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Reinhold Messner

Reinhold Messner
Mein Leben am Limit
Eine Autobiographie in Gesprächen mit Thomas Hüetlin
1. Auflage (=Reihe), München: Malik 2004
Pappband mit Lesebändchen und Umschlag 13,5x21,5 cm
288 Seiten, 6 s/w-Abb. 19,90 €

Glückwunsch nachträglich, Reinhold Messner wurde (2003) 60 Jahre alt. Laut Klappentext arbeitet er als Bergbauer und Autor in Südtirol. Sein Leben als Bergsteiger ist Geschichte und wie das so ist beim Altern, schaut man immer häufiger zurück. Zur Zeit arbeitet er am »Messner Mountain Projekt« MMM, einem Museumskonzept mit vier Standorten, siehe www.reinhold-messner.de.

Eigentlich ist damit alles gesagt: Der Mann hat viele Gipfel erreicht, viele Bücher darüber geschrieben und gibt nun den bodenständigen und beschaulichen Aspekten des Lebens Priorität. Nun ist der Mann aber auch sein eigenes Produkt, seine eigene Marke.

Er hat sich Ziele gesetzt – und hat alles daran gesetzt, sie zu erreichen. Seine Ziele suchte er meist in der Bergwelt. Das tun andere auch, doch für sie bleibt es meist Hobby. Für ihn war es Leidenschaft, die er zum Lebensinhalt gemacht hat. Eine der größten Leistungen Messners besteht darin, daß er es geschafft hat, daß die Öffentlichkeit sein Leben finanziert. So schreibt er, daß sich sein Everestbuch allein in Deutschland eine halbe Million mal verkauft hat – obwohl er es als sein schlechtestes bezeichnet, im Flugzeug aus abgetiuppten Tonbandprotokollen zusammenredigiert.

Die Öffentlichkeit verbindet Messner untrennbar mit den Achttausendern des Himalaja. Diese Gipfel kann man sehen, doch nur äußerst schwer erreichen, ihnen ist ein hoher mythischer Gehalt zu eigen. Einen Gipfel zu erreichen ist ein einsames Erlebnis. Es gibt den einen, der ihn erreicht, und es gibt die vielen, die es sich wünschen. Messner hat sich darauf eingelassen, seine Gipfelerlebnisse zu verkaufen. Das hat er ebenso gut erreicht wie den Gipfel, Glückwunsch. Doch das Dilemma ist klar: Jedes neue Projekt muss so geplant werden, daß es sich als Produkt gut eignet. Das legt der Leidenschaft Zügel an und verträgt sich schlecht mit der Kraft und Zielstrebigkeit, die nötig ist, solch extreme Ziele zu erreichen.

Der Einzelgänger volbringt etwas, das die Meisten sich nur zu wünschen wagen. Er weiß jedoch, daß sie ihn nie wirklich verstehen werden, denn sie werden seine Erfahrungen und Erlebnisse niemals wirklich teilen können, sie können sie nur kaufen. Messners Formulierungen werden damit verständnlich: »Ich bin nicht bereit, die Hure zu spielen für ein paar politische Stimmen oder Beklatscht-Werden … Ich will geliebt werden für das, was ich tue, nicht für das, was ich vorgebe zu sein … Lieber ausgegrenzt als angepaßt« (S. 207). Die Autobiographie hetzt den Widersinn in eine neue Runde. Wer hat denn um eine Autobiographie gebeten? Wer sich öffentlich auszieht (und was ist eine Biographie anders?) – spielt der nicht mit den Trieben der Betrachter? Sich nicht ganz auszuziehen steigert die Wirkung noch, denn das Halbverdeckte hat einen höheren Reiz als das ganz Nackte. Es fällt Messner wohl sehr schwer, diesen Konflikt zwischen Sein und Schein auszuhalten.

Doch auch ohne Öffentlichkeit ist Messner ein schwieriger Mensch. Was er so über sich schreibt klingt ganz, als würde er zu den Globetrottern passen. Wer sich außergewöhnliche Ziele setzt und ihnen höchste Priorität einräumt – das kann doch nur zu Problemen mit anderen führen. Sogar seine Frau trennte sich von ihm: »Es wurde ihr irgendwann zuviel, daß ich ausschließlich, kompromißlos nur noch an meine Expeditionen dachte« (S. 122). Auch der Streit mit Bergsteigerkollegen blieb nicht aus und weil man auch am berg nicht alles alleine machen kann, gab das natürlich häufig Streit. Schlimmer noch: Bis 1972 machte Messner zwei Himalajatouren, drei Tote blieben zurück.

