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Camping

Wer durch die Natur wandert, reitet, radelt, fährt benötigt abends eine Herberge oder muss campen, ein Camp oder ein bush-camp einrichten. Freies Campen ist verboten, stealth camping sucht nach Nischen.
Der Modebegriff Camping verdrängte das ältere `Zeltlager´ und verbreitete sich ab Mitte des 20. Jahrhunderts nicht nur im deutschsprachigen Raum (1952 Camping-Box) und kennzeichnet im 21. Jahrhundert eine soziale Gruppe (Camperforce, Workampers), die unterwegs ist mit camper trailers, camper, campervan, pop-up camper.

Der Begriff kam über das Englische aus dem Altfranzösischen, welches sich an das Lateinische campus `weites Feld´ anlehnte. Als encampment ist das Zelten von Gruppen (Soldaten, Zigeuner, Flüchtlinge) im Englischen schon seit 1540 gebräuchlich 1). Eine englische Übersetzung des Polybius beschreibt 1640 »the manner of the romans camping« 2).

`Camping´ erscheint jedoch im 19. Jahrhundert zunehmend im touristischen Zusammenhang. In Europa erfordert der entstehende Alpinimus Übernachtungen mit Zelt, so wird 1875 der Campingclub von London gegründet. Im Flächenland USA gehören Camps zum Reisealltag, beispielsweise 1849: »… a favourite camping-ground for travellers. We found here some mules, laden with baggage, marked „Miss Cooper, by steamer novelty“« 3) und ebenfalls 1849 im Niagara County »a well known camping-ground for … Rangers…, for early drovers, and other travellers.« 4) 1834 beschreibt Richard Rover detailliert 5), wie ein Wagentreck in South Carolina ein Camp anlegt und übernachtet:

The »camping ground ... was about five miles from ... Charleston ... Our teams were 
driven into a large, thick, pine grove, a little way from the roadside, where 
the ground was tolerably dry; and arranged in a sort of circle around a spot that 
looked like a place where they had been accustomed to burn charcoal. We soon learned 
that it was a spot where travellers were accustomed to lodge or encamp; and when 
the weather was cold to build fires. Having regaled themselves with corn bread, 
(hoe cake) and bacon, and drank their coffee; the next thing was to prepare 
their beds. Each wagon carried a feather bed and a blanket. They spread the blanket
on the ground, and lay down upon it, and then covered themselves with the bed.
This, thought I, is an odd way of doing business, but I soon found it was the custom 
of the Dutch people in that part of the country, generally, to sleep 
under the feather bed instead of upon it.

Camping bezeichnet damit ein Phänomen, bei dem Reisende mit Fahrzeugen zwar individuell unterwegs sind, aber massenhaft denselben Wegen folgen, so dass eine Infrastruktur für diese Zielgruppe entsteht, also ein Campingplatz oder Caravanpark. Die Anfänge dafür sind in den USA zu suchen. * Das National Museum of American History schreibt online zum Stichwort Camp'otel:
»Autocamping … was a very popular family activity in the 1920s. When autocamping became popular again after two decades of depression and war, many vacationing families slept inside their station wagons because of the convenience, economy, and comfort that this ubiquitous postwar vehicle provided. Some families made tents that rested on top of their station wagons.« 6) - das Dachzelt ist eine neue Komponente.

Bereits 1922 widmete sich eine Hochschulschrift diesem Thema 7). Der Autor selbst äußert sich einleitend erstaunt über das neue Phänomen(„which has arisen just recently“) und nennt zwei Gründe:

  • first, the rapid perfection of the automobile and,
  • second, the improvement of state and interstate roads.

Dem Straßensystem und der Qualität der Straßen misst er dabei die größere Bedeutung zu und wertet: »It is no wonder that we are considered the greatest touring population on the earth - because of the great improvement in the automobile and increased cross-country travel the question of a safe, cheap, comfortable and convenient place to stop over has arisen. To fulfill this need the automobile tourist camping ground has come into existence. For some years communities have set aside places where the tourist was allowed to pitch his tent and trust to his own ingenuity for his health and comfort.« Diese Arbeit enthält 18 Seiten mit Listen von Campsites in den USA, ausdrücklich werden dabei municipal campsites, die ahnen lassen, dass die betreffenden Gemeinden Reisende zum Verweilen einluden. Diese werden in folgenden Kapiteln untersucht:

  • Location of camp site
  • Size of camp site
  • Development of camp
  • Drives
  • Lot spaces
  • Camp structures
  • Entrance gate house
  • Checker
  • Main lodge
  • Garage and tool house
  • Group fireplaces
  • Water, light and drainage planting
  • Supervision expense
  • The new hospitality
  • Tenting on the new camp ground
  • Motor tourist camp has all conveniences
  • Automobiles Camp site and the gypsy motorist
  • Nomads of the automobiles
  • Gypsying de luxes

Die Bibliographie nennt für 1917 bis 1922 folgende Veröffentlichungen, allesamt in Zeitschriften erschienen, also gab es noch keine Monographie zum Thema. Die Formulierungen lassen einerseits erkennen, wie neu und aufregend das Phänomen erscheint, und zeigen anderseits die emotionale Aufladung durch Metaphern an (nomads, gypsies) so dass bereits :

  • Automobile Camp Sites and the Gypsy Motorist
    M. A. Salomon. Review of Reviews May 1921 S. 529 - 532.
  • Camp Sites Along Western Highways For Gypsy Motorists
    A. G. Vestal. Illustrated World July 1921 S. 801-803.
  • New Hospitality
    R. M. Porter. Scribners June 1921 S. 725-740.
  • Nomads of the Automobile.
    Literary Digest April 30, 1921 S. 40-43.
  • Rolling Vacations
    G. W. Sutton. Colliers August 6, 1921 S. 13.
  • New Nomads
    P. M. Bush, Jr., Weekly Review August 27, 1921 S. 189-190.
  • And A Big Can Of Water
    H. E. Baker. Outing May 1921 S. 66-68.
  • Camping With An Automobile
    L. A. Orr. Industrial Arts Magazine June 1921 S. 226-227
  • Tenting On The New Camp Ground
    W. P. Eaton. Nation; September 14, 1921; 287.
  • America: Touring Ground Of The World
    A. Johnston. Country Life Jan. 1920 S. 25-34.
  • Around A City Camp Fire; How Los Angeles Has Made A Mountain into A Municipal Utility
    B. D. Stoddart. Survey August 2, 1919 S. 648-651
  • Cold Comfort
    F. A. Waugh. Independent Jan. 11, 1919 S. 58-59.
  • Gipsying De Luxe
    J. R. Eustis. Independent May 3, 1919; S. 184-185.
  • Çamping And The Motor Car
    A. Ovington. Outlook June 12, 1918 S. 274-276.
  • On The Trail Of The Motor Gypsies
    A. G. West al. Illustrated World August 1918 S. 840-843.
  • Public Health And Vacation Encampments. In The Palisades Interstate Park
    E. F. Brown, American July 1917 S. 51-55.
  • Town Camp For Motor Tourists. Survey Nov. 87, 1917 S. 204
  • American Automobile Ass'n Motor Manual.
  • The Alleghany State Parks
    Prof. H. K. Francis, Syracuse University. Dept. of Agriculture Forest Service, Washington, D. G. Motor Life, March, 1922.

Arnold Thünker
Mit Sack und Pack und Gummiboot
Die Geschichte des Campings
1. Auflage, G. Kiepenheuer Leipzig 1999
Kartoniert mit Schutzumschlag, Fadenheftung 16,5x 23,5 cm
191 Seiten, zahlr. Textabb., Adressen, Zeitschriften, Auswahlbibliographie 

Der Autor reiste in Amerika, Asien, Europa, hat also wohl selber reichlich Campingerfahrung und damit einen Anlaß, seinem Sujet ein Buch zu widmen. Das ehrt ihn, denn es gibt kaum Literatur dazu. Thünker trug zahllose Details zusammen, erzählt Anekdoten und Geschichten. Das ist interessant zu lesen, Assoziationsketten berühren allerlei Aspekte, die zahlreichen Bilder sind sind interessant, zudem finden sich viele nützliche Tips für das nächste Campingwochenende.

Eines aber fehlt, das der Untertitel anpreist: nämlich die Geschichte des Campings: Es fehlt der große Zusammenhang, die klare Gliederung, Einordnung in das Reiseverhalten. Anstelle einer Aufzählung von Zelttypen ließe sich deren Entwicklungsgeschichte zeigen, der Einfluß von Materialien, Klimata und Bedürfnissen verschiedener mobiler Gruppen. Ab wann und unter welchen Bedingungen wurde das Zelt in Freizeit-und Reiseaktivitäten übernommen? 1875 wurde der Campingclub von London gegründet. Da gab es also schon vorher etwas: Wie entwickelte und verbreitete sich dann die Idee des Campings in den letzten 150 Jahren?

