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wiki:loch

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wiki:loch [2022/08/09 03:06] norbertwiki:loch [2023/07/02 04:06] (aktuell) – [Literatur] norbert
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 ====== Loch & Höhle ====== ====== Loch & Höhle ======
-Ein Loch verbindet Höhen mit dem Abgrund, festen Boden mit Bodenlosigkeit, Außenwelt und Unterwelt (Mundus subterraneus, Flachsinn und Tiefsinn. Es bedeutet für die [[wiki:fortbewegung|Fortbewegung]] in der Natur zunächst den Übergang zwischen Innen und Außen ([[wiki:liste_raumvorstellungen|Raumvorstellungen]])meist+Ein Loch besteht aus einer [[wiki:leere|Leere]] mit einem Rand, ist also eine [[wiki:liste_raumvorstellungen#Die Fläche: locus & topos|Fläche]] (lat. locus). Im Unterschied zur Leere (Ginungagap) ist es ambivalent, denn es verbindet Höhen mit der Tiefe (Abgrund, engl. Abyss), festen Boden mit Bodenlosigkeit, Außenwelt und Unterwelt (gr. Abyssos, lat. Mundus subterraneus), Flachsinn und Tiefsinn ((''Kurt Tucholsky''\\ //Zur soziologischen Psychologie der [[wiki:loch|Löcher]]//.\\ Kaspar Hauser [Pseud.]: Die Weltbühne 11 (17.03.1931) 389 [[https://www.textlog.de/tucholsky-psychologie-1931.html|Online]])). Indem es der [[wiki:fortbewegung|Fortbewegung]] den [[wiki:uebergang|Übergang]] zwischen Innen und Außen ermöglicht, erschafft es [[wiki:liste_raumvorstellungen|Raumvorstellungen]] und [[wiki:moeglichkeitssinn|Möglichkeiten]]insbesondere
-  * als dunkles Loch bildet es den Eingang zur Höhle ins verdeckende Unbekannte hinein,+  * als dunkles Loch den Eingang zur Höhle ins verdeckende Unbekannte hinein,
   * als helles Loch deren Ausgang ins Licht, ins ungeschützte Freie hinaus.   * als helles Loch deren Ausgang ins Licht, ins ungeschützte Freie hinaus.
- +''Leidenroth'' argumentiert für das Lichtloch als begriffsbildende Ersterfahrung (leuchten, lugen) von `Loch´ ((''J. Chr. Leidenroth''\\ //Proben aus einer neuen Erklärung und Begründung der homerischen Sprache, zunächst in der Odyssee.//\\ Archiv fur Philologie und Paedagogik 12.1 (1846) 396-496, hier S. 451 )), dann übertragen auf den Aufenthalt dort (locus > Lager) und schließlich verbunden mit der dazugehörigen Raumeigenschaft `hohl´ den Raum einer Höhle oder einer Aushöhlung (Senke, Kaule) bezeichnend.\\  
-''Leidenroth'' argumentiert für das Lichtloch als begriffsbildende Ersterfahrung (leuchten, lugen) von `Loch´ ((''J. Chr. Leidenroth''\\ //Proben aus einer neuen Erklärung und Begründung der homerischen Sprache, zunächst in der Odyssee.//\\ Archiv fur Philologie und Paedagogik 12.1 (1846) 396-496, hier S. 451 )), dann übertragen auf den Aufenthalt dort (locus > Lager) und schließlich verbunden mit der dazugehörigen Raumeigenschaft `hohl´ den Raum einer Höhle oder einer Aushöhlung (Senke, Kaule) bezeichnend.\\ ''Hagen'' //»sancte [den Schatz der Nibelungen] ze loche allen in den Rîn«// ((Handschrift A, 1077)). Dieses Loch ist vieldeutig, etwa eine Untiefe im Rhein wie das St.-Anna-Loch, eine enge Durchfahrt wie das //Binger Loch// oder ein altes Strudelloch im [[wiki:hinterland|Hinterland]] wie das //Wuhrloch//+Unterwegs auf dem Wasser zeigt sich das Loch dagegen als eine gefährliche Singularität im Raumin der man verschwinden kann - etwa als Untiefe im Rhein wie das St.-Anna-Loch, als enge Durchfahrt wie das //Binger Loch// oder als Strudelloch im [[wiki:hinterland|Hinterland]] wie das //Wuhrloch//: \\ ''Hagen'' //»sancte [den Schatz der Nibelungenze loche allen in den Rîn«// ((Handschrift A1077)).
