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wiki:analytik

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wiki:analytik [2020/06/19 09:04] – [Phasentrennungen] norbertwiki:analytik [2021/08/18 05:02] (aktuell) – [1. Außerfachliche und analytische Fragestellung] norbert
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 ===== 1. Außerfachliche und analytische Fragestellung ===== ===== 1. Außerfachliche und analytische Fragestellung =====
 +  Es gilt: 1. Abwesenheit von Beweisen ist nicht Beweis von Abwesenheit.
 +  Aber es gilt auch: //unus testis nullus testis//.
 Fragestellungen ergeben sich aus konkreten Umweltsituationen: jemand ist betroffen durch die Situation, etwas hat sein Interesse erregt oder er sieht Probleme - kurzum, die Situation ist unklar und daraus erwächst ein Bedürfnis nach Information. Diese Information soll die zugrundeliegenden Fragen klären, z.B.: Fragestellungen ergeben sich aus konkreten Umweltsituationen: jemand ist betroffen durch die Situation, etwas hat sein Interesse erregt oder er sieht Probleme - kurzum, die Situation ist unklar und daraus erwächst ein Bedürfnis nach Information. Diese Information soll die zugrundeliegenden Fragen klären, z.B.:
   * Kann ich dieses Wasser ohne Gefahr für meine Gesundheit trinken?   * Kann ich dieses Wasser ohne Gefahr für meine Gesundheit trinken?
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   * Ist die Luft in unserer Gegend, in unserem Haus schädlich?   * Ist die Luft in unserer Gegend, in unserem Haus schädlich?
 Dieses Informationsbedürfnis ist klar, leicht verständlich und durch die subjektiven Interessen der Betroffenen enstanden. Entstanden ist es auch durch eine **Güterabwägung**: Gesundheit und Lebensqualität werden abgewogen gegen mögliche **[[wiki:risiko|Risiken]]**. Irgendein Anlaß hat die Betroffenen bewegt, sich diese Gedanken zu machen, z.B. schlechte Erfahrungen aus anderen Städten und Gebieten, Zeitungs- oder Fernsehberichte. Die näheren Umstände haben Mißtrauen erzeugt: vermehrt auftretende Erkrankungen oder Allergien, ein Chemieunfall auf der Straße oder in einem benachbarten Betrieb, die Erinnerung an längst vergessene Deponien oder Ähnliches. Dieses Informationsbedürfnis ist klar, leicht verständlich und durch die subjektiven Interessen der Betroffenen enstanden. Entstanden ist es auch durch eine **Güterabwägung**: Gesundheit und Lebensqualität werden abgewogen gegen mögliche **[[wiki:risiko|Risiken]]**. Irgendein Anlaß hat die Betroffenen bewegt, sich diese Gedanken zu machen, z.B. schlechte Erfahrungen aus anderen Städten und Gebieten, Zeitungs- oder Fernsehberichte. Die näheren Umstände haben Mißtrauen erzeugt: vermehrt auftretende Erkrankungen oder Allergien, ein Chemieunfall auf der Straße oder in einem benachbarten Betrieb, die Erinnerung an längst vergessene Deponien oder Ähnliches.
-Dieses Mißtrauen mag dazu führen, daß den Aussagen städtischer Bediensteter oder den Pressereferenten größerer Betriebe kein Glauben geschenkt wird. Man will Sicherheit und glaubt diese am ehesten in der Wissenschaft zu finden. So wenden sich die Betroffenen an mehr oder weniger unabhängige Institute wie den TÜV, an kommerzielle Laboratorien oder an alternative Einrichtungen. Von ihnen erhoffen sie sich die **[[wiki:wahrnehmung|Wahrheit]]**.+Dieses Mißtrauen mag dazu führen, daß den Aussagen städtischer Bediensteter oder den Pressereferenten größerer Betriebe kein Glauben geschenkt wird. Man will [[wiki:sicherheit|Sicherheit]] und glaubt diese am ehesten in der Wissenschaft zu finden. So wenden sich die Betroffenen an mehr oder weniger unabhängige Institute wie den [[wiki:tuev|TÜV]], an kommerzielle Laboratorien oder an alternative Einrichtungen. Von ihnen erhoffen sie sich die **[[wiki:wahrnehmung|Wahrheit]]**.
  
 ==== Die Deutung der Wahrheit ==== ==== Die Deutung der Wahrheit ====
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 In einem solchen Gespräch muß das allgemeine Interesse der Betroffenen in die Fachsprache des Analytikers übersetzt werden. Dabei wird es gleichzeitig zerlegt in analytisch beantwortbare Teilfragen. Erst diese sind dann mit der wissenschaftlichen Methodik untersuchbar. Nach Beendigung der Untersuchung erfolgt der gleiche Vorgang umgekehrt. Teilergebnisse werden verständlich gedeutet und formuliert. Aus der Summe der Teilantworten sollte sich die übergeordnete Antwort für den Interessenten konstruieren lassen. Das Kritische dieser Vorgehensweise liegt auf der Hand: es wird zweimal übersetzt und es wird zweimal interpretiert. Das Ergebnis ist sicher eine wissenschaftlich fundierte Wahrheit, aber nicht unbedingt Wahrheit in der Qualität, wie sie die Betroffenen erwarten. In einem solchen Gespräch muß das allgemeine Interesse der Betroffenen in die Fachsprache des Analytikers übersetzt werden. Dabei wird es gleichzeitig zerlegt in analytisch beantwortbare Teilfragen. Erst diese sind dann mit der wissenschaftlichen Methodik untersuchbar. Nach Beendigung der Untersuchung erfolgt der gleiche Vorgang umgekehrt. Teilergebnisse werden verständlich gedeutet und formuliert. Aus der Summe der Teilantworten sollte sich die übergeordnete Antwort für den Interessenten konstruieren lassen. Das Kritische dieser Vorgehensweise liegt auf der Hand: es wird zweimal übersetzt und es wird zweimal interpretiert. Das Ergebnis ist sicher eine wissenschaftlich fundierte Wahrheit, aber nicht unbedingt Wahrheit in der Qualität, wie sie die Betroffenen erwarten.
 +
 +  Graham Priest: 
 +  Gibt es mehr als nur wahr oder falsch?
 +  Die westliche Philosophie mit ihrer Logik war über Jahrtausende nicht bereit, 
 +  wahre Widersprüche zu tolerieren.
 +  Das buddhistische Denken kennt da einen faszinierenden anderen Weg: 
 +  Das Catuṣkoṭi.
 +  DIE ZEIT Nr. 25/2020
  
 ==== Ergebnis und Resultat ==== ==== Ergebnis und Resultat ====
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   - Die zu bestimmenden Komponenten sind Hauptbestandteile, d.h. ihre Anteile liegen zwischen 1 und 99%. Das ist die klassische Fragestellung.   - Die zu bestimmenden Komponenten sind Hauptbestandteile, d.h. ihre Anteile liegen zwischen 1 und 99%. Das ist die klassische Fragestellung.
   - Der interessierende Stoff ist Hauptbestandteil in hoher Konzentration von etwa 99%. In diesem Fall spricht man von Reinheitsprüfung. Es werden die Nebenbestandteile bestimmt und als Verunreinigungen bewertet. Der Reinheitsgehalt folgt aus der Differenz zu 100%.   - Der interessierende Stoff ist Hauptbestandteil in hoher Konzentration von etwa 99%. In diesem Fall spricht man von Reinheitsprüfung. Es werden die Nebenbestandteile bestimmt und als Verunreinigungen bewertet. Der Reinheitsgehalt folgt aus der Differenz zu 100%.
-  - Ein gesicherter Grenzwert für die Abwesenheit gewisser Komponenten ist zu garantieren, z.B. Wassergehalt unter 0,5%.+  - Ein gesicherter [[wiki:grenzwerte|Grenzwert]] für die Abwesenheit gewisser Komponenten ist zu garantieren, z.B. Wassergehalt unter 0,5%.
   - Eine oder mehrere Phasen müssen getrennt quantitativ oder qualitativ analysiert werden.   - Eine oder mehrere Phasen müssen getrennt quantitativ oder qualitativ analysiert werden.
   - Mehrphasensysteme werden unter gleichzeitiger Mittelung analysiert, z.B. klassische Gesteinsanalysen.   - Mehrphasensysteme werden unter gleichzeitiger Mittelung analysiert, z.B. klassische Gesteinsanalysen.
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 ===== 6. Die Messung ===== ===== 6. Die Messung =====
-Die Messung ist sicher der komplexeste Vorgang im gesamten Analysenverfahren. Es geht nun darum, die statischen, stoffgebundenen Informationen in dynamische Signale umzuwandeln. Dafür müssen die Bestandteile der Probe zur stofflich-energetischen Wechselwirkung mit von außen kontrolliert zugegebenen Stoffen und/oder Energien gebracht werden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit lassen sich neben schier unbegrenzten chemischen Reaktionen weitere 300 Meßprinzipien erfassendie der Messung zugänglich sind+Die Messung ist der komplexeste Vorgang im Analysenverfahren, bei dem die statischen, stoffgebundenen Informationen in dynamische Signale umgewandelt werden. Neben den unbegrenzt möglichen chemischen Reaktionen sind nach kursorischer Dursicht mehr als 300 Meßprinzipien geeignetsolche stofflich-energetischen Wechselwirkung einer Messung zugänglich zu machen. 
-Jedes einzelne Meßprinzip basiert auf einer eindeutigen Wechselwirkung mit bestimmten Bestandteilen der Probe. Diese Wechselwirkung wird durch eine Meß- oder Eichfunktion mathematisiert: die Meßgröße (Gewicht, Volumen, Extinktion, Leitfähigkeit usw.) entspricht eindeutig der analytischen Information (Gehalt oder Struktur einer Komponente). Die Ergebnisse dieser Eichungen sind beispielsweise Spektrallinientabellen, die Schemata der Trennungsgänge, der elektrogravimetrische Faktor 1, Titrationsfaktoren oder eine mathematische Formel. + 
-" Bei jeder Analyse wird die Probe über die Analysenfunktion (u.U. ist das nur ein Umrechnungsfaktor) mit den Eichproben verglichen, die zur Eichung des Verfahrens benutzt wurden. (Bei gängigen, bewährten Verfahren mag das lange her sein, der Autor und seine Arbeit mögen vergessen sein; seine Ergebnisse gehören jedoch zum anonymen Erfahrungsschatz der Analytischen Chemie)" (Methodicum Chimicum)+Jedes einzelne Meßprinzip basiert auf einer eindeutigen Wechselwirkung mit bestimmten Bestandteilen der Probe. Diese Wechselwirkung wird durch eine Meß- oder Eichfunktion mathematisiert: die Meßgröße (Gewicht, Volumen, Extinktion, Leitfähigkeit usw.) entspricht dabei eindeutig der analytischen Information (Gehalt oder Struktur einer Komponente). Die Ergebnisse dieser Eichungen sind beispielsweise Spektrallinientabellen, die Schemata der Trennungsgänge, der elektrogravimetrische Faktor 1, Titrationsfaktoren oder eine mathematische Formel. 
 + 
 +  »Bei jeder Analyse wird die Probe über die Analysenfunktion 
 +  (u.U. ist das nur ein Umrechnungsfaktor) mit den Eichproben verglichen,  
 +  die zur Eichung des Verfahrens benutzt wurden. 
 +  (Bei gängigen, bewährten Verfahren mag das lange her sein,  
 +  der Autor und seine Arbeit mögen vergessen sein;  
 +  seine Ergebnisse gehören jedoch zum anonymen Erfahrungsschatz der Analytischen Chemie)« 
 +  Methodicum Chimicum
  
 === Einteilung der Meßprinzipien === === Einteilung der Meßprinzipien ===
-Wegen der Vielzahl möglicher Meßprinzipien soll eine ausführliche Gliederung Ordnung bringen. Ausgangspunkt der Gliederung bilden die stofflich-energetischen Wechselwirkungen, die bewußt mit den Bestandteilen der Probe herbeigeführt werden. +Die Vielzahl möglicher Meßprinzipien zeigt sich über die Gliederung der möglichen stofflich-energetischen Wechselwirkungen.
-Bei den sogenannten elastischen Wechselwirkungen werden derzeit elektromagnetische- und Teilchenstrahlung eingesetzt. Die Energie der Strahlung ändert sich dabei nicht (elastische W.), es finden lediglich Richtungsänderungen statt; diese Veränderungen werden zur Strukturaufklärung genutzt. Folgende Abbildung zeigt eine Übersicht der angewandten Meßprinzipien. Dabei führt jede Wellenart durch Beugung, Brechung, Reflexion, Polarisation und Streuung zu unterschiedlichsten Meßprinzipien. +
-Bei den unelastischen Wechselwirkungen verändert sich die Energie der Probe: dabei charakterisiert der resultierende Energiebetrag die Art der vorhandenen Komponenten, während die Summe aller gleichartigen Energiequanten die Menge der Komponenten beschreibt.+
  
-Diese Meßprinzipien lassen sich nun nach der Art der inneren Energie ordnen: +Bei den sogenannten //elastischen Wechselwirkungen// werden derzeit elektromagnetische- und Teilchenstrahlung eingesetztDie Energie der Strahlung ändert sich dabei nicht (elastische W.), es finden lediglich Richtungsänderungen statt; diese Veränderungen werden zur Strukturaufklärung genutztDabei führt jede Wellenart durch BeugungBrechungReflexionPolarisation und Streuung zu unterschiedlichsten Meßprinzipien.
-1. Änderungen der Reaktionsenergie (chemisches und elektrochemisches Potential) +
-2Änderungen der Aggregationsenergie (van-der-Waals-Kräfte, Gitterenergie) +
-3Änderungen der Molekülenergie (Rotations-, Schwingungs-, Dissoziationsenergie) +
-4. Änderungen der Elektronenenergie (Elektronenmomente-niveaus, Ionisierungsenergie) +
-5. Änderungen der Kernenergie (Kernmomente, Nukleonenniveaus, Kernbindungsenergie) +
-6. Änderungen der Translationsenergie (Masse, Ladung)  +
-Zur Konkretisierung wird die Gliederung in der nachstehenden Tabelle weiter ausgeführt. Auch in dieser Tabelle kann die Vielzahl der Möglichkeiten nur angedeutet werden. Auch kann auf Einzelheiten der Meßprinzipien hier nicht eingegangen werden. Auf die chemische Reaktion als Quelle analytischer Reaktionen wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt ausführlich eingegangen. +
-Die folgende Abbildung zeigt das elektromagnetische Spektrum mit den daraus hervorgegangenen Meßprinzipien: sie werden einheitlich unter dem Begriff Spektroskopie zusammengefasst. Die dabei auftretenden Meßgrößen sind WellenlängeWellenzahlFrequenzStrahlungsenergie, thermische Energie, kinetische Energie, de-Broglie-Wellen~ länge u.a.m. Ihnen liegen im Gegensatz zu den unelastischen Wechselwirkungen quantenoptische Erscheinungen und damit ein definierter Energieaustausch mit den Komponenten der Probe zugrunde.  +
-1. Änderungen der Reaktionsenergie (chemisches und elektrochemisches Potential) +
-1.1 Potentialänderungen durch Protonenaustausch +
-1.2 Potentialänderungen durch Ionen- oder Radikalreaktionen +
-1.2.1 Lösen und Aufschließen ohne Redoxvorgänge +
-1.2.2 Fällungen ohne Redoxvorgänge +
-1.2.3 Komplex- und Ligandenaustauschreaktionen +
-1.3 Potentialänderungen durch Elektronenaustausch +
-1.3.1 Redoxreaktionen in homogener Phase +
-1.3.1.1 Oxidierende Verfahren +
-1.3.1.2 Reduzierende Verfahren +
-1.3.2 Redoxreaktionen an Phasengrenzflächen +
-1.3.2.1 Verfahren ohne Elektrodenreaktion +
-1.3.2.1.1 Konduktometrie +
-1.3.2.2 Verfahren mit Elektrodenreaktionen +
-1.3.2.2.1 Potentiometrie +
-1.3.2.2.2 Amperometrie +
-1.3.2.2.3 Elektrogravimetrie +
-1.3.2.2.4 Elektrolytische Trennung +
-2 Änderungen der Aggregationsenergie +
-2.1 Thermische Meßprinzipien +
-2.1.1 Wärmeleitfähigkeitsmessungen +
-2.1.2 Kalorimetrie +
-2.2 Lösen ohne chemische Reaktionen +
-2.2.1 Lösungsmittel +
-2.2.2 Aufschließen durch Energiezufuhr +
-2.2.3 Gleichgewichte an Phasengrenzflächen +
-2.2.3.1 Ausschütteln +
-2.2.3.2 Gaschromatografie +
-2.2.3.3 Fällungen +
-2.2.3.4 Destillation +
-3 Änderungen der Molekülenergie +
-3.1 Mikrowellen-Spektroskopie +
-3.2 IR-Spektroskopie +
-3.3 Raman-Spektroskopie +
-4 Änderungen der Elektronenenergie +
-4.1 UV-VIS-Spektroskopie +
-4.2 Röntgen-Spektroskopie +
-4.3 Elektronenspinresonanz-Spektroskopie +
-5 Änderungen der Kernenergie +
-5.1 Kernresonanz-Spektroskopie +
-5.2 Mößbauer-Spektroskopie +
-5.3 Aktivierungsanalyse +
-6 Änderungen der Translationsenergie +
-6.1 Beschleunigung im elektrischen und magnetischen Feld +
-6.1.1 Massenspektrometrie +
-6.1.2 Elektrodialyse +
-6.1.3 Elektrolyse +
-6.2 Beschleunigung im Schwerefeld +
-6.2.1 Filtration +
-6.2.2 Zentrifugation +
-6.3 Unterschiedliche Wanderung im Zustandsgradienten +
-6.3.1 Wanderung im Druckgradienten +
-6.3.1.1 Druckdiffusion +
-6.3.1.2 Reversosmose +
-6.3.2 Wanderung im Temperaturgradienten +
-6.3.2.1 Destillation +
-6.3.2.2 Sublimation +
-6.3.3 Wanderung im Konzentrationsgradienten +
-6.3.3.1 Diffusion +
  
 +Bei den //unelastischen Wechselwirkungen// verändert sich die innere Energie der Probe: dabei charakterisiert der resultierende Energiebetrag die Art der vorhandenen Komponenten, während die Summe aller gleichartigen Energiequanten die Menge der Komponenten beschreibt:
 +  * der Reaktionsenergie (chemisches und elektrochemisches Potential)
 +  * der Aggregationsenergie (van-der-Waals-Kräfte, Gitterenergie)
 +  * der Molekülenergie (Rotations-, Schwingungs-, Dissoziationsenergie)
 +  * der Elektronenenergie (Elektronenmomente, -niveaus, Ionisierungsenergie)
 +  * der Kernenergie (Kernmomente, Nukleonenniveaus, Kernbindungsenergie)
 +  * der Translationsenergie (Masse, Ladung) 
 +
 +Die folgende Tabelle deutet die Vielzahl der Möglichkeiten nur an, die durch die oben aufgeführten Wechselwirkungen möglich sind.
 +
 +  1. Änderungen der Reaktionsenergie (chemisches und elektrochemisches Potential)
 +   1.1 Potentialänderungen durch Protonenaustausch
 +   1.2 Potentialänderungen durch Ionen- oder Radikalreaktionen
 +    1.2.1 Lösen und Aufschließen ohne Redoxvorgänge
 +    1.2.2 Fällungen ohne Redoxvorgänge
 +    1.2.3 Komplex- und Ligandenaustauschreaktionen
 +   1.3 Potentialänderungen durch Elektronenaustausch
 +    1.3.1 Redoxreaktionen in homogener Phase
 +     1.3.1.1 Oxidierende Verfahren
 +     1.3.1.2 Reduzierende Verfahren
 +    1.3.2 Redoxreaktionen an Phasengrenzflächen
 +     1.3.2.1 Verfahren ohne Elektrodenreaktion
 +      1.3.2.1.1 Konduktometrie
 +     1.3.2.2 Verfahren mit Elektrodenreaktionen
 +      1.3.2.2.1 Potentiometrie
 +      1.3.2.2.2 Amperometrie
 +      1.3.2.2.3 Elektrogravimetrie
 +      1.3.2.2.4 Elektrolytische Trennung
 +  2 Änderungen der Aggregationsenergie
 +   2.1 Thermische Meßprinzipien
 +    2.1.1 Wärmeleitfähigkeitsmessungen
 +    2.1.2 Kalorimetrie
 +   2.2 Lösen ohne chemische Reaktionen
 +    2.2.1 Lösungsmittel
 +    2.2.2 Aufschließen durch Energiezufuhr
 +    2.2.3 Gleichgewichte an Phasengrenzflächen
 +     2.2.3.1 Ausschütteln
 +     2.2.3.2 Gaschromatografie
 +     2.2.3.3 Fällungen
 +     2.2.3.4 Destillation
 +  3 Änderungen der Molekülenergie
 +   3.1 Mikrowellen-Spektroskopie
 +   3.2 IR-Spektroskopie
 +   3.3 Raman-Spektroskopie
 +  4 Änderungen der Elektronenenergie
 +   4.1 UV-VIS-Spektroskopie
 +   4.2 Röntgen-Spektroskopie
 +   4.3 Elektronenspinresonanz-Spektroskopie
 +  5 Änderungen der Kernenergie
 +   5.1 Kernresonanz-Spektroskopie
 +   5.2 Mößbauer-Spektroskopie
 +   5.3 Aktivierungsanalyse
 +  6 Änderungen der Translationsenergie
 +   6.1 Beschleunigung im elektrischen und magnetischen Feld
 +    6.1.1 Massenspektrometrie
 +    6.1.2 Elektrodialyse
 +    6.1.3 Elektrolyse
 +   6.2 Beschleunigung im Schwerefeld
 +    6.2.1 Filtration
 +    6.2.2 Zentrifugation
 +   6.3 Unterschiedliche Wanderung im Zustandsgradienten
 +    6.3.1 Wanderung im Druckgradienten
 +     6.3.1.1 Druckdiffusion
 +     6.3.1.2 Reversosmose
 +    6.3.2 Wanderung im Temperaturgradienten
 +     6.3.2.1 Destillation
 +     6.3.2.2 Sublimation
 +    6.3.3 Wanderung im Konzentrationsgradienten
 +     6.3.3.1 Diffusion 
 +
 +Die Meßgrößen des elektromagnetischen Spektrum sind Wellenlänge, Wellenzahl, Frequenz, Strahlungsenergie, thermische Energie, kinetische Energie, de-Broglie-Wellenlänge u.a.m. Ihnen liegen im Gegensatz zu den unelastischen Wechselwirkungen quantenoptische Erscheinungen und damit ein definierter Energieaustausch mit den Komponenten der Probe zugrunde. 
 ===== 7. Auswertung und Fehlerbetrachtung ===== ===== 7. Auswertung und Fehlerbetrachtung =====
 ==== Daten verarbeiten ==== ==== Daten verarbeiten ====
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     • der Codierung statischer Probensignale in dynamische Signale und     • der Codierung statischer Probensignale in dynamische Signale und
     • der Codierung dynamischer Signale in Meßgrößen.     • der Codierung dynamischer Signale in Meßgrößen.
-Die mathematische Form der Codierung ist zum einen durch das Analysenprinzip festgelegt und wird durch gerätetechnische Randbedingungen der Analysenmethode beeinflußt. In ihrer Gesamtheit ergibt sich daraus die Meß- oder Eichfunktion; deren Umkehrfunktion wird Analysenfunktion genannt. Für unelastische Wechselwirkungen gilt: +Die mathematische Form der Codierung ist zum einen durch das Analysenprinzip festgelegt und wird durch gerätetechnische Randbedingungen der Analysenmethode beeinflußt. In ihrer Gesamtheit ergibt sich daraus die //Meß- oder Eichfunktion//; deren Umkehrfunktion wird //Analysenfunktion// genannt. Für unelastische Wechselwirkungen gilt: 
-Eichfunktion w = f (z) Meßgröße w z z +  Eichfunktion w = f (z) Meßgröße w z z 
-Analysenfunktion z = g (w ) analytische Information z z +  Analysenfunktion z = g (w ) 
-Es besteht eine Beziehung zwischen der Meßgröße (Gewicht, Volumen, Extinktion usw.) und der geforderten analytischen Information (z.B. Gehalt einer Komponente). Diese Beziehung wird immer durch Eichung der Methode erhalten, beispielsweise mittels einer Probe bekannter Zusammensetzung. Mit der Eichung werden die Koeffizienten der Analysenfunktion bestimmt. Diese Koeffizienten können nur dann im voraus festgelegt werden, wenn ihnen eine eindeutige chemische oder physikalische Bedeutung zukommt. Dies ist beispielsweise bei gravimetrischen und titrimetrischen Untersuchungen der Fall; eine zusätzlich noch stattfindende Faktorierung korrigiert dann lediglich nicht eindeutige Abweichungen, die sich aus dem Analysenverfahren ergeben (Konzentrationsänderungen einer älteren Lösung). Praktisch wird die Eichung gravimetrischer und titrimetrischer Methoden nicht mehr durchgeführt, da die betreffenden Werte aus der Literatur bekannt sind. Analytische Information und Meßgröße unterscheiden sich bei diesen Verfahren nur durch einen stöchiometrischen Faktor+  analytische Information z z 
-z = a w z+Es besteht eine Beziehung zwischen der Meßgröße (Gewicht, Volumen, Extinktion usw.) und der geforderten analytischen Information (z.B. Gehalt einer Komponente). Diese Beziehung wird immer durch Eichung der Methode erhalten, beispielsweise mittels einer Probe bekannter Zusammensetzung. Mit der Eichung werden die Koeffizienten der Analysenfunktion bestimmt. Diese Koeffizienten können nur dann im voraus festgelegt werden, wenn ihnen eine eindeutige chemische oder physikalische Bedeutung zukommt. Dies ist beispielsweise bei gravimetrischen und titrimetrischen Untersuchungen der Fall; eine zusätzlich noch stattfindende Faktorierung korrigiert dann lediglich Abweichungen, die sich aus dem Analysenverfahren ergeben (Konzentrationsänderungen einer älteren Lösung). Praktisch wird die Eichung gravimetrischer und titrimetrischer Methoden nicht mehr durchgeführt, da die betreffenden Werte aus der Literatur bekannt sind. Analytische Information und Meßgröße unterscheiden sich bei diesen Verfahren nur durch einen stöchiometrischen Faktor z = a w z
 Im Falle elektrogravimetrischer Metallabscheidung ist dieser Faktor gleich eins. Im Falle elektrogravimetrischer Metallabscheidung ist dieser Faktor gleich eins.
 +
 Die Ergebnisse der Eichung kann die Beziehung zwischen Meß- und Analysengröße auf drei Arten darstellen: Die Ergebnisse der Eichung kann die Beziehung zwischen Meß- und Analysengröße auf drei Arten darstellen:
-    1. Die tabellarische Form wird meist gewählt bei Strukturanalysen (Spektrallinientabelle) und Elementanalysen: schematische Trennungsgänge enthalten die Information, ob ein Element vorhanden ist oder nicht. Andere Tabellen enthalten die Verhältnisse, mit denen Elemente in einer Verbindung enthalten sind (z.B. Sulfatanteil in Bariumsulfat). +  - Die //tabellarische Form// wird meist gewählt bei Strukturanalysen (Spektrallinientabelle) und Elementanalysen: schematische Trennungsgänge enthalten die Information, ob ein Element vorhanden ist oder nicht. Andere Tabellen enthalten die Verhältnisse, mit denen Elemente in einer Verbindung enthalten sind (z.B. Sulfatanteil in Bariumsulfat). 
-    2. Graphische Darstellungen wählt man bevorzugt bei empirischen Eichungen. Aus Gründen der Ablesegenauigkeit wird eine lineare Kurvenform bevorzugt und gegebenenfalls durch Koordinatentransformation erreicht (logarithmisch, halb-logarithmisch). Dies ist die anschaulichste Form der Darstellung. +  - //Graphische Darstellungen// wählt man bevorzugt bei empirischen Eichungen. Aus Gründen der Ablesegenauigkeit wird eine lineare Kurvenform bevorzugt und gegebenenfalls durch Koordinatentransformation erreicht (logarithmisch, halb-logarithmisch). Dies ist die anschaulichste Form der Darstellung. 
-    3. Funktionsgleichungen sind die abstrakteste und komprimierteste Darstellungsform. Mathematisch geschulten Personen fällt das Erkennen von Gesetzmäßigkeiten leichter. Nachteilig ist die aufwendige Ableitung aus den Eichpunkten mittels Regression. +  - //Funktionsgleichungen// sind die abstrakteste und komprimierteste Darstellungsform. Mathematisch geschulten Personen fällt das Erkennen von Gesetzmäßigkeiten leichter. Nachteilig ist die aufwendige Ableitung aus den Eichpunkten mittels Regression. 
-Am Beispiel einer Schwefelsäure-Bestimmung sollen diese Zusammenhänge verdeutlicht werden:+ 
 +Am **Beispiel einer Schwefelsäure-Bestimmung** sollen diese Zusammenhänge verdeutlicht werden:
 Eine Lösung enthält einen exakten, aber uns unbekannten Sulfatanteil (statisches Signal 1). In der Reaktion mit Bariumacetat oder Calciumoxalat oder Bleichromat oder .... fällt ein schwerlösliches Produkt aus. Dieses Produkt enthält wieder denselben, uns immer noch unbekannten Sulfatanteil (statisches Signal 2). Dennoch liefert uns diese Reaktion alle Informationen, um an die gesuchte analytische Information (Sulfat- oder Schwefelsäuregehalt) zu gelangen.  Eine Lösung enthält einen exakten, aber uns unbekannten Sulfatanteil (statisches Signal 1). In der Reaktion mit Bariumacetat oder Calciumoxalat oder Bleichromat oder .... fällt ein schwerlösliches Produkt aus. Dieses Produkt enthält wieder denselben, uns immer noch unbekannten Sulfatanteil (statisches Signal 2). Dennoch liefert uns diese Reaktion alle Informationen, um an die gesuchte analytische Information (Sulfat- oder Schwefelsäuregehalt) zu gelangen. 
  
-Bei der gravimetrischen Vorgehensweise wird das schwerlösliche Produkt in sauberer, trockener Form gewogen (Meßgröße: Masse) und wir erhalten einen definierten Meßwert. Um daraus die gewünschte analytische Information zu erhalten, bedarf es der Eichung. Dazu könnte man Lösungen mit bekannter Sulfatkonzentration mit Bariumacetat oder Calciumoxalat oder Bleichromat oder .... umsetzen, das schwerlösliche Produkt wiegen und dessen Masse ins Verhältnis zu den bekannten Sulfatkonzentrationen setzen: Ergebnis wäre ein gleichbleibender analytischer Faktor a. Da die zugrundeliegenden Reaktionen naturgesetzlich determiniert sind, kann sich dieser Faktor niemals ändern und wird in Tabellenwerke oder analytische Handbücher aufgenommen. Die gesuchte Sulfatkonzentration z ergibt sich nun aus Multiplikation des Faktors a mit dem Meßwert w:+Bei der //gravimetrischen Vorgehensweise// wird das schwerlösliche Produkt in sauberer, trockener Form gewogen (Meßgröße: Masse) und wir erhalten einen definierten Meßwert. Um daraus die gewünschte analytische Information zu erhalten, bedarf es der Eichung. Dazu könnte man Lösungen mit bekannter Sulfatkonzentration mit Bariumacetat oder Calciumoxalat oder Bleichromat oder .... umsetzen, das schwerlösliche Produkt wiegen und dessen Masse ins Verhältnis zu den bekannten Sulfatkonzentrationen setzen: Ergebnis wäre ein gleichbleibender analytischer Faktor a. Da die zugrundeliegenden Reaktionen naturgesetzlich determiniert sind, kann sich dieser Faktor niemals ändern und wird in Tabellenwerke oder analytische Handbücher aufgenommen. Die gesuchte Sulfatkonzentration z ergibt sich nun aus Multiplikation des Faktors a mit dem Meßwert w:\\ 
 Analytische Information = Faktor x Meßwert Analytische Information = Faktor x Meßwert
  
-Dieselben Reaktionen können auch als Fällungstitration durchgeführt werden. Der Endpunkt der Reaktion wird konduktometrisch oder potentiometrisch bestimmt. Der eigentliche Meßwert ist dann das Volumen der zugegebenen Lösung (Bariumacetat, Calciumoxalat, Bleichromat) bekannter Konzentration. Die Eichung kann erfolgen wie bei der gravimetrischen Bestimmung. Sie kann aber auch nach der gleichen Methode titrimetrisch anhand Sulfatlösungen bekannter Konzentration durchgeführt werden. Auf jeden Fall erhält man auch hier einen Faktor, der jedoch auf die verwendeten Lösungen (z.B. c= 1 mol/l) bezogen und daher vom Faktor a verschieden ist. Die verwendeten Lösungen können von Labor zu Labor einen weiteren, jeweils unterschiedlichen Faktor haben (z.B. 0,9876), der aber nur zur Korrektur einer abweichenden Konzentration dient.+Dieselben Reaktionen können auch als //Fällungstitration// durchgeführt werden. Der Endpunkt der Reaktion wird konduktometrisch oder potentiometrisch bestimmt. Der eigentliche Meßwert ist dann das Volumen der zugegebenen Lösung (Bariumacetat, Calciumoxalat, Bleichromat) bekannter Konzentration. Die Eichung kann erfolgen wie bei der gravimetrischen Bestimmung. Sie kann aber auch nach der gleichen Methode titrimetrisch anhand Sulfatlösungen bekannter Konzentration durchgeführt werden. Auf jeden Fall erhält man auch hier einen Faktor, der jedoch auf die verwendeten Lösungen (z.B. c= 1 mol/l) bezogen und daher vom Faktor a verschieden ist. Die verwendeten Lösungen können von Labor zu Labor einen weiteren, jeweils unterschiedlichen Faktor haben (z.B. 0,9876), der aber nur zur Korrektur einer abweichenden Konzentration dient.
 Bei der Fällungsreaktion mit Bariumchlorid wäre sogar eine photometrische Bestimmung der entstehenden Trübung möglich; Bariumchlorid-Lösung würde im Überschuß zugesetzt. Meßwert ist dann die Extinktion. Zur Eichung werden verschiedene Sulfatlösungen unterschiedlicher Konzentration ebenso behandelt und man erhält entweder einen Umrechungsfaktor oder erstellt einen graphischen Zusammenhang zwischen Extinktion und Sulfatkonzentration. Bei der Fällungsreaktion mit Bariumchlorid wäre sogar eine photometrische Bestimmung der entstehenden Trübung möglich; Bariumchlorid-Lösung würde im Überschuß zugesetzt. Meßwert ist dann die Extinktion. Zur Eichung werden verschiedene Sulfatlösungen unterschiedlicher Konzentration ebenso behandelt und man erhält entweder einen Umrechungsfaktor oder erstellt einen graphischen Zusammenhang zwischen Extinktion und Sulfatkonzentration.
  
 ==== Die Suche nach dem wahren Wert ==== ==== Die Suche nach dem wahren Wert ====
-Ergebnis unseres Beispiels ist ein Zahlenwert, der die Masse oder Konzentration angibt. Ein sorgfältiger Analytiker hat den gesamten Vorgang mehrfach wiederholt und erhält jedes Mal einen anderen Zahlenwert. Das kann, muß aber kein Grund zur Beunruhigung sein. +Das Ergebnis obigen Beispiels ist ein Zahlenwert, der die Masse oder Konzentration angibt. Ein sorgfältiger Analytiker hat den gesamten Vorgang mehrfach wiederholt und erhält jedes Mal einen etwas anderen Zahlenwert. Das kann, muß aber kein Grund zur Beunruhigung sein.
-Ziel des analytischen Prozesses ist es, einen wahren Wert zu finden. Nach all dem, was bislang ausgeführt wurde, scheint dies prinzipiell unmöglich zu sein. Anzustreben ist jedoch eine möglichst gute Annäherung an den wahren Wert. Wie kann der Analytiker herausfinden, ob er sich dem wahren Wert gut oder schlecht angenähert hat? Das zu zeigen, ist Ziel dieses Abschnittes. +
-Nehmen wir an, eine Probe mit bekanntem Gehalt eines Stoffes wird von verschiedenen Personen mehrfach analysiert und die Ergebnisse werden anhand einer Zielscheibe verglichen, deren Mittelpunkt den wahren Wert darstellt (siehe Abbildung). Dann lassen sich die folgenden Typen erkennen:+
  
-Fehlerart +Ziel des analytischen Prozesses ist es, einen wahren Wert zu finden. Nach all dem, was bislang ausgeführt wurde, scheint dies prinzipiell unmöglich zu sein. Anzustreben ist jedoch erstens eine möglichst gute Annäherung an den wahren Wert und zweitens eine Angabe, wie gut diese Annäherung ist. Wie kann der Analytiker herausfinden, ob er sich dem wahren Wert gut oder schlecht angenähert hat?
-zufälliger  +
-systematischer  +
-grober +
-Verfahrens-+
  
-Fehler +Nehmen wir an, eine Probe mit bekanntem Gehalt eines Stoffes wird von verschiedenen Personen mehrfach analysiert und die Ergebnisse werden anhand einer Zielscheibe verglichen, deren Mittelpunkt den wahren Wert darstellt. Dann lassen sich die folgenden Typen von Fehlern erkennen: 
-Präzision + 
-schlecht  +^Fehlerart^Präzision^Richtigkeit^Korrektur mittels^ 
-gut  +^zufälliger F. |schlecht  |gut  |Fehlerrechnung | 
-mittel  +^systematischer  F. |gut  |schlecht  |Verfahrensänderung | 
-optimal +^grober F. |mittel  |mittel  |Ausreißer-Test | 
-Richtigkeit +^Verfahrens-F. |optimal |optimal |Verfahrensvergleich |
-gut  +
-schlecht  +
-mittel  +
-optimal +
-Korrektur  +
-Fehlerrechnung +
-Verfahrensänderung +
-Ausreißer-Test +
-Verfahrensvergleich+
  
 === Zufällige Fehler === === Zufällige Fehler ===
 Zufällige Fehler verursachen eine Streuung um den wahren Wert und beeinflussen die Reproduzierbarkeit der Werte. Sie sind unvermeidbar und hängen von Schwankungen der Fehlerquellen ab (z.B. natürliche Schwankungen beim Pipettieren). Zur Minimierung werden Wiederholungsmessungen mit demselben Verfahren und durch denselben Analytiker durchgeführt und der Mittelwert gebildet. Die mit statistischen Methoden errechenbare Streuung um den Mittelwert ist ein Parameter für die Genauigkeit der Messung. Zufällige Fehler verursachen eine Streuung um den wahren Wert und beeinflussen die Reproduzierbarkeit der Werte. Sie sind unvermeidbar und hängen von Schwankungen der Fehlerquellen ab (z.B. natürliche Schwankungen beim Pipettieren). Zur Minimierung werden Wiederholungsmessungen mit demselben Verfahren und durch denselben Analytiker durchgeführt und der Mittelwert gebildet. Die mit statistischen Methoden errechenbare Streuung um den Mittelwert ist ein Parameter für die Genauigkeit der Messung.
 +
 Der Mittelwert ist eine optimale Annäherung an den wahren Wert, den man bei unendlichfacher Wiederholung der Messungen erhalten würde. Die Präzision steigt aber nicht linear mit der Anzahl zusätzlicher Messungen, sondern mit der Wurzel aus deren Anzahl: vier Messungen sind doppelt so genau wie eine Messung; hundert Messungen sind zehnmal so genau wie eine, aber nur fünfmal so genau wie vier Messungen. Messwerte mit steigender oder fallender Tendenz dürfen nicht zur Mittelwertbildung herangezogen werden. Die Meßwerte müssen der Gaußschen Normalverteilung gehorchen. Der Mittelwert ist eine optimale Annäherung an den wahren Wert, den man bei unendlichfacher Wiederholung der Messungen erhalten würde. Die Präzision steigt aber nicht linear mit der Anzahl zusätzlicher Messungen, sondern mit der Wurzel aus deren Anzahl: vier Messungen sind doppelt so genau wie eine Messung; hundert Messungen sind zehnmal so genau wie eine, aber nur fünfmal so genau wie vier Messungen. Messwerte mit steigender oder fallender Tendenz dürfen nicht zur Mittelwertbildung herangezogen werden. Die Meßwerte müssen der Gaußschen Normalverteilung gehorchen.
  
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 Absolute, systematische Fehlerquellen sind z.B.: Absolute, systematische Fehlerquellen sind z.B.:
-    • Verwendete Reagenzien sind nicht konstant, sondern wechselhaft verunreinigt. Blindwerte aus früheren Meßreihen sind damit falsch. +  * Verwendete Reagenzien sind nicht konstant, sondern wechselhaft verunreinigt. Blindwerte aus früheren Meßreihen sind damit falsch. 
-    • Während der Analyse wird, z.B. durch Einengen oder Stoffzugabe, die Löslichkeit der zu bestimmenden Komponente überschritten und ein Teil fällt aus. +  Während der Analyse wird, z.B. durch Einengen oder Stoffzugabe, die Löslichkeit der zu bestimmenden Komponente überschritten und ein Teil fällt aus. 
-    • Die zu bestimmende Komponente liegt in mehreren Formen vor oder wurde teilweise komplexiert und verhält sich damit im Analysenverfahren anders. +  Die zu bestimmende Komponente liegt in mehreren Formen vor oder wurde teilweise komplexiert und verhält sich damit im Analysenverfahren anders. 
-    • Das dynamische Signal einer Komponente wird von dem Signal einer anderen Komponente überlagert, verdeckt oder verändert (z.B. Peaks in der Gaschromatografie oder HPLC).+  Das dynamische Signal einer Komponente wird von dem Signal einer anderen Komponente überlagert, verdeckt oder verändert (z.B. Peaks in der Gaschromatografie oder HPLC). 
 Relative, systematische Fehlerquellen sind: Relative, systematische Fehlerquellen sind:
-    • mit verunreinigten Reagenzien erstellte Eichkurven; +  * mit verunreinigten Reagenzien erstellte Eichkurven; 
-    • falsche Gehaltsangabe der Standardlösungen; +  falsche Gehaltsangabe der Standardlösungen; 
-    • falsche Umrechnungsfaktoren. +  falsche Umrechnungsfaktoren. 
-(aus: Ullmans Enzyklopädie der Technischen Chemie, Band 5, Bandermann: "Auswertung von Meßdaten"+((aus: Ullmans Enzyklopädie der Technischen Chemie, Band 5, Bandermann: "Auswertung von Meßdaten")
  
