Färöer, Island, Grönland|Wikinger]] bis Nordamerika.
 +  * Auf dem Weg nach Süden hinterließen die Wikinger ihre Spuren in Jütland, Friesland, der Normandie, in der Bretagne und in Britannien, auf den Azoren und schließlich auch in Sizilien.
 +  * Auf dem europäischen Festland führte der Weg nach Süden lange Zeit vorwiegend über die [[wiki:alpenpaesse|Alpenpässe]] nach Italien.
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 +  * [[wiki:der_fahrende_haendler#Fernhandelsnetzwerke|Fernhandelsnetzwerke]] bildeten:
 +    * die [[wiki:reisegenerationen#Wikinger - Normannen - Waräger: Austrwegr & norðrvegr|Wikinger]] ab 790 über die Kiewer Rus bis Byzanz und waren zwischen 750 bis 1000 n. Chr. über den Handel mit dem entstehenden islamischen Reich mit fast allen Teilen Afro-Eurasiens verbunden ((''Philippsen, B.'', ''Feveile, C.'', ''Olsen, J.'' et al.\\ //Single-year radiocarbon dating anchors Viking Age trade cycles in time.//\\ Nature 601 (2022) 392–396. [[https://doi.org/10.1038/s41586-021-04240-5|DOI]] ));
 +    * die [[wiki:der_fahrende_haendler#Fahrtgenossenschaften (Hansen) im Raum von Ostee und Nordsee|Fahrtgenossenschaften (Hansen) im Raum von Ostee und Nordsee]];
 +    * die [[wiki:der_fahrende_haendler#Die Wangara vom Niger im Raum der Transsahara-Routen|Wangara vom Niger im Raum der Transsahara-Routen]] bis Ceuta (spanische Exklave seit der Eroberung durch ''Heinrich den Seefahrer'' 1415) und dort der Anschluss ans [[wiki:mediterraneum|Mediterraneum]].
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 +==== Der Weg nach Osten und der Weg nach Westen ====
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 +  * Die indoeuropäische Expansion fand auf dem Weg nach Westen das [[wiki:das_ende_der_welt|Ende der Welt]] am Atlantik, etwa am Kap Finisterre oder am Nordkap, dahinter kam //Mundus est fabula//, siehe [[wiki:liste_raumvorstellungen|Raumvorstellungen]].
 +  * Der [[wiki:bosporus|Bosporos]] bildete das Nadelöhr für Reisen und Verkehr zwischen [[wiki:routen_in_europa|Europa]] und [[wiki:routen_in_asien|Asien]]. **513 BC** ließ der persische König ''Dareios'' eine provisorischen Schiffbrücke bauen im Rahmen eines Feldzuges gegen die Skythen. ((''Herodot'' IV 85, 87)) Erst im [[wiki:reisegenerationen#20. Jahrhundert|20. Jahrhundert]] wurde dort eine feste Brücke gebaut. 
 +  * Die persische Königsstraße des **5. Jahrhunderts BC** führte dagegen zu den Häfen von Sardes und Ephesus, weit südlich vom Bosporus, wohl weil das ziviliserte Mediterraneum bedeutsamer war als die Wildnis der Cimmerer. Als Schlüsselstelle der Pilgerroute ins Heilige Land ((''Spickermann, Wolfgang''\\ //Die kirchliche Organisation des spätantiken Pilgerwesens.//\\ 211-220 in: Für Seelenheil und Lebensglück. Das byzantinische Pilgerwesen und seine Wurzeln, Mainz 2018 )) wurde der Übergang erst im spätrömischen Kaiserreich bedeutend, verstärkt durch die Verlegung der Hauptstadt hierher. Zuvor müssen die beiden Häfen von Chalkedon (türk. Kadıköy) jedoch bedeutender gewesen sein, denn //Calcedonia// wird in der einzigen erhaltenen antiken Karte genannt ((Tabula Peutingeriana, pars VIII)), in  den ältesten [[wiki:itinerar|Itinerarien]] namentlich als Ziel angegeben: »Calcedonia, traiectus in Bithinia« ((//Itinerarium Antonini// § 139)), während im Itinerarium Burdigalense ((571, 6-10:// »kal. Iun. A Calcidonia et reversi sumus Constantinopolim VII kal. Ian. Consule suprascripto A Constantinopoli transis Pontum, uenis Calcedoniam, ambulas prouinciam Bithiniam.«//)) das neu gegründete Konstantinopel weniger beachtet wird als der Übergangshafen. ((''Salway, R. W. B.''\\ //There but not there: Constantinople in the Itinerarium Burdigalense.//\\ S. 293-324 in: Lucy Grig, Gavin Kelly: Two Romes : Rome and Constantinople in Late Antiquity. Oxford 2012: Oxford University Press.))
