Dies ist eine alte Version des Dokuments!
Steinmann
Auch: Steinmännchen, »Toter Mann«, Cairn (Schotten), Hermaia oder Hermakes (Griechen). Diese bezeichnen durch Menschenhand gezielt angelegte Steinhaufen oder -stapel wie sie jeder Wanderer aus den Alpen kennt, doch gibt es sie weltweit 1), etwa:
- Steinhaufen als Markierung des Weges von China nach Indien 2)
- bis zu 30 Fuß hohe Cairns in Schottland 3)
- zahlreiche Steinhaufen (Jättar haudat) im Siedlungsraum der Lappen insbesondere im Küstenbereich bis zu 3 Klafter hoch 4)
- auf Island 5)
- Pistenmarkierungen in der Wüste: »Die Nomaden und Wanderer der Libyschen Wüste nennen die von Menschenhand errichteten Zeichen (Wegweiser, Grenzsteine, Wegsperren usw.) im allgemeinen Alam.« 6) Diese Alamat erscheinen als Haufen, als Pyramide, als gegeneinander gelehnte Steinplatten usw. In Algerien heißen sie Nza, in Marokko Redjem oder Kerkur.
Als Merkmal im Gelände erleichtern sie die Orientierung und stellen damit die älteste und beständigste Form eines Wegweisers dar als Schutz gegen das Verirren. Dieser ist besonders dort wichtig, wo ein Pfad nicht erkennbar ist, etwa auf felsigem Untergrund oder bei Schnee. Häufig stehen sie zudem an exponierten Stellen wie Pässen, Kreuzungen, Abzweigungen, Landestellen, Gipfeln.
Traditionell findet sich oft der Brauch, dass Wanderer einen Stein dazu legen, einen Stock hineinstecken, eine Gebetsfahne aufhängen, ein symbolisches Speise- oder Trankopfer bringen. Das lässt sich als Dankbarkeit für die Orientierunsghilfe deuten oder als Verehrung für eine dort manifestierte Schutzgottheit; es zu unterlassen bringt Unheil. In Tirol heißt dies dem »Bergfräulein opfern« 7).
Weltweit nachweisbar ist auch der Brauch, Steine auf Grabstellen zu werfen 8). Der Ritus, an einer bestimmten Stelle bei jeder Gelegenheit Steine aufzuhäufen, wird in der ethnographischen Literatur auch Obo-Haufen oder »sukzessive Häufung« genannt und findet sich nie innerhalb von Ortschaften sondern immer entlang der Wege und an exponierten Geländestellen außerhalb. 9) Hermes 10), der griechische Schutzgott der Reisenden, wurde im antiken Griechenland an Steinhaufen verehrt, ein senkrecht darin stehender Stein hieß die Hermie 11) und es war Brauch, beim Passieren ein Stein darauf zu werfen.
Richard Andree
Die Steinhaufen. Eine ethnographische Musterung
In: Globus. Illustrierte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde Braunschweig
1875 Band 27, S. S. 183 (Teil 1) und 199 (Teil 2)
http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemma=steinmann
http://www.woerterbuchnetz.de/Meyers?lemma=steinhaufen
Thomas Thornville Cooper
: Reise zur Auffindung eines Überlandweges von China nach Indien: mit einem Anhang, die beiden englischen Expeditionen von 1868 und 1875 unter Staden und Browne, und Margarys Reise betreffend Costenoble, 1877, 507 S.Thomas Pennant
: Reise durch Schottland und die Hebridischen Inseln, Band 2. Weygand, 1780M. Alexander Castren
: Nordische Reisen und Forschungen: Kleinere Schriften. St. Buchdruckerei der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Petersburg 1862Ignaz Vinzenz Zingerle
: Sitten, Bräuche und Meinungen des Tiroler Volkes Innsbruck 1871. XXI, 304 S.