Peter Leue
1.000 Tips für Campingfreunde
Mit 400 Illustrationen von Henryk Berg
336 S., transpress VEB Berlin 1989, Literaturverzeichnis

Ein Steinbruch für Ideen zum klassischen Camping mit zahlreichen Tips zum Improvisieren, Selbermachen und richtiges Verhalten: Zeltplätze, Ausrüstung, Küche, Speiseplan, Gepäck, Brandschutz, Versicherungen, Diebstahlsicherung, Wintercamping, Verhalten, Stellplatz, Wetter & Unwetter, Wasserwandern, Autotouristik, Trampen, Zweiradwanderer, Wandern, Insekten, Erste Hilfe, Basteltips, Pflege und Reparatur, Bootshautschweißen, Brettsegeln und Tauchen, Radio.
Technische Daten zahlreicher Wohnanhänger, Wohnzeltanhänger, Einachsanhänger

  • 2013 Herford: Städtisches Museum/Daniel-Pöppelmann-Haus (= Wanderausstellung des LWL-Museumsamtes für Westfalen)
    Campingkult(ur). Sehnsucht nach Freiheit, Licht und Luft
    Das moderne Camping hat sich in den letzten 150 Jahhen entwickelt. In den 1920er Jahren folgte man am Wochenende der Sehnsucht nach „Freiheit, Licht und Luft“ mit Sack und Pack und Zelt in die Natur. Die Campingkultur boomte in den Wirtschaftswunderjahren um 1960, auch das Dauercamping entstand in diesen Jahren. Gezeigt werden z. B.: Werbeprospekte, Gaskocher, Geschirr, Kühlboxen, Picknickkoffer, Sonnenschirme, Dias, Filme.
    • Knorr, Maleen: Campingkult(ur): Sehnsucht nach Freiheit, Licht und Luft. Begleitbuch zur gleichnamigen Wanderausstellung des LWL-Museumsamtes für Westfalen, Münster 2013: Westfalen-Lippe, Museumsamt. Mit einem Katalog der Ausstellungsobjekte, Literaturverzeichnis und Fachbeiträgen:
      • Nicola Hilti und Andreas Huber
        Schöner Wohnen auf dem Campingplatz
      • Maleen Knorr: Die sechs Konstanten eines Campingurlaubs: Ordnung, Ausrüstung, Duschen, Essen, Tiere, Nachbarn
      • Maleen Knorr
        Campingkult(ur). Sehnsucht nach Freiheit, Licht und Luft. Eine Einführung
      • Frederik Grundmeier
        Zwischen Erholung und Fortschritt - Die Geschichte des Campings
      • Rainer Krüger
        Lust am Wohnmobilreisen - Einblicke in Motive und Verhalten
      • Sonja Böder
        Man nehme: Vorbereitung, Kreativität und Improvisation - Selbstverpflegung beim Campen
      • Cord Pagenstecher
        Camping-Bilder. Zur Visual History der privaten Urlaubsfotografie
      • Hermann Scholtz
        Reisebericht: Vom Zelten - Traum und Wirklichkeit
      • Wilm Brepohl
        Reisebericht: „Wir fühlten uns wie welterfahrene Abenteurer.„ Eine Radwanderung im Jahr 1960. Auszüge aus dem Tagebuch.
2)
Edward Grimeston
The history of Polybius the Megalopolitan.
The fiue first bookes entire: with all the parcels of the subsequent bookes vnto the eighteenth, according to the Greeke originall. Also the manner of the Romane encamping, extracted from the discription of Polybius. Translated into English by Edward Grimeston, sergeant at armes. London 1634: Printed by N. Okes for Cornelius Bee, and are to be sold at the Kings Armes in little Brittaine., S. 296
3)
Lynch, William Francis
Narrative of the United States's expedition to the river Jordan and the Dead Sea.
London 1849: Bentley. S. 432
4)
Turner, O.
Pioneer history of the Holland purchase of western New York
Embracing some account of the ancient remains … and a history of pioneer settlement under the auspices of the Holland Company. Buffalo, N.Y. 1849: Jewett, Thomas, S. 313
5)
Rambles of Richard Rover in: Parleys Magazine 1834 New York/Boston, S. 14/316-16/318
7)
Winsborough, Calvert Swing
Automobile tourist camping grounds.
89 Bl. University of Illinois 1922 Online
wiki/camping.1639905533.txt.gz · Zuletzt geändert: 2021/12/19 09:18 von norbert

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