 +  * Im **4. Jahrhundert BC** öffnete die Expedition und der Feldzug //Alexanders des Großen// bis nach Indien und Zentralasien neue Verbindungen durch das neu gewonnene geographische Wissen. Damit begann die griechisch-römische Herrschaft über Ägypten und dadurch der Zugang zum Indischen Ozean bis 395 nach Christus.
 +  * **114 BC** reiste die erste Seidenkarawane Chinas nach Westen: über Tarimbecken und Pamir, längs von Oxus und Jaxartes. Danach zogen jährlich 12 Karawanen bis nach Tyros (heute im Libanon) am Mittelmeer. Vorher verhinderten die Hiung-nu (Hunnen) den Handel zwischen Ost und West. ((''Albert Herrmann''\\ //Die alten Seidenstraßen zwischen China und Syrien//.\\ (=Quellen und Forschungen zur alten Geschichte und Geographie, 21), Berlin 1910: Weidmann )). Dieser Karawandenhandel hatte mehrere Höhepunkte, fand jedoch langsam sein Ende bis zum 16. Jahrhundert.
 +  * [[wiki:der_fahrende_haendler#Fernhandelsnetzwerke|Fernhandelsnetzwerke]] bildeten:
 +    * Die [[wiki:der_fahrende_haendler#Die Hokkien aus Fujian im Chinesischen Meer|Hokkien aus Fujian]] im Chinesischen Meer
 +    * Die ägyptischen [[wiki:der_fahrende_haendler#Karimi und der Seehandel im Indischen Ozean|Karimi und der Seehandel im Indischen Ozean]]
 +    * Die [[wiki:der_fahrende_haendler#Ortogh und Karawanenhandel durch Zentralasien|Ortogh und der Karawanenhandel durch Zentralasien]]
 +    * Die [[wiki:der_fahrende_haendler#Die Familien der Seerepubliken im Mediterraneum|Familien der Seerepubliken im Mediterraneum]]
 +  *  Aber erst ''Kaiser Karl V.'' (**1500–1558**) konnte behaupten, dass über seinem Reich die Sonne niemals unterginge, denn als in Aachen gekrönter Kaiser des Heiligen Römischen Reiches herrschte er über Teile Europas, Amerikas und der Philippinen und schuf die Voraussetzungen für das »[[wiki:der_fahrende_haendler|Abenteuer Fernhandel]]« und dessen [[wiki:der_fahrende_haendler#Neuzeitliche Handelskompanien|neuzeitliche Handelskompanien]].
 +    * Ab 1600 wurden die englische //East India Company// EIC und ab 1602 die niederländische //Vereinigte Ostindische Companie// VOC zu den ersten Weltkonzernen ((''Jürgen G. Nagel''\\ //Abenteuer Fernhandel. Die Ostindienkompanien//\\ Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2007)), die wiederum den Weg für die Kolonisierung Asiens und Afrikas bereiteten.