 Systematische Fehler lassen sich in Analysenverfahren nur durch komplexe statistische Verfahren aufdecken. Eine Möglichkeit ist die Modellanalyse: dabei wird die zu untersuchende Komponente in bekannter Konzentration vorgegeben und das Verfahren durchgeführt. Im Idealfall sollten die Ergebnisse nur um den Betrag des Zufallsfehlers schwanken - dies muß statistisch verglichen werden. Eine weitere, aufwendigere Möglichkeit ist es, das Verfahren bei wechselnden Parametern (Zeit, Konzentration, Temperatur, Reagenzien, Geräten, Analytiker) durchzuführen und die Ergebnisse und Varianzen zu vergleichen. Systematische Fehler lassen sich in Analysenverfahren nur durch komplexe statistische Verfahren aufdecken. Eine Möglichkeit ist die Modellanalyse: dabei wird die zu untersuchende Komponente in bekannter Konzentration vorgegeben und das Verfahren durchgeführt. Im Idealfall sollten die Ergebnisse nur um den Betrag des Zufallsfehlers schwanken - dies muß statistisch verglichen werden. Eine weitere, aufwendigere Möglichkeit ist es, das Verfahren bei wechselnden Parametern (Zeit, Konzentration, Temperatur, Reagenzien, Geräten, Analytiker) durchzuführen und die Ergebnisse und Varianzen zu vergleichen.
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 Die groben Fehler sind nicht korrigierbar und können bei der statistischen Aufarbeitung der Ergebnisse nicht berücksichtigt werden. Sie gelten als Ausreißer und können mit geeigneten mathematischen Verfahren als solche erkannt werden (z.B. nach Nalimov).  Die groben Fehler sind nicht korrigierbar und können bei der statistischen Aufarbeitung der Ergebnisse nicht berücksichtigt werden. Sie gelten als Ausreißer und können mit geeigneten mathematischen Verfahren als solche erkannt werden (z.B. nach Nalimov). 
 Fehlerquellen können beispielsweise sein:  Fehlerquellen können beispielsweise sein: 
-    • Einstellung einer falschen Wellenlänge +  * Einstellung einer falschen Wellenlänge 
-    • Weglassen oder Zusatz eines Reaktanden +  Weglassen oder Zusatz eines Reaktanden 
-    • Ablesen auf falscher Skala usw.+  Ablesen auf falscher Skala usw.
  
 === Verfahrensfehler === === Verfahrensfehler ===
 Die Einteilung in einen Verfahrensfehler ist unüblich, da normalerweise nur die Fehler während der Durchführung einer Methode betrachtet werden. Sie ist aber nützlich, da schon bei der Auswahl eines Verfahrens dessen verfahrenseigener Fehler akzeptiert wird. Die Einteilung in einen Verfahrensfehler ist unüblich, da normalerweise nur die Fehler während der Durchführung einer Methode betrachtet werden. Sie ist aber nützlich, da schon bei der Auswahl eines Verfahrens dessen verfahrenseigener Fehler akzeptiert wird.
  
-Es gibt einen analytischen Störpegel, der bei kleinen Konzentrationen für große Unsicherheit sorgt, ob ein beobachteter Meßwert tatsächlich von der zu bestimmenden Komponente verursacht wird oder von unbeherrsch­baren Störungen herrührtDies können zum Beispiel sein: die Brownsche Molekularbewegung bei der Waage oder das Rauschen in der Elektronik, Verunreinigungen der Reagenzien, Nebenreaktionen, Absorption an Gefäßwänden, Temperaturschwankungen der Lichtquelle bei der Spektroskopie. Dieser Störpegel zeigt sich, wenn bei der Untersuchung von Blindproben (sinnlose) Werte gefunden werden. +Ein Maß für Verfahrensinhärente Fehler ist der **Störpegel**, der durch das Untersuchen von Blindproben gemessen werden kannDiese Abweichungen vom eigentlich zu erwartenden Basispegel (meist Null)  entstehen beispielsweise durch die Brownsche Molekularbewegung bei der Waage oder das Rauschen in der Elektronik, Verunreinigungen der Reagenzien, Nebenreaktionen, Absorption an Gefäßwänden, Temperaturschwankungen der Lichtquelle bei der Spektroskopie.  
-Hier muß eine Grenze gezogen werden, bei der gemessene Werte noch als sinnvoll anerkannt werden können; diese Grenze ist die Nachweisgrenze. Sie erhält man, indem man zahlreiche Blindproben mißt, den Mittelwert und die Standardabweichung ermittelt. Zu 99,9% hat man kein Störsignal gemessen, wenn man die Nachweisgrenze um drei Standardabweichungen oberhalb des Mittelwertes festgelegt. Die Nachweisgrenze sagt daher aus, daß ein Meßwert in diesem Bereich zu 99,9% keine Störung ist, sondern durch die zu bestimmende Komponente verursacht wurde. Dies macht die folgende Abbildung deutlich:+ 
 +Hier muß eine Grenze gezogen werden, bei der gemessene Werte noch als sinnvoll anerkannt werden können; diese Grenze ist die **Nachweisgrenze**. Sie erhält man, indem man zahlreiche Blindproben mißt, den Mittelwert und die Standardabweichung ermittelt. Zu 99,9% hat man kein Störsignal gemessen, wenn man die Nachweisgrenze um drei Standardabweichungen oberhalb des Mittelwertes festgelegt. Die Nachweisgrenze sagt daher aus, daß ein Meßwert in diesem Bereich zu 99,9% keine Störung ist, sondern durch die zu bestimmende Komponente verursacht wurde. 
  
 Nun ist allerdings jeder Meßwert an der Nachweisgrenze mit einer großen Streuung behaftet, dementsprechend ist seine Standardabweichung sehr groß. Dies führt zu einer seltsamen Schlußfolgerung: zwar sagt ein Meßsignal an der Nachweisgrenze aus, daß dieser Stoff sicher vorhanden ist - aber kein Meßsignal zu haben, bedeutet nicht die Abwesenheit dieses Stoffes. Aufgrund seiner Standardabweichung kann sein Meßsignal auch unterhalb der Nacheisgrenze liegen und wird damit nicht erfasst oder nicht anerkannt! Insgesamt wird man nur in 50% aller Fälle ein Meßsignal über der Nachweisgrenze erhalten. Nun ist allerdings jeder Meßwert an der Nachweisgrenze mit einer großen Streuung behaftet, dementsprechend ist seine Standardabweichung sehr groß. Dies führt zu einer seltsamen Schlußfolgerung: zwar sagt ein Meßsignal an der Nachweisgrenze aus, daß dieser Stoff sicher vorhanden ist - aber kein Meßsignal zu haben, bedeutet nicht die Abwesenheit dieses Stoffes. Aufgrund seiner Standardabweichung kann sein Meßsignal auch unterhalb der Nacheisgrenze liegen und wird damit nicht erfasst oder nicht anerkannt! Insgesamt wird man nur in 50% aller Fälle ein Meßsignal über der Nachweisgrenze erhalten.
  
-Um nun in 99,9% aller Fälle, in denen eine Komponente vorliegt, ein positives Ergebnis zu finden, wurde die Bestimmungsgrenze definiert: sie liegt um sechs Standardabweichungen über dem Blindwert. Auch dieser Zusammenhang wird in einer Abbildung verdeutlicht:  +Um nun in 99,9% aller Fälle, in denen eine Komponente vorliegt, ein positives Ergebnis zu finden, wurde die **Bestimmungsgrenze** definiert: sie liegt um sechs Standardabweichungen über dem Blindwert.
-Folgende Abbildung vergleicht die Nachweisgrenzen verschiedener Analysenverfahren:+
  
 ==== Fehlerquellen ==== ==== Fehlerquellen ====
-Grundsätzlich lassen sich alle Fehler in den folgenden Kategorien erfassen: +Grundsätzlich lassen sich alle Fehler in den folgenden Kategorien erfassen:\\  
-1. Instrumentelle Fehler +**1. Instrumentelle Fehler** 
-    • Waage mit Schlagseite +  Waage mit Schlagseite 
-    • schlecht oder nicht geeichte Meßgeräte +  schlecht oder nicht geeichte Meßgeräte 
-    • unreine Reagentien +  unreine Reagentien 
-    • defekte Geräte +  defekte Geräte 
-    • angegebener Gerätefehler +  angegebener Gerätefehler 
-2. Methodische Fehler +**2. Methodische Fehler** 
-    • Mitfällung von Eisen und Mangan +  Mitfällung von Eisen und Mangan 
-    • Restlöslichkeit schwerlöslicher Substanzen +  Restlöslichkeit schwerlöslicher Substanzen 
-    • Nebenreaktionen +  Nebenreaktionen 
-    • Absorption an Gefäßwänden +  Absorption an Gefäßwänden 
-3. Handhabungsfehler +**3. Handhabungsfehler** 
-    • falsches Filterpapier +  falsches Filterpapier 
-    • Siedeverzug +  Siedeverzug 
-    • nicht abgedecktes Glas +  nicht abgedecktes Glas 
-    • Meßgeräte werden falsch bedient +  Meßgeräte werden falsch bedient 
-    • Versuchsvorschriften werden nicht exakt beachtet +  Versuchsvorschriften werden nicht exakt beachtet 
-4. Menschliche Fehler +**4. Menschliche Fehler** 
-    • Erwartungen und Hoffnungen +  Erwartungen und Hoffnungen 
-    • Befürchtungen und Ängste +  Befürchtungen und Ängste bewirken einseitig falsche Handlungsweisen, durch die unbewußt ein bestimmtes Ergebnis bevorzugt oder verhindert werden soll.
-bewirken einseitig falsche Handlungsweisen, durch die unbewußt ein bestimmtes Ergebnis bevorzugt oder verhindert werden soll.+
  
