====== Fahrendes Volk ====== Solange Menschen in der [[wiki:wildnis|Wildnis]] heimisch wurden, gab es kein [[wiki:fahrendes_volk|Fahrendes Volk]], denn man gehörte dazu oder nicht, war verstoßen als [[wiki:outlaw|Outlaw]] oder [[wiki:heimatlos|heimatlos]]. Allerdings gab es Figuren am Rande der Gemeinschaft, die zwar dazu gehörten, jedoch mit der Wildnis verbunden waren wie Köhler, [[wiki:voelva#Völundr, der weise Wanderschmied|Schmied]], [[wiki:voelva|Seherin]] und sich darin zurecht fanden: Wissende, [[wiki:kundige|Kundige]], [[wiki:waldlaeufer|Waldläufer]]. Der Wald war jedoch der Zufluchtsort der Geächteten und Friedlosen, dort hausten der dämonische [[wiki:wilde_jaeger|Wilde Jäger]] und der animalische [[wiki:man_of_the_bush|man-of-the-bush]]. Dort aber, wo Zentren entstanden (Fürstenhöfe, Klöster, Städte), waren dies mit den dazugehörigen gemeinschaften verbunden und Teil eines Netzwerks zu anderen Zentren und erforderten handwerkliche Arbeitsteilung, Warenverkehr, Nachrichtenaustausch, also Mobilität von Dienstleistern. Zum Fahrenden Volk gehörten im [[wiki:reisegenerationen#Der Blick zurück: Das Mittelalter als Epoche| Mittelalter]] zunächst //[[wiki:vaganten|Vaganten]]// im Sinne von //clerici vagi// und christlichen //[[wiki:scholar|Scholaren]]// (lat. clerici vagi) ((''Glanz, Rudolf''\\ //Geschichte des niederen jüdischen Volkes in Deutschland//.\\ Eine Studie über historisches Gaunertum, Bettelwesen und Vagantentum.\\ New York 1968, S. 2)). Hinzu kamen mehr und mehr reisende //Höker// und //Hausierer//, die von Hof zu Hof und von Weiler zu Weiler zogen sowie //[[wiki:landfahrer|Landfahrer]]// (seit dem [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 12. Jahrhundert|13. Jahrhundert]] belegt). Auch sie wurden später als Vaganten bezeichnet. Diese Gruppe wuchs in dem Maße, wie sich im Hochmittelalter städtische Gesellschaften entwickelten. Zum Fahrenden Volk gehörten: * solche, die gewerbsmäßig unterwegs waren wie [[wiki:der_fahrende_haendler|Händler]], Hausierer; * Gruppen, deren Wanderstatus gesellschaftlich anerkannt war wie \\ Pilger, Handwerksgesellen, Scholaren; * gesellschaftlich geduldete Randgruppen (»unehrliche Berufe«); * gesellschaftlich Ausgestoßene (*[[wiki:Gauner|Gauner]]); * unerwünschte Fremde aus der Fremde mit abweichender Sprache und Kultur (Welsche, Zigeuner). Die Übergänge waren fließend. Unabhängig von diesen formalen Zuordnungen konnte jemand ehrlich unterwegs sein, als Bettler oder als Gauner, denn das Leben auf der Straße war nicht schwindelfrei ((Anweisung: Die Verordnung zur Bekämpfung des Straßenbettelns reisender Handwerksburschen wird zur allgemeinen Befolgung überreicht. Gießen, 1825 Dezember 17. Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, E 3 A, 25/20 )). Ohne soziales Netz (das konnten auch Klöster sein) und ohne Netzwerk (wie etwa Zünfte) schlugen sich //[[wiki:trickster|Trickster]]// und //[[wiki:kundige|Kunden]]// mit List und [[wiki:taeuschung|Täuschung]] oftmals besser durch.\\ Im [[wiki:reisegenerationen#18. Jahrhundert|18. Jahrhundert]] gehörten rund 10 Prozent der Bevölkerung zum Fahrenden Volk. Das Fahrende Volk verständigte sich mit »[[wiki:walz#Kundenschall|Rotwelsch]]«, einem auf Deutsch basierenden *[[wiki:jargon|Jargon]] mit eigenen Wortschöpfungen sowie zahlreichen Lehnwörtern aus dem Jiddischen und von den Zigeunern.\\ Das [[wiki:fahrendes_volk|Fahrende Volk]] benannte sich selbst oft ironisch als: //Chausseegrabentapezierer, Himmelsfechter, Kirchturmspitzenvergolder, Luftschiffbremser, Wolkenschieber, Zitronenschleifer// und mit ähnlichen Konstruktionen ((''Günter Puchner''\\ //Kundenschall//\\ Das Gekasper der Kirschenpflücker im Winter.\\ Heimeran München 1974, hier: S. 12)). ---- siehe auch: \\ * [[wiki:literaturliste_fussreisen|Literaturliste zum Fussreisen]]\\ * [[wiki:literaturliste_fahrendes_volk|Literaturliste Fahrendes Volk ]]\\ * [[wiki:fussreisen#Fahrendes Volk|Fußreisen]]\\ * [[wiki:walz|Ritter der Landstraße]]\\ * [[wiki:liste_fahrendes_volk|Liste der dem Fahrenden Volk Zugehörigen]]\\ * [[wiki:liste_rotwelsche_laendernamen|Rotwelsche Länderbezeichnungen]]