 +  * Die neuzeitlichen Wege nach Osten führen jedoch immer zuerst in andere Richtungen:
 +    * Seit **[[wiki:unterwegs_im_15._jahrhundert|1498]]** nach Süden (''Fernando de Diaz'') auf der [[wiki:carreira_da_india|Carreira do India]] (Südlicher Seeweg) über [[wiki:atlantik|Atlantik]] und [[wiki:indik|Indik]]: [[wiki:unterwegs_im_15._jahrhundert#Der Seeweg nach Indien: Portugiesische Seefahrer auf der südöstlichen Route|Der südliche Seeweg]] über Inseln und entlang der afrikanischen Küste.
 +    * 1492 nach Westen glaubte ''Christoph Columbus'' in China und Westindien zu sein; tatsächlich führte der Weg nach Asien südlich um Amerika in den [[wiki:pazifik|Pazifik]]:
 +      * ab **[[wiki:unterwegs_im_16._jahrhundert|1520]]** (''Ferdinand Magellan'') durch die Magellanstraße (erste [[wiki:zeitleiste_der_weltumrundungen|Weltumrundung]])
 +      * ab **[[wiki:unterwegs_im_17._jahrhundert|1616]]** (''Willem Cornelisz Schouten'' und ''Jakob Le Maire'') um Kap Hoorn
 +      * ab **[[wiki:unterwegs_im_20._jahrhundert|1914]]** vom Atlantik durch den Panamakanal in den Pazifik
 +    * Seit **[[wiki:unterwegs_im_19._jahrhundert|1869]]** vom Mittelmeer durch den Suezkanal in den Indik
 +    * Erstmals **1878–79** (''Adolf Erik Nordenskiöld'') über die Nordostpassage (Nördlicher Seeweg) durchs Nordpolarmeer; erfolglose Expeditionen im [[wiki:unterwegs_im_15._jahrhundert|15.]] und [[wiki:unterwegs_im_16._jahrhundert|16. Jahrhundert]]
 +      * **1992** //The Northeast [[wiki:passage|Passage]]: from the Vikings to ''Nordenskiöld''//.\\ Exhibition in Helsinki from 2 October to 1 November 1992\\ ''Ericsson, Christoffer'' H., ''Nils-Erik Raurala'': Begleitband 287 S. Helsinki: Helsinki University Library.
 +      * ''Nielsen, Jens Petter'', ''Edwin Okhuizen ''\\ //From Northeast Passage to Northern Sea Route a History of the Waterway North of Eurasia.//\\ Brill 2022. [[https://doi.org/10.1163/9789004521841 |DOI]] 
 +    * Erstmals **1903-06** (''Roald Amundsen'') über die Nordwestpassage durchs Nordpolarmeer
 +Die Verbindung zwischen Rotterdam und Tokio auf verschiedenen Routen ([[https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Main_maritime_shipping_routes.png|Karte]]), die Distanzen gerundet:
 +^ Route ^ Verkehrsmittel ^ Distanz ^ Verkehrsweg ^ Name ^
 +^ Über Land | Karawanen,\\ Eisenbahn, Lkw |  13.100 km | seit 114 BC | [[wiki:transsibirische_eisenbahn|Transsib]], \\ [[wiki:seidenstrasse|Seidenstraße]], [[wiki:traceca|Traceca]] |
 +^ Luftlinie | Flug |  9.500 km | seit 1957 SAS | Polroute |
 +| | | | | | 
 +^ Südlicher Seeweg | Schiff |  28.000 km | seit 1498 |[[wiki:carreira_da_india|Carreira do India]]\\ [[wiki:iter_indicum|Iter Indicum]] |
 +^ Panamakanal | Schiff |  23.300 km | seit 1914 | |
 +^ Suezkanal | Schiff |  21.000 km | seit 1869 | |
 +^ Nordwestpassage | Schiff |  15.900 km | 21. Jh. | |
 +^ Nordostpassage| Schiff |  14.100 km | 21. Jh. |Nördlicher Seeweg |
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 +Im Wesentlichen hat die Schifffahrt die Globalisierung ermöglicht im Rahmen der geographischen Gegebenheiten:
 +  * das Mittelmeer verbindet mit einer Fläche von 2,5 Mio. km² Afrika, Asien und Europa;
 +  * das Chinesische Meer (5,4 Mio. km²) verbindet viele asiatische Inseln und Halbinseln;
 +  * das Nordpolarmeer (14,1 Mio. km²) verbindet Europa mit Amerika, Asien und Arktis
 +  * der Indische Ozean (74,9 Mio. km²) verbindet Afrika mit Asien;
 +  * der Atlantik (79,8 Mio. km²) verbindet Europa mit Amerika und Afrika sowie mit der Arktis und Antarktis;
 +  * der Pazifik (165 Mio. km²  verbindet Asien, Amerika, Australien und Antarktis
 +Die trennenden Faktoren der Meere ergeben sich aus Distanzen (Fläche), Strömungen, Winden und Klima (z.B. Eis).
 +  * ''Kunze, Thomas''; ''Leonardo Salvador''\\ //Russlands [[wiki:arktis|Arktis]].//\\ Konrad Adenauer Stiftung 2021. [[https://www.jstor.org/stable/resrep38551|Online]]
 +  * ''Patrick Leypoldt''\\ //Die Nordostpassage als Alternative zu den bestehenden Seeverkehrsrouten zwischen Europa und Asien. Potenziale bis zum Jahr 2050.//\\ Diss. Universität Basel 2009 318 S. [[https://edoc.unibas.ch/1100/1/Dissertation_Nordostpassage_2050_Pflichtexemplar.pdf|Online]]  Abb. 57 S. 172: „Alternative Transportrouten“
 +  * ''Emelin Elizabeth Miller''\\ //Empire of Ice: Arctic Natural History and British Visions of the North.//\\ 218 S. Diss. Univers. of Minnesota 2019. [[https://conservancy.umn.edu/bitstream/handle/11299/206211/Miller_umn_0130E_20216.pdf?sequence=1|Online]]
 +  * ''Karlheinz Paffen'', ''Gerhard Kortum''\\ //Die Geographie des Meeres. Disziplingeschichtliche Entwicklung seit 1650 und heutiger methodischer Stand.//\\ (=Kieler geographische Schriften, 60) XIV, 293 S. Kiel: Selbstverlag des Geographischen Institutes [[https://oceanrep.geomar.de/id/eprint/30966/1/Kortum_Geographie%20des%20Meeres.pdf|Online]]
 +  * ''Williams Glyndwr''\\ //Arctic Labyrinth : The Quest for the Northwest Passage.//\\ XXI, 439 S. 16 Tafeln, Karten, Portr. London 2009: Allen Lane [ Reprints 2010, 2011]\\ Das Vorwort steht unter dem Motto »There is no land unhabitable nor sea innavigable« ((Robert Thorne (1492-1532), englischer Kartograph, zitiert von:  ''Richard Hakluyt'': //The Principal Navigations, Voyages, and Discoveries of the English Nation.// 1589)), Gegliedert ist der Band weitgehend nach den Expeditionen der Forscher:
 +    * ''Martin Frobisher'' (um 1535–1594) segelte zwischen 1576 und 1578 in arktischen Gebieten und hatte Kontakt zu den Inuit.
 +    * ''John Davis'' (1550–1605) segelte 1585–1587 in die Arktis, entdeckte Grönland wieder und kam bis zur Baffin-Insel\\ Nach ''William Baffin'' (um 1584–1622) wurde die Baffin-Bay benannt. Er von ihm 1616 entdeckte Lancastersund erwies sich später als Zugang zur Nordwestpassage.
 +    * ''Luke Foxe'' (1586–1635) besegelte 1631 die Hudson Bay und das Foxe Basin;\\ 1631–1632 erkundete ''Thomas James'' (1593–1635) die Hudson bis ins angrenzende Nordpolarmeer.
 +    * ''James Knight'' (1640–1720)
 +    * ''Arthur Dobbs'' (1689–1765) ermöglichte 1741/1742 als Gouverneur von West Virginia die Arktisexpedition von ''Christopher Middleton'' (um 1690–1770), der 1746 bis zur Wager Bay kam, die sich als Sackgasse erwies.