 ==== Fehlerbetrachtung und Fehlerfortpflanzung ==== ==== Fehlerbetrachtung und Fehlerfortpflanzung ====
-Das Analysenresultat soll nun kritisch betrachtet werden, dabei fließen die bisherigen Ausführungen über Fehler mit ein. Vorab sei nochmals daran erinnert, daß der gesuchte wahre Wert eindeutig und unveränderlich ist; man kann ihn sich als Punkt auf der Schießscheibe oder als exakten Wert beliebiger Genauigkeit auf einem Zahlenstrahl vorstellen. Der wahre Wert existiert jedoch nur in der Vorstellung, da er niemals ermittelbar sein wird. +Das Analysenresultat soll nun kritisch betrachtet werden, dabei fließen die bisherigen Ausführungen über Fehler mit ein. Vorab sei nochmals daran erinnert, daß  
-Das prinzipiell fehlerbehaftete Analysenresultat ist eine Annäherung an diesen Wert; man kann es sich als Fläche auf der Schießscheibe oder als Bereich auf dem Zahlenstrahl vorstellen. Innerhalb dieses Bereiches ist der wahre Wert mit 95% oder 99%- oder 99,9%-iger Sicherheit zu finden - man nennt das den Vertrauensbereich.+ 
 +Der gesuchte wahre Wert ist zwar eindeutig und unveränderlichjedoch leider unbekannt. Das prinzipiell fehlerbehaftete Analysenergebnis nähert sich diesen Wert an. Durch die Fehleranalyse läßt sich der Bereich um den ermittelten Wert angeben, in dem der wahre Wert mit 95% oder 99%- oder 99,9%-iger Sicherheit zu finden ist - den **Vertrauensbereich**.
  
 == Der absolute Fehler == == Der absolute Fehler ==
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  x - u = Fa  x - u = Fa
 Da der wahre Wert aber unbekannt ist, kann der absolute Fehler nicht auf diese Weise ermittelt werden; die Verfahren, ihn dennoch zu erhalten, werden im folgenden geschildert. Sie unterscheiden sich je nachdem, ob Einzel- oder Wiederholungsmessungen vorliegen. Da der wahre Wert aber unbekannt ist, kann der absolute Fehler nicht auf diese Weise ermittelt werden; die Verfahren, ihn dennoch zu erhalten, werden im folgenden geschildert. Sie unterscheiden sich je nachdem, ob Einzel- oder Wiederholungsmessungen vorliegen.
 +
 Bei Einzelmessungen erhält man den absoluten Fehler am sichersten durch eine kritische Prüfung des Verfahrens. Dies beinhaltet aufwendige Kontrollmessungen und eine entsprechende statistische Auswertung. Lohnen wird sich dieser Aufwand vermutlich nur, wenn das Verfahren zur Serienanalyse eingesetzt wird. Hat der Analytiker bereits lange Erfahrung mit dem Verfahren, so ist auch das Schätzen zugelassen. Handelt es sich um ein älteres oder bekanntes Verfahren, so besteht die Möglichkeit in der Literatur auf eine Angabe des absoluten Fehlers zu stoßen. Eventuell finden sich im Handbuch auch Angaben des Geräteherstellers. Als unverzichtbares Minimum ist allerdings die Angabe der Ablesefehler aller verwendeten Meßgeräte erforderlich! Bei Einzelmessungen erhält man den absoluten Fehler am sichersten durch eine kritische Prüfung des Verfahrens. Dies beinhaltet aufwendige Kontrollmessungen und eine entsprechende statistische Auswertung. Lohnen wird sich dieser Aufwand vermutlich nur, wenn das Verfahren zur Serienanalyse eingesetzt wird. Hat der Analytiker bereits lange Erfahrung mit dem Verfahren, so ist auch das Schätzen zugelassen. Handelt es sich um ein älteres oder bekanntes Verfahren, so besteht die Möglichkeit in der Literatur auf eine Angabe des absoluten Fehlers zu stoßen. Eventuell finden sich im Handbuch auch Angaben des Geräteherstellers. Als unverzichtbares Minimum ist allerdings die Angabe der Ablesefehler aller verwendeten Meßgeräte erforderlich!
-Man sollte sich jedoch vor Augen halten, daß die beste Möglichkeit, den absoluten Fehler zu ermitteln und gleichzeitig zu verringern, die Wiederholungsmessung ist! Hier ermittelt man den absoluten Fehler als Standardabweichung s.+Die beste Möglichkeit, den absoluten Fehler zu ermitteln und gleichzeitig zu verringern, ist die Wiederholungsmessung ist! Damit ermittelt man den absoluten Fehler als Standardabweichung s.
  
-Die einfachste Methode: +=== Die einfachste Methode: Angabe und Berücksichtigung der Ablesefehler === 
-Angabe und Berücksichtigung der Ablesefehler +Meist wird sich der Analytiker damit begnügen, nur einmal zu pipettieren, zu titrieren oder abzuwiegen. Jeder dieser Meßwerte gilt dann als Einzelmessung. Ein solcher Wert wird nur mit so vielen (signifikanten, tragenden) Ziffern angegeben, wie es der absolute Fehler noch zuläßt. Der absolute Fehler ist dann beispielsweise der Pipettenbeschriftung oder Tabellen über die Genauigkeit von Pipetten zu entnehmen; bei Waagen macht der Hersteller meist Angaben über den absoluten Fehler in den verschiedenen Wägebereichen; bei Zeigerinstrumenten gilt meist der kleinste Skalenabstand als absoluter Fehler. Wert und Fehler werden immer zusammen angegeben: 
-Meistens wird sich der Analytiker damit begnügen, nur einmal zu pipettieren, zu titrieren oder abzuwiegen. Jeder dieser Meßwerte gilt dann als Einzelmessung. Ein solcher Wert wird nur mit so vielen (signifikanten, tragenden) Ziffern angegeben, wie es der absolute Fehler noch zuläßt. Der absolute Fehler ist dann beispielsweise der Pipettenbeschriftung oder Tabellen über die Genauigkeit von Pipetten zu entnehmen; bei Waagen macht der Hersteller meist Angaben über den absoluten Fehler in den verschiedenen Wägebereichen; bei Zeigerinstrumenten gilt meist der kleinste Skalenabstand als absoluter Fehler. Wert und Fehler werden immer zusammen angegeben: +  1,6483 g +/- 0,0001 g 5 signifikante Ziffern 
-1,6483 g +/- 0,0001 g 5 signifikante Ziffern +  Unmittelbar vor oder hinter dem Komma stehende Nullen gelten als nicht signifikant, 
-Unmittelbar vor oder hinter dem Komma stehende Nullen gelten als nicht signifikant, da sie nicht gemessen wurden: bei der Umwandlung in Zehnerpotenzen verschwinden sie. +  da sie nicht gemessen wurden: bei der Umwandlung in Zehnerpotenzen verschwinden sie. 
-0,0164 = 1,64 10-2 3 signifikante Ziffern +  0,0164 = 1,64 10-2 3 signifikante Ziffern 
-0,00016 = 1,6 10-4 2 signifikante Ziffern  +  0,00016 = 1,6 10-4 2 signifikante Ziffern 
-Nullen, die zwischen den Ziffern oder unmittelbar hinter der letzten Ziffer stehen, sind signifikant, da sie gemessen wurden. +  Nullen, die zwischen den Ziffern oder unmittelbar hinter der letzten Ziffer stehen,  
-36,608 5 signifikante Ziffern +  sind signifikant, da sie gemessen wurden. 
-641,0 4 signifikante Ziffern +  36,608 5 signifikante Ziffern 
-Wird das Analysenresultat aus mehreren Meßwerten berechnet, so bestimmt der ungenaueste Meßwert die Genauigkeit des Ergebnisses: hat der ungenaueste Meßwert drei Ziffern, so darf auch das Analysenresultat nur mit drei Ziffern Genauigkeit angegeben werden! +  641,0 4 signifikante Ziffern 
- +Wird das Analysenresultat aus mehreren Meßwerten berechnet, so bestimmt der ungenaueste Meßwert die Genauigkeit des Ergebnisses: hat der ungenaueste Meßwert drei signifikante Ziffern, so darf auch das Analysenresultat nur mit drei Ziffern Genauigkeit angegeben werden! 
-Beispiele: +Dieses **Signifikanzverfahren** ist eine Schätzung, die nach Regeln abläuft und keine mathematische Ermittlung des Fehlerssie verhindert lediglich eine allzu großeunbegründete Genauigkeit
-Zur Bestimmung der Dichte eines Stoffes wird seine Masse mit m = 3,847 g und sein Volumen mit V = 0,63 ml bestimmt. Berechne die Dichte und berücksichtige im Analysenresultat die Signifikanz der Messwerte. +
-Bei der Vorbereitung werden unterschiedliche Mengen von drei Stoffen zusammen eingewogen. Der Laborant benutzt drei Waagen unterschiedlicher Genauigkeit. Gebe die Gesamtmasse an: +
-m (1) = 0,543815 g m(2) = 16,037 g m(3) = 138 g +
-Um den Glühverlust einer Probe zu bestimmen, wird die Masse eines Tiegels vor und nach dem Glühen bestimmtGebe den Glühverlust und die Anzahl der signifikanten Stellen an: +
-m (vor dem Glühen) = 23,0649 g +
-m (nach dem Glühen) = 23,0286 g+
  