Die Öffentlichkeit kann Messners bergsteigerische Leistungen ebenso wenig beurteilen wie seine Fehler am Berg, ihr bleibt nur Bewunderung oder Abneigung. Seine Bergsteigerkollegen gehen da jedoch ins Detail, allerdings sind deren Motive auch vielfältig. Am 3. Juli 1953 erreichte Hermann Buhl als Erster den Gipfel des Nanga Parbat. Mit dem gleichen Expeditionsleiter fuhren die Messner-Brüder 1970 zum Nanga Parbat, Günther Messner kehrte nicht vom Berg zurück. Die ehemaligen Bergkameraden der beiden erhoben mehr als 30 Jahre später Vorwürfe, die einen wahren Kern haben mögen. Ob diese jedoch sachlicher oder psychologischer Natur sind, scheint kaum zu klären. Der Verdacht, sie würden werblich genutzt oder erwüchsen aus Neid, ist jedoch nicht einfach abzuweisen, zumal gleich drei Bücher im Jubiläumsjahr der Ersteigung erschienen. Messner jedenfalls ist in seiner Autobiographie die Wut auf Max von Kienlin und Hans Saler anzumerken:

Max von Kienlin
Die Überschreitung
Günther Messners Tod am Nanga Parbat. Expeditionsteilnehmer brechen ihr Schweigen
München: Herbig 2003. Pappband mit Umschlag 14,5x21,5 cm
288 Seiten, 16 Farbtafeln, Textabb. 

Klappentext: »Die wirklichen Umstände, die zum Tod Günther Messners führten, wurden über 30 Jahre hinweg seitens Reinholds früherer Kameraden wie ein Geheimnis bewahrt, aus Mitgefühl und Bergkameradschaft für den damaligen Freund. Die bisher diskret verschwiegenen tatsächlichen Umstände werden geschildert … die Widersprüchlichkeiten des Kronzeugen Reinhold Messner aufgezeigt. Der lange Schatten des Nanga Parbat holt ihn nun ein.«

Hans Saler
Zwischen Licht und Schatten
Die Messner-Tragödie am Hanga Parbat
München: A1 Verlag 2003
Pappband mit Umschlag 14x21,5 cm
222 Seiten, 16 Farbtafeln, zahlr. Textabb. 
Reinhold Messner
Die weisse Einsamkeit
Mein langer Weg zum Nanga Parbat
1. Auflage, München: Piper 2003
Pappband mit Lesebändchen und Umschlag. 13,5x21,5 cm
350 Seiten, 24 Farbtafeln, zahlr. Textabb., Nanga-Parbat-Bergsteiger A-Z, Literaturhinweise 

Im Juli 2003 erwirkte Reinhold Messner eine einstweilige Verfügung gegen das Buch von Saler. Im gleichen Jahr erschien sein eigenes Buch zu den Geschehnissen am Nanga Parbat:

Ralf-Peter Märtin
Nanga Parbat
Wahrheit und Wahn des Alpinismus
1. Auflage, Berlin: Berlin Verlag 2002
Pappband mit Lesebändchen und Umschlag 13x21,5 cm
440 Seiten, Karten auf Vorsatz, Textabb.
Literaturverzeichnis (28 Seiten), Register der Personen- und Bergnamen

Mit professioneller Distanz erzählt Ralf-Peter Märtin die zweihundertjährige Bergsteigergeschichte des Nanga Parbat. Er studierte Geschichte und Germanistik und promovierte über Abenteuerromane, zudem begleitete er Reinhold Messner auf seiner letzten Expedition zum Nanga Parbat. Von dieser Expedition brachte Messner Knochen mit, die er aber erst Jahre später wissenschaftlich untersuchen ließ: Es waren höchstwahrscheinlich die Knochen seines 1972 vermißten Bruders und sie wurden an einer Stelle gefunden, die Messners Version der Geschichte stützt. Der Bannerträger der Gegenseite, Kienlin, hatte früher behauptet: »Wenn Reinhold Teile von Günther am Fuß der Diamirflanke findet, dann ist dies entweder eine technische Meisterleistung oder wir alle sind Schafsköpfe.«

  • Reinhold Messner
    Die Freiheit, aufzubrechen, wohin ich will Ein Bergsteigerleben (=Serie Piper 1362 Abenteuer) Hg.: Eggebrecht, Harald München R. Piper 1991 369p 12×19 zahlr. Abb., tls. farb., tls. ganzs.
    Die Autobiographie Messners (*1944) in 56 Abschnitten, von 1949-1980.
  • Ronald Faux Reinhold Messner (Vorwort) Reinhold Messner Autorisierte Biographie
    München F.A. Herbig 1981 299p, 18 Bll. 14×22,5 36 Sw- u. Farbtfll.
    Der Reporter Faux begleitet Messner eine Zeitlang und schreibt die vorliegende Biographie. Im Anhang finden sich ein Pressespiegel, ein Gespräch mit Messner, ein graphologisches Gutachten und ein Horoskop sowie ein Auszug aus Messners Tourenbuch.

siehe auch *Literaturliste biographischer Werke

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wiki/messner_reinhold.1555130664.txt.gz · Zuletzt geändert: 2019/12/07 15:14 (Externe Bearbeitung)

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