 +    * ''Samuel Hearne'' (1745–1792) reiste als erster Europäer auf dem Landweg zum Arktischen Ozean.
 +    * ''James Cook'' (1728–1779) suchte zu Beginn seiner dritten Weltumsegelung auch nach der Nordwestpassage
 +    * ''John Franklin'' (1786–1847) unternahm ab 1818 mehrere Expeditionen in die Arktis, von der letzten Expedition 1845 mit der HMS Terror und der HMS Erebus mit 129 Seeleuten kehrte niemand zurück.
 +    * ''William Edward Parry'' (1790–1855) unternahm vier Reisen in arktische Gewäser zwischen 1819 und 1827, letztere mit dem Ziel den Nordpol zu erreichen.
 +    * ''John Ross'' (1777–1856) segelte zwischen 1818 bis 1829 mehrfach in arktischen Gewässern, entdeckte weitere Teile der grönländischen Westküste und des kanadischen Archipels und hatte als Erster Europäer Kontakt zu den Polareskimos.
 +    * ''George Back'' (1796–1878) , ''Peter Warren'' (1788–1863) und ''George Simpson'' (um 1792–1860)
 +    * ''Robert John Le Mesurier McClure'' (1807–1873) und ''Richard Collinson'' (1811–1883)\\ McClure entdeckte und befuhr die Nordwestpassage, legte jedoch das letzte Teilstück mit dem Schlitten zurück, weil das Schiff im Packeis eingefroren war.
 +    * ''Edward Belcher'' (1799–1877) leitet 1852 einen 1852 große Suchexpedition nach John Franklin
 +    * ''Roald Amundsen'' war der Erste, der 5780 Kilometer lange Nordwestpassage vom Atlantik in den Pazifik vollständig durchsegelte.
 +    * ''Henry Asbjörn Larsen'' (1899–1964) durchsegelte 1940–1942 als Erster die Nordwestpassage vom Pazifik zum Atlantik.
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 +==== Merkmale der Globalisierung ====
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   »Die große Industrie hat schon dadurch, dass sie den Weltmarkt geschaffen hat,    »Die große Industrie hat schon dadurch, dass sie den Weltmarkt geschaffen hat, 
   alle Völker der Erde, und namentlich die zivilisierten,    alle Völker der Erde, und namentlich die zivilisierten, 
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   dass jedes einzelne Volk davon abhängig ist, was bei einem andern geschieht.«   dass jedes einzelne Volk davon abhängig ist, was bei einem andern geschieht.«
   Friedrich Engels: Grundsätze des Kommunismus 1847   Friedrich Engels: Grundsätze des Kommunismus 1847
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-Den interkontinentalen Fernhandel haben wohl zuerst die Phönizier betrieben, also die Küstenbewohner der heutigen Staatsgebiete von Israel, Libanon, Syrien im dritten Jahrtausend vor Christus, die mit ihen Mittelmeerfahrten [[wiki:routen_in_afrika|Afrika]], [[wiki:routen_in_asien|Asien]] und [[wiki:routen_in_europa|Europa]] verbunden haben und wahrscheinlich bis Skandinavien segelten. Auch der damalige Weltverkehr bedurfte der Information und Kommunikation und bediente sich dazu der [[wiki:bote|Boten]] und [[wiki:bematisten|Bematisten]]. 
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-Später waren das //Römische Reich// und die Kulturen am //Indischen Ozean// interkontinental tätig. Aber erst ''Kaiser Karl V.'' (1500 - 1558) konnte behaupten, dass über seinem Reich die Sonne niemals unterginge, denn als in Aachen gekrönter Kaiser des Heiligen Römischen Reiches herrschte er über Teile Europas, Amerikas und der Philippinen und schuf die Voraussetzungen für das »Abenteuer Fernhandel«. Die niederländische //Vereinigte Ostindische Companie// VOC und die englische //East India Company// EIC wurden zu den ersten Weltkonzernen ((''Jürgen G. Nagel''\\ //Abenteuer Fernhandel. Die Ostindienkompanien//\\ Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2007)), die wiederum den Weg für die Kolonisierung Asiens und Afrikas bereiteten. 
  
 Im europäischen Recht haben sich vier vertraglich verankerte Grund[[wiki:freiheit|freiheiten]] herauskristallisiert, die auch Basis für [[wiki:gesetz|Gesetzgebung]] und Rechtsprechung sind, nämlich freier Verkehr von Im europäischen Recht haben sich vier vertraglich verankerte Grund[[wiki:freiheit|freiheiten]] herauskristallisiert, die auch Basis für [[wiki:gesetz|Gesetzgebung]] und Rechtsprechung sind, nämlich freier Verkehr von
- +  * Waren (auch: Warenverkehrsfreiheit, freier Warenverkehr) 
-    Waren (auch: Warenverkehrsfreiheit, freier Warenverkehr) +  Dienstleistungen (Dienstleistungsfreiheit) 
-    Dienstleistungen (Dienstleistungsfreiheit) +  Kapital (freier Kapital- und Zahlungsverkehr) 
-    Kapital (freier Kapital- und Zahlungsverkehr) +  Personen (Personenfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheit)
-    Personen (Personenfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheit)+
  
 Diese vier Faktoren ermöglichen »Globalisierung« im europäischen Rahmen, indem sie nicht nur physischen Transport, sondern auch Arbeit und Geld möglichst reibungsfrei über Grenzen fließen lassen. Interessanterweise fehlt die Freiheit der Information.\\  Diese vier Faktoren ermöglichen »Globalisierung« im europäischen Rahmen, indem sie nicht nur physischen Transport, sondern auch Arbeit und Geld möglichst reibungsfrei über Grenzen fließen lassen. Interessanterweise fehlt die Freiheit der Information.\\ 
-Der Ökonom Branko Milanović beschreibt, wie sich die Netzwerke in drei Phasen neu verflechten mussten: +Der Ökonom ''Branko Milanović'' beschreibt, wie sich die [[wiki:der_fahrende_haendler#Fernhandelsnetzwerke|Netzwerke]] in drei Phasen neu verflechten mussten: 
-  - Erstens trennten sich Produktion und Konsum räumlich, indem Waren hergestellt wurden, die man am Produktionsort nicht benötigte, während es Händler gab die wußten, wo es Bedarf gab. Das setzte ein Transportnetz voraus. +  - Erstens trennten sich Produktion und Konsum räumlich, indem Waren hergestellt wurden, die man am Produktionsort nicht benötigte, während es [[wiki:der_fahrende_haendler|Händler]] gabdie wussten, wo es diesen Bedarf gab.\\ Das setzt ein Transportnetz voraus. 
-  - In der zweiten  Phase verlagerte sich die Produktion in einem sozialen Gefälle hinab zu den Rändern mit geringeren Kosten, dabei wurden aus Entwicklungsländern »Schwellenländer«. Das setzt ein finanzielles Netzwerk voraus. +  - In der zweiten  Phase verlagerte sich die Produktion in einem sozialen Gefälle hinab zu den Rändern mit geringeren Kosten, dabei wurden aus Entwicklungsländern »Schwellenländer«.\\ Das setzt ein finanzielles Netzwerk voraus. 
-  - Jetzt in der dritten Phase könnte sich die Arbeit vom Ort der Produktion trennen, also zur [[wiki:heimarbeit|Heimarbeit]] irgendwo auf der Welt. Das setzt ein Datennetzwerk voraus.+  - Jetzt in der dritten Phase könnte sich die Arbeit vom Ort der Produktion trennen, also zur [[wiki:heimarbeit|Heimarbeit]] irgendwo auf der [[wiki:welt|Welt]].\\ Das setzt ein Datennetzwerk voraus. 
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 +„Strukturbildende Fernverflechtungen“ (''Jürgen Osterhammel'') lassen sich als Netz verstehen, in dem handelnde Menschen sich bewegen ([[wiki:reisegenerationen#Von der Migration zum Reisen|Migration & Reisen]]), in dem Werte ausgetauscht werden (Wertsysteme & Kapital), Güter bewegt werden ([[wiki:gepaeck|Gepäck]] & [[wiki:transport|Transport]]) und [[wiki:wissen|Wissen]] übertragen wird ([[wiki:wissen|Translatio studii]] & [[wiki:sprachen|Translation]]). Da alle diese Vorgänge voneinander abhängen, muss sich ein Gleichgewicht der Kräfte einstellen, das aber auch ausmittelnd wirkt und damit ein einseitiges Wachstum verhindert bzw. Handlungsfreiheiten einschränkt. Globalisation in diesem Sinne muss aber nicht erdumspannend sein, sondern findet dort statt, wo sich [[wiki:fremdes|Fremdes]] begegnet. 
 +  * Zur Begriffsgeschichte siehe [[https://begriffsgeschichte.de/doku.php/begriffe/Globalisierung|ZfL »Globalisierung «]] und das [[https://www.kulturglossar.de/html/g-begriffe.html#globalisierung_kulturelle|Kulturglossar]]
  
----- +Die heutige Globalisierung ist nicht die erste. Es werden also geschichtlich immer wieder Kräfte wirksam, die die Globalisierung zurückdrängen. Als solche erscheinen in der heutigen Zeit: 
-''Franz Hümmerich'':\\ //Die erste Deutsche Handelsfahrt nach Indiën 1505-1506//:\\ Ein Unternehmen der WelserFugger und anderer Augsburger sowie Nürnberger Häuser.\\ Historische Bibliothek Bd. 49150 S., München 1922Oldenbourg.+  * //Pandemien// (Corona), die die Freizügigkeit des Reisens beschränken und daraus folgend 
 +    * Lock-downs, die zudem den Warentransport (z.B. Containerverladung in Häfen) beeinträchtigen; 
 +    * Personalmangel bei Flughäfen und Flugzeugen 
 +  * //Klimawandel// > Mindern von CO2-Emissionen > Verringern des Energieverbrauchs durch Reisen und Transport 
 +  * Mehr Naturkatastrophen als Folge des Klimawandels 
 +  * //Revanchismus und Imperialismus// (Russland, China), die die Freizügigkeit des Reisens beschränken und daraus folgend Krieg, Zerstörung und Boykott 
 +  * //Gestörte Lieferketten//, //steigende Transportkosten// > Regionalisierung 
 +Seit Generationen war zu beobachten, dass ein freier Welthandel sowohl liberale Institutionen fördert als auch technisch durch neue Innovationen führend ist. Nun scheint ein Wandel einzutreten. Künstliche Intelligenz weiterzuentwickeln liegt im besonderen Interesse autokratischer Staaten, weil KI sehr gut zur Überwachung und Kontrolle geeignet ist. Ein Forschungsvorsprung der KI auf diesem Feld lässt sich aber auch wirtschaftlich für Internet-Plattformen nutzen, die sich dann global durchsetzen. Zwei Studien haben dies belegt: 
 +  ''Beraja, Martin; Kao, A.; Yang, D. Y. & Yuchtman, N.''\\ //Exporting the surveillance state via trade in AI//.\\ (= NBER Working Paperw31676) 57 SNational Bureau of Economic Research, Cambridge, Mass, 2023. [[https://ssrn.com/abstract=4574620|Online]] 
 +  * dieselben:\\ //AI-tocracy//\\ The Quarterly Journal of Economics138.3 (2023) 1349-1402. [[https://doi.org/10.1093/qje/qjad012|DOI]] 
 +==== Literatur ====
  
 +  * ''Krasimir Abdelhalig''\\ //Globalisierung und Soziologie um 1900. Herbert Spencer, Emile Durkheim und Max Weber im Dilemma zwischen Nation und 'Weltgesellschaft'.//\\ Diss. Universitätsbibliothek Bielefeld, 2012. [[http://d-nb.info/1019892323/34|Online]] 289 S. 
