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Inhaltsverzeichnis
Adages
Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen. Johann Wolfgang von Goethe 1748-1832
Englischer Begriff für einprägsame Erfahrungsweisheiten, der im Deutschen keine Entsprechung findet. 1) Hier wird er als Sammelbegriff verwendet für Lebensweisheiten, Merkhilfen, Eselsbrücken, Sprichwörter, Leitsätze, anschauliche Regeln usw., die hilfreich sein können, insbesondere wenn *buschmechanisches Handeln oder *Problemlöseverhalten gefordert sind.
Eselsbrücken als Erinnerungshilfe
Erinnerungshilfen (Mnemotechnik) für nicht anschauliche Zusammenhänge, meist also für Listen oder Formeln. Beispiele:
- Volt, Watt, Ampere, Ohm - ohne uns gibt's keinen Strom (1974 Elektrolurch, Guru-Guru)
- PfUI: Leistung P = Spannung U mal Stromstärke I
- Uri, der Schweizer Kanton, steht für: U = R * I
Als Merkreim beispielsweise:
Zeigt der Schutzmann Brust und Rücken, musst du auf die Bremse drücken. Siehst du seine Hosennaht, hast du freie Fahrt.
Acrostichon
Als Acrostichon ergeben die Angangsbuchstaben einer Folge von Worten oder Sätzen ein sinnvolles Wort, im Unterschied zum Akronym wie etwa IFA, das zwar ebenso gebildet wird und sich sprechen lässt, aber kein bekanntes Wort bildet.
- ABCDE-Schema bei Notfällen
- ALPEN-Methode fürs Zeitmanagement
- AIRBAG-Regel Merkhilfe für die Eigensicherung bei Unfällen
- PECH bei Sportverletzungen
- WOLKEN für die sechs wichtigsten ToDos vor Fahrtantritt
Faustregeln als Schätzhilfe
Eine Faustregel ist erfahrungsbasiert (heuristisch), sie arbeitet »pi mal Daumen«, »schätzometrisch« oder »guckometrisch«, englisch heißt es rule of thumb, niederländisch vuistregel. Vorteilhaft ist, dass man keine Messinstrumente benötigt, nicht rechnen muss und ein schnelles Ergebnis bekommt. Genauigkeit und Schnelligkeit steigen mit der Erfahrung: »Passt, wackelt und hat Luft« formuliert flapsig, dass zur handwerklichen Präzision auch eine unverzichtbare Toleranz gehört. Die hat jedoch Grenzen: »Wer nicht gut schweißen kann, muß halt besser schleifen können.«
Der Begriff Faustregel verweist auf den Körper des Menschen als älteste Maßeinheit, also Schritt und Fuß für Distanzen, Klafter für Seillängen, Ellen als Stoffmaß, die Daumenbreite (etwa ein Zoll) oder der Daumensprung als Verfahren eine Entfernung zu schätzen:
cm | Maß | Körper |
---|---|---|
186 | Klafter | ausgestreckte Arme bis zu den Fingerspitzen |
62 | Elle | Ellbogen bis Fingerspitze |
20 | Spanne | gespreizte Fingerspitzen |
10 | Faustbreit | geballte Faust |
8 | Handbreit | 4 Finger |
2 | Fingerbreit | Daumen |
Beispiele für Faustregeln:
- Der Bremsweg eines Fahrzeugs in Metern beträgt annähernd die Geschwindigkeit im Quadrat geteilt durch 100, also bei 50 km/h = 50*50/100 = 25 m
- Man fährt im selben Gang abwärts, indem man dieselbe Steigung auch aufwärts fahren würde.
- Nach dem Mooreschen Gesetz verdoppelt sich die Leistungsfähigkeit in der Informationstechnik alle zwei Jahre oder andersrum formuliert: Wie schnell wird aus High Tech Schrott?
»Gesetze« als Bewertungshilfe
Leitsätze als Organisationshilfe
Komplexe Sachverhalte lassen sich unter alltäglichen Bedingungen und erst recht im Notfall unter Druck nicht immer von der Wurzel her verstehen und lösen. Neben Gewalt sind auch Aktionismus oder Durchwursteln gern geübte Strategien. Den »Gordischen Knoten« hat Alexander der Große
jedenfalls mit Gewalt kurzerhand gelöst, ohne ihn zu verstehen.
Im Handwerk heißt das: »Was nicht passt, wird passend gemacht«.
Hilfreich für ein halbwegs geordnetes Vorgehen sind allerdings Erfahrungs-Leitsätze zur *Problemlösung wie etwa:
Maximen als Orientierungshilfe
Nachhaltig, einfach, erschwinglich
Zielformulierungen neigen zu einem »Immermehrismus«: Man sattelt drauf, was geht. Gesagt ist das schnell. Überbordende Wunschlisten bedürfen jedoch eines Korrektivs, so dass man von Konstrukteuren und Designern oft hört:
- Weniger ist mehr
- KISS: keep it simple and stupid
- Konvention geht vor Konfiguration
- Form follows Function
- So viel wie möglich, aber nicht mehr als nötig.