 === Die Methode der Fehlerfortpflanzung === === Die Methode der Fehlerfortpflanzung ===
-Das Signifikanzverfahren ist eine Schätzung, die nach Regeln abläuft und keine mathematische Ermittlung des Fehlers: sie verhindert lediglich eine allzu große, unbegründete Genauigkeit. Um im Resultat für den absoluten Fehler exakte Zahlen anzugeben, müssen nicht nur alle Teilfehler bei allen Teilmessungen berücksichtigt werden. Es muß auch berücksichtigt werden, wie sich diese Teilfehler durch die Berechnungen fortpflanzen. Dies sei an enem einfachen Beispiel illustriert: +Um im Resultat für den absoluten Fehler exakte Zahlen anzugeben, müssen nicht nur alle Teilfehler bei allen Teilmessungen berücksichtigt werden. Es muß auch berücksichtigt werden, wie sich diese Teilfehler durch die Berechnungen fortpflanzen. Dies sei an enem einfachen Beispiel illustriert: 
-Tiegel mit Inhalt 25,3692 g +/- 0,0001 g +  Tiegel mit Inhalt 25,3692 g +/- 0,0001 g 
-Tiegel, leer 25,2346 g +/- 0,0001 g +  Tiegel, leer 25,2346 g +/- 0,0001 g 
-Masse des Inhalts 0,1346 g +/- 0,0002 g+  Masse des Inhalts 0,1346 g +/- 0,0002 g
 Es wird deutlich, daß sich die Fehler (bei Strichrechnung) addieren - egal, ob es sich dabei um Addition oder Subtraktion handelt. Mathematisch läßt sich das folgendermaßen schreiben: Es wird deutlich, daß sich die Fehler (bei Strichrechnung) addieren - egal, ob es sich dabei um Addition oder Subtraktion handelt. Mathematisch läßt sich das folgendermaßen schreiben:
- E = x + y + z E = Endergebnis +  E = x + y + z E = Endergebnis 
- E+ E = x + x + y + y + z + z E = Fehler des Ergebnisses +  E+ E = x + x + y + y + z + z E = Fehler des Ergebnisses 
- E = x + y + z x = Fehler der Einzelwerte +  E = x + y + z x = Fehler der Einzelwerte 
- + E+ E = E ( x + y + z ) -+  + E+ E = E ( x + y + z ) -
 Bei Punktrechnung gilt: Bei Punktrechnung gilt:
- x + y E = z +  x + y E = z 
- x y z E = ( + + ) E x y z  +  x y z E = ( + + ) E x y z  
-Auch dafür ein Beispiel:+Beispiel:
 Eine Analyse erbringt folgende Zwischenergebnisse: Eine Analyse erbringt folgende Zwischenergebnisse:
- Auswaage = 0,1346 g 0,0002 g - +  Auswaage = 0,1346 g 0,0002 g 
- Einwaage = 1,0898 g 0,0002 g - +  Einwaage = 1,0898 g 0,0002 g 
- Faktor = 0,2394 0,0001 - +  Faktor = 0,2394 0,0001 
- Auswaage x Faktor Analysenresultat = Einwaage +  Auswaage x Faktor Analysenresultat = Einwaage 
- 0,1346 g x 0,2394 = = 0,0295680 1,0898 g +  0,1346 g x 0,2394 = = 0,0295680 1,0898 g 
- 0,0002 0,0002 0,0001 Fehlerfortpflanzung= ( + + ) x 0,029568 g = 0,000062 g 0,1346 1,0898 0,2394 +  0,0002 0,0002 0,0001 Fehlerfortpflanzung= ( + + ) x 0,029568 g = 0,000062 g 0,1346 1,0898 0,2394 
- + Analysenresultat = 0,00295 g 0,00006 g - +  + Analysenresultat = 0,00295 g 0,00006 g -
- +
-=== Zusammenfassung zur Fehlerbetrachtung === +
-Benutzt man ein Analysenverfahren, dessen Verfahrensfehler bekannt ist (z.B. aus der Literatur), so kann man diesen Fehler getrost als Fehler des Analysenresultates angeben: alle anderen möglichen Fehlerangaben sind weniger umfassend. +
-Gestaltet man sein eigenes Verfahren, so muß bei sehr hohen Ansprüchen in aufwendigen und vergleichenden Untersuchungen (evtl. gar in Ringversuchen mit anderen Laboratorien) der Verfahrensfehler bestimmt werden. Dabei werden systematische, zufällige und grobe Fehler ausgeschlossen. Dies wird im seltensten Fall geschehen - man muß auf anderem Wege zu einer Fehlerangabe gelangen. +
- +
-Der beste Weg dürfte sein, über Wiederholungsmessungen zu einem Mittelwert und dessen Standardabweichung zu gelangen. Systematische Fehler werden allerdings mit diesem Verfahren nicht erfasst und müssen akzeptiert werden. Grobe Fehler werden ausgeschlossen, zufällige Fehler minimiert. +
-Ist auch dies nicht durchführbar, so bleibt die Einzelmessung und die Angabe eines Fehlers als Ergebnis der Fehlerfortpflanzung. Systematische und zufällige Fehler bleiben unerkannt. Grobe Fehler können bei aufmerksamem Arbeiten erkannt werden, aber auch unerkannt durchgehen. +
-Als letzte Möglichkeit einer kritischen Fehlerbetrachtung bleibt die Einzelmessung mit einer Berücksichtigung der signifikanten Stellen im Analysenresultat. Fehler bleiben unerkannt, außerdem wird die Genauigkeit des Ergebnisses eingeschränkt.+
  
-Auf die Möglichkeit, eine Analyse durchzuführen und das erhaltene Resultat ohne jede Prüfung als "richtig" anzusehensei nur der Vollständigkeit halber hingewiesenEin solches Ergebnis hat keine Aussagekraft+===== 8. Kritische Angabe des Analysenergebnisses ===== 
 +Ein zahlenmässiges »Ergebnis« ohne Kontext ist nicht vertrauenswürdig. Die Aussagekraft eines Ergebnisses lässt sich einschätzen, wenn es begleitet wird von Angaben zur Messwertverarbeitung, also: 
 +  - Benutzt man ein Analysenverfahren, dessen Verfahrensfehler bekannt ist (z.B. aus der Literatur), so kann man diesen Fehler getrost als Fehler des Analysenresultates angeben: alle anderen möglichen Fehlerangaben sind weniger umfassend. 
 +  - Gestaltet man sein eigenes Verfahrenso muß bei sehr hohen Ansprüchen in aufwendigen und vergleichenden Untersuchungen (evtl. gar in Ringversuchen mit anderen Laboratorien) der Verfahrensfehler bestimmt werdenDabei werden systematische, zufällige und grobe Fehler ausgeschlossen. Dies wird im seltensten Fall geschehen - man muß auf anderem Wege zu einer Fehlerangabe gelangen. 
 +  - Der pragmatischste Weg führt über Wiederholungsmessungen zu einem Mittelwert und dessen Standardabweichung. Systematische Fehler werden damit nicht erfasst und müssen akzeptiert werden. Grobe Fehler werden ausgeschlossen, zufällige Fehler minimiert. 
 +  - Die Einzelmessung mit Angabe eines Fehlers als Ergebnis der Fehlerfortpflanzung lässt systematische und zufällige Fehler unerkannt. Grobe Fehler werden nur bei aufmerksamem Arbeiten erkannt. 
 +  - Die unzuverlässigste Methode ist eine Einzelmessung, die nur die signifikanten Stellen im Analysenresultat berücksichtigt. Fehler bleiben unerkannt, die Genauigkeit des Ergebnisses bleibt eingeschränkt.
wiki/analytik.1592557496.txt.gz · Zuletzt geändert: 2020/06/19 09:04 von norbert

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