 +  * ''Beck, Ulrich''\\ //Was ist Globalisierung? Irrtümer des Globalismus, Antworten auf Globalisierung//.\\ Frankfurt am Main 1997
 +  * ''Michael Borgolte''\\ //Die Welten des Mittelalters. Globalgeschichte eines Jahrtausends.//\\ 1200 S. 6 Ill., 30 Karten München 2022: C.H.Beck. [[https://doi.org/10.17104/9783406784484|DOI]] [[https://d-nb.info/125520947X/04|Inhalt]]
 +  * ''Conrad, Sebastian''\\ //Globalisierung und Nation im Deutschen Kaiserreich//.\\ 445 S. München 2006: Beck
 +  * ''Fitch, Chris''\\ //Globalografie. 50 Karten erklären die Welt von heute.//\\ Karten von Sam Vickars. Aus dem Englischen übsersetzt von Theresia Übelhör. Aktuelle Themen werden statistisch-global betrachtet und komemntiert. 224 Seiten mit 50 farbigen Karten,  DuMont 2019 [[https://d-nb.info/1171246048/04|Inhalt]] 
 +  * ''Harmsen, Andrea''\\ //Globalisierung und lokale Kultur. Eine ethnologische Betrachtung.//\\ Hamburg 1999: LIT
 +  * ''Ulrike von Hirschhausen'', ''Jörn Leonhard''\\ //„Empires“. Eine globale Geschichte 1780–1920.//\\ 736 S. München 2023: C.H. Beck. 
 +  * ''Hitchner, Bruce R.''\\ //Globalization Avant la Lettre: Globalization and the History of the Roman Empire.// In: New Global Studies 2.2 (2008) [[https://doi.org/10.2202/1940-0004.1034|DOI]]
 +  * ''Franz Hümmerich''\\ //Die erste Deutsche Handelsfahrt nach Indiën 1505-1506//:\\ Ein Unternehmen der Welser, Fugger und anderer Augsburger sowie Nürnberger Häuser.\\ Historische Bibliothek Bd. 49, 150 S., München 1922: Oldenbourg.
 +  * ''Kaiser, Wolfram''\\ //Die Wurzeln der Globalisierung//.\\ Universitas 57.1 (2002) 7-22
 +Pfister, Ulrich: „Die Entstehung der europäischen Weltwirtschaft (ca. 1450-1850): ein endogenes Modell“, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte (Sonderheft: Globalisierung) 2003
 +  * ''Enid Kopper'', ''Rolf Kiechl''\\ //Globalisierung - von der Vision zur Praxis. Methoden und Ansätze zur Entwicklung interkultureller Kompetenz.// Zürich 1997.
 +  * ''Lucassen, J.'', ''Lucassen, L.''\\ //Globalising migration history: The Eurasian experience ([[wiki:reisegenerationen#Ab dem 16. Jahrhundert|16th]]–[[wiki:reisegenerationen#21. Jahrhundert|21st]]centuries).//\\ Leiden 2014: Brill.
 +  * ''Erik Orsenna''\\ //Weiße Plantagen//\\ Eine Reise durch unsere globalisierte Welt\\ 288 S. C.H.Beck München 2007\\ Auf den Spuren der Socken durch die Welt der Baumwolle, die in 100 Ländern angebaut oder verarbeitet wird. Der Autor reist durch Mali, Brasilien, Ägypten, Usbekistan, China, Frankreich. Dafür erhielt er 2006 den Ulysses-Preis für Reportagen.
 +  * ''Osterhammel, Jürgen, Niels P. Petersson''\\ //Geschichte der Globalisierung//\\ Dimensionen, Prozesse, Epochen.\\ München 2012: C. H. Beck. S. 25, 112
 +  * ''Pfister, Ulrich''\\ //Globalisierung//\\ in: Europäische Geschichte Online (EGO), hg. vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz 2012-05-15. [[http://ieg-ego.eu/de/threads/hintergruende/globalisierung/ulrich-pfister-globalisierung|Online]] 
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