- Underpromise and overdeliver (Versprich weniger und liefere mehr)
Dieses Vorgehen ist als Einfachkeitsprinzip unabdingbar für technisches Handeln im weitesten Sinne.
In der Informationstechnik mit ihren schnellen Entwicklungsrhythmen stehen dagegen ökonomische Ziele an erster Stelle (The winner takes it all), technische Sorgfalt erscheint eher als hinderlich. So arbeitet etwa Facebook nach dem Motto: Move fast and break things.
Lockerungsübungen
Der Yale-Professor James C. Scott
empfiehlt, jeden Tag einmal bewusst gegen ein Gesetz oder eine Vorschrift zu verstoßen. Er setzt dabei voraus, dass man den Sinn der Vorschrift abwägt gegen die Folgen des Übertretens. Beispiel: Die Straße an einer roten Fußgängerampel zu überqueren, wenn man weit und breit alleine ist, bleibt ein nach außen folgenloser Verstoß.
Für einen selbst jedoch bedeutet diese Abwägung eine Übung im selbständigen und verantwortungsbewußten Denken und Handeln.
Als regelmäßige Übung betrachtet dient dies der mentalen Entschlackung.
Praktizieren dies viele, wird es politisch relevant als »anarchistische Freiübung«.
Ulf Poschardt Mündig Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2020. 270 Seiten
16 mündige Formen der Existenz beschreibt Ulf Poschardt
am Beispiel von Mann und Frau, von Linken und Liberalen, von Gruppen und Quasi-Stereotypen: Darin finden sich Anne Frank
und Greta Thunberg
ebenso wie der Regisseur Jean-Luc Godard
und der Rennfahrer Ayrton Senna
.
Um mündig zu werden, solle man möglichst driften. Soll heißen: Man kann vernünftig und langsam eine Kurve durchfahren, man kann unvernünftig schnell im Graben landen oder man kann kontrolliert mit optimaler Höchstgeschwindigkeit durch die Kurve driften.
Diesen Blick hat auch der dort zitierte Peter Sloterdijk
, wenn er sagt: »Freiheit sei nur ein anderes Wort für … die Gesinnung, die sich unter allen Umständen am Besseren, am Schwierigeren orientiert« und sich abhebt vom »Allzumenschlichen«.
Weg vom »Singularitätsdenken« im virtual life der Instagrammer, zurück zum Mut der Selbstaufklärung, zum geplanten und gezielten Experimentieren, das nicht aus Protestlust von der Bahn abweicht, sondern um herausfinden, was möglich ist. Dies entspricht dem Möglichkeitssinn von Proust
und der Vita Activa von Hannah Arendt
, dem Rausch eines Burrroughs
, einer kontrollierten Lust an der Gefahr.
Zum Driften bedarf es der Erfahrung und des Mutes, dann erlebt man den Flow. Dazu bedarf es einer Freiheit des Seins, die sich vom Äußeren freimacht, die vitalisiert und letzen Endes singularisiert, ohne einem Stereotyp zu gehorchen, weil es anstrengt, »radikal Einzelner« zu sein, wie man anschaulich im Steppenwolf von Hermann Hesse
nachlesen kann.
Flotte Sprüche
Dass eine Regel flapsig formuliert wird bedeutet nicht, dass sie falsch ist:
- Fahrsituationen: Don't touch the clutch
- Gewalteinsatz: Unendlich ist des Schraubers Kraft, wenn er mit dem Hebel schafft.
- Zeitmanagement: Carpe diem oder respice finem
- Gelassenheit: Verschüttete Milch kriegt man nicht zurück in die Kanne.
- Serendipity: Unverhofft kommt oft
- Improvisationstalent: Hast du Hammer, Zange, Draht, kommst du bis nach Leningrad.
- Messen und Schätzen: Passt, wackelt und hat Luft.
- Technisches Wissen: Don't mix: water & electronics.
- Fehlern: Aus Fehlern wird man klug, drum ist einer nicht genug.
- Schrauber-Weisheit: If it ain't broke, don't fix it!
Sowohl als auch
Ein guter Plan verlangt nach einem Optimisten mit einer positiven Vision; weil aber auch immer was schieflaufen kann, braucht es den Pessimisten für Plan B. »Der Optimist hat das Flugzeug erfunden, der Pessimist den Fallschirm«, meinte die britische Schriftstellerin Gladys Bronwyn Stern
(1890 - 1973).
siehe auch:
- Heuristik
- Selbstmanagement
- Projektmanagement
- Design Thinking
- Die Gesetze der Gewinner
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