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wiki:wanderpoeten

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Wanderpoeten

Ein Sammelbegriff für wandernde Textkünstler, die in ältesten Zeiten nicht nur das kulturelle Gedächtnis der Gemeinschaft bewahrten und verbreiteten, sondern dieses auch mit den spirituellen Vorstellungen verbanden, denn in allen frühen Geschichten ist das Handeln der Menschen mit den Göttern eng verwoben:

  • griechische Rhapsoden und der Mythos von Orpheus;
  • keltische Barden ‘praise-maker’ im Unterschied zu Druiden und Seher (vātes) 1)
  • norwegische Skalden
  • englische scop
  • indische kuśīlavas, sūtas, māgadhas und der Mythos der drei Ribhus (Sanskrit: ऋभु, ṛbhu).
  • vedisch k rú, ein wandernder Lobsänger und singender Priester

Solche Wanderpoeten brachten `Kunde´, verbreiteten also Nachrichten ähnlich wie Boten oder Herolde, waren jedoch im Unterschied zu diesen nicht im Auftrag eines Herrn ausgesandt. Der griechische Herold Keryx ist erkennbar an seinem Stab Kerykeion, und der Keryx war ursprünglich ein Opferpriester, mykenisch ka-ru-ke 2).

Ihr Wissen über die Vergangenheit, über die Mythen, über das Land und die Menschen erlaubten tiefere Einsichten, gründlichere Urteile und differenzierte Wertungen, also Fähigkeiten von `Sehern´ oder `Seherinnen´.

Zusammen mit der Fähigkeit, ihre Kenntnisse zu verbreiten wurden sie vordergründig zu Rezitatoren, Barden, Dichtern, Troubadore, Sängern, indem sie Heldenepos, Ruhmeslieder, Hymnen, Lobgesänge schmiedeten, aber auch Spottlieder, Schmähreden und Satiren.

Damit waren sie jedoch sowohl darauf angewiesen, als Gast aufgenommen zu werden als auch auf das Wohlwollen des Publikums: »Wes Brot ich ess, des Lied ich sing«. Die Suche nach einem Patron als »Sponsor« zieht sich durch die griechischen Erzählungen und spätestens die höfischen Poeten dienten der Propaganda.


  • Essler, Michaela
    Zauber, Magie und Hexerei
    Eine etymologische und wortgeschichtliche Untersuchung sprachlicher Ausdrücke des Sinnbezirks Zauber und Magie in indogermanischen Sprachen.
    283 S., Diss. Universität Münster 2017
    Abschnitt 7.3: Priester, Seher, Dichter - die Wortprofessionisten.
    Ergebnis: Zum Sinnbereich Zauber und Magie gehören die jeweils ambivalenten Begriffsfelder heilen & vergiften, binden und bannen sowie sprechen, schreien & singen. Damit ergeben sich Bedeutungsüberschneidungen zu Wanderpoeten und Seherinnen. Schwächer ausgeprägt erscheinen weitere Begriffsfelder um angreifen & unrein & Übeltat. Diese erscheinen eher bivalent: Zum einen geht schlechter Zauber von anderen Gruppen aus (die Anderen, die Fremden?), zum anderen ist der Missbrauch der Zauberei innerhalb der eigenen Gruppe gemeint.
  • Hunter, Richard; Ian Rutherford
    Wandering Poets in Ancient Greek Culture.
    Travel, Locality and Pan-Hellenism.
    Cambridge 2011: Cambridge University Press. https://doi.org/10.1017/CBO9780511576133.
  • Larsson, S.; af Edholm, K. (eds.)
    Songs on the Road.
    Wandering Religious Poets in India, Tibet, and Japan.
    Stockholm 2021: Stockholm University Press. DOI: https://doi.org/10.16993/bbi
  • Maier, Bernhard
    Die Religion der Kelten
    Götter, Mythen, Weltbild.
    München: Beck, 2001. Kapitel Kultpersonal, S. 153-164
1)
Strabo, Geogr. Buch IV
2)
idg. gʷer(ə)-4 ` `die Stimme erheben', bes. `loben, preisen, willkommen heißen', aber auch `schelten; jammern'´ : Loblied, Preislied, Lobgesang, ai. jaritár- `Anrufer, Sänger, Preiser', davon abgeleitet auch lat. gratia, air. bard `Barde´ s. Pokorny, die Zusammenhänge sind sehr ausführlich beshrieben in Essler: Zauber, Magie und Hexerei s.u.
wiki/wanderpoeten.1629465534.txt.gz · Zuletzt geändert: 2021/08/20 13:18 von norbert

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