-  * ''Fasbender, Christoph''\\ //HöhlenEinstiege in mythische und mythisierende Geographien mittelalterlicher Literatur.//\\ S. [333]-348. in: Burgen, Länder, Orte / Ulrich Müller ; Werner Wunderlich (Hg.). Unter Mitarb. Von Margarete Springeth. 1023 S. Konstanz 2008: UVK. Mit sämtlichen Nachweise für //hüle// im alemannisch-elsässischen Raum ([[wiki:reisegenerationen#14. Jahrhundert|14. Jahrhundert]]). +
-  * ''Alfredo Guzzoni''\\ //Das Loch. Eine Ausführung über Sein und Seiendes.//\\ Philosophisches Jahrbuch 75 (1967) 95–106 +
-  * ''Hammer, Andreas''\\ //»Höhle, Grotte«.//\\ S. 286-296 in: Tilo Renz, Monika Hanauska, Mathias Herweg (Hg.): Literarische Orte in deutschsprachigen Erzählungen des Mittelalters: Ein Handbuch. Berlin, Boston 2018: De Gruyter. [[https://doi.org/10.1515/9783050093918-020|DOI]] Alt- und mittelhochdeutsch sind hol/hüle synonym zu loch. +
-  * ''Hubschmid, J.''\\ //Wörter vorindogermanischen Ursprungs zur Bezeichnung von Höhlen in den Ostalpen.//\\ S. 135-174 in: Sive padi ripis athesim sev propter amoenum: Studien zur Romanität von Norditalien und Graubünden. Hamburg 1991: Buske. +
-  * ''Naumann, H.''\\ //Die bäuerliche deutsche Mikrotoponymie der Meißnischen Sprachlandschaft.// Berlin 1972. Mit umfangreichen Erörterungen zum Flurnamen Loch (S. 163). +
-  * ''Scheuermeier, Paul''\\ //Einige Bezeichnungen für den Begriff Höhle in den romanischen Alpendialekten (balmaspelunca, crypta, tana, cubulum).\\ Ein wortgeschichtlicher Beitrag zum Studium der alpinen Geländeausdrücke.//\\ Diss. Univ. Zürich 132 S. Halle a.S. 1920: Karras, Kröber & Nietschmann. [[https://www.forgottenbooks.com/en/download/Einige_Bezeichnungen_fur_den_Begriff_Hohle_in_den_Romanischen_1100000735.pdf|Online]]+
  
 Im technischen Herstellungszusammenhang bezeichnet `Loch´ dann den Verschluss (engl. lock) eines Loches (Luke), also eine Lücke im geflochtenen Zaun für einen Durchgang, etymologisch zur ie. Wurzel *leug-, *lŭg- ‘biegen’ ((„loch“, in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/etymwb/loch>, abgerufen am 09.07.2022)). Loci (lateinisch) hieß der [[wiki:beutel|Beutel]] an der Tragestange `[[wiki:furca |furca]]´, das [[wiki:reisegepaeck|Reisegepäck]] der römischen Legionäre. Im technischen Herstellungszusammenhang bezeichnet `Loch´ dann den Verschluss (engl. lock) eines Loches (Luke), also eine Lücke im geflochtenen Zaun für einen Durchgang, etymologisch zur ie. Wurzel *leug-, *lŭg- ‘biegen’ ((„loch“, in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/etymwb/loch>, abgerufen am 09.07.2022)). Loci (lateinisch) hieß der [[wiki:beutel|Beutel]] an der Tragestange `[[wiki:furca |furca]]´, das [[wiki:reisegepaeck|Reisegepäck]] der römischen Legionäre.
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 | niederl. | loch | gat | luik | hol(te) |  | | niederl. | loch | gat | luik | hol(te) |  |
 | Altnordisch | hola | gata `[[wiki:pfad|Pfad´]] | lok | helli | hylr `Teich´ | | Altnordisch | hola | gata `[[wiki:pfad|Pfad´]] | lok | helli | hylr `Teich´ |
 +Hadesfahrten und Höllenfahrten siehe [[wiki:himmel_und_hoelle|Himmel und Hölle]].
 +==== Literatur ====
 +  * ''Hernández de la Fuente, David''\\ //Von der Grotte zum Tempel: Kontinuität und Wandel in der Griechischen Wahrsagekunst.//\\ In: Entre los mundos: Homenaje a Pedro Barcelo / Zwischen den Welten: Festschrift für Pedro Barcelo. Besançon : Institut des Sciences et Techniques de l'Antiquité, 2017. pp. 175-193. (Collection «ISTA», 1382). [[https://www.persee.fr/doc/ista_0000-0000_2017_act_1382_1_3487|Online]]
 +  * ''Fasbender, Christoph''\\ //Höhlen: Einstiege in mythische und mythisierende Geographien mittelalterlicher Literatur.//\\ S. [333]-348. in: Burgen, Länder, Orte / Ulrich Müller ; Werner Wunderlich (Hg.). Unter Mitarb. Von Margarete Springeth. 1023 S. Konstanz 2008: UVK. Mit sämtlichen Nachweise für //hüle// im alemannisch-elsässischen Raum ([[wiki:reisegenerationen#14. Jahrhundert|14. Jahrhundert]]).
 +  * ''Alfredo Guzzoni''\\ //Das Loch. Eine Ausführung über Sein und Seiendes.//\\ Philosophisches Jahrbuch 75 (1967) 95–106
 +  * ''Hammer, Andreas''\\ //»Höhle, Grotte«.//\\ S. 286-296 in: Tilo Renz, Monika Hanauska, Mathias Herweg (Hg.): Literarische Orte in deutschsprachigen Erzählungen des [[wiki:reisegenerationen#Der Blick zurück: Das Mittelalter als Epoche| Mittelalters]]: Ein Handbuch. Berlin, Boston 2018: De Gruyter. [[https://doi.org/10.1515/9783050093918-020|DOI]] Alt- und mittelhochdeutsch sind hol/hüle synonym zu loch.
 +  * ''Hubschmid, J.''\\ //Wörter vorindogermanischen Ursprungs zur Bezeichnung von Höhlen in den Ostalpen.//\\ S. 135-174 in: Sive padi ripis athesim sev propter amoenum: Studien zur Romanität von Norditalien und Graubünden. Hamburg 1991: Buske.
 +  * ''Naumann, H.''\\ //Die bäuerliche deutsche Mikrotoponymie der Meißnischen Sprachlandschaft.//\\ Berlin 1972. Mit umfangreichen Erörterungen zum Flurnamen Loch (S. 163).
 +  * ''Kimmich, Dorothee'', ''Sabine Müller'' (Hg.)\\ //Tiefe: Kulturgeschichte ihrer Konzepte, Figuren und Praktiken.//\\ VIII, 332 S. Berlin; Boston 2020: De Gruyter [[https://doi.org/10.1515/9783110634730 |DOI]] Inhalt u.a.:
 +    * Irmgard Männlein-Robert\\ Supranaturale Tiefen: Religiöse und philosophische Höhlenwelten in der antiken Literatur
 +    * Hartmut Böhme\\ Topographien, Praktiken und Phantasien des Unterweltlichen
 +    * Raimar Zons\\ Grundlose Tiefe: Eine kleine Geschichte der Bodenlosigkeit von ''Ignatius'' und ''Luther'' bis ''Flusser'' und ''Derrida''
 +    * Jörg Robert\\ Mummelsee und Mundus subterraneus: Tiefenwissen bei ''Grimmelshausen'' und ''Athanasius Kircher''
 +    * Stefan Rieger\\ Kreaturen der Tiefe
 +    * Dorothee Kimmich\\ Höhlen: [[wiki:niemandsland|Niemandsländer]] in der Tiefe
 +    * Bernd Stiegler\\ Die heilige [[wiki:liste_raumvorstellungen#Die Fläche: locus & topos|Fläche]] oder die doppelte Stunde Null
 +  * ''Scheuermeier, Paul''\\ //Einige Bezeichnungen für den Begriff Höhle in den romanischen Alpendialekten (balma, spelunca, crypta, tana, cubulum).\\ Ein wortgeschichtlicher Beitrag zum Studium der alpinen [[wiki:gelaende|Gelände]]ausdrücke.//\\ Diss. Univ. Zürich 132 S. Halle a.S. 1920: Karras, Kröber & Nietschmann. [[https://www.forgottenbooks.com/en/download/Einige_Bezeichnungen_fur_den_Begriff_Hohle_in_den_Romanischen_1100000735.pdf|Online]]
 +  * ''Sütterlin, L.''\\ //Aus meinem etymologischen Sammelkasten I.//\\ Indogermanische Forschungen, 29.1 (1912) 122-129. [[https://doi.org/10.1515/9783110242690.122|DOI]] 
 +  * ''Zanot, Irene''\\ //Per una geografia del meraviglioso. Il Mundus subterraneus di ''Athanasius Kircher'' come fonte del [[wiki:reisen|Voyage]] au centre de la terre di ''Verne''.//\\ Rivista di letterature moderne e comparate 64 (2011) 115–139.
  
 ==== Ort und Loch als Flurnamen am Rheinufer ==== ==== Ort und Loch als Flurnamen am Rheinufer ====
-Quelle: [[https://rheindex.ultramarin.nl/KM/kmx/rhein_km1xx.html|Rheinindex]] +Quelle: [[https://rheindex.ultramarin.nl/KM/kmx/rhein_km1xx.html|Rheinindex]]  
 +Unterwegs auf dem Fluss wird der Raum strukturiert durch das Wahrnehmen von Loch und [[wiki:liste_raumvorstellungen#Der Punkt: Ort & Topp|Ort]], wie das beispielsweise die Flurnamen des Rheins zeigen. Dabei ist das Loch ein [[wiki:uebergang|Übergang]], der Ort jedoch ein Ende des Landes im Wasser; am flachen Niederrhein gibt es kein `Loch´:
 ^ Rheinlauf/km ^ Ort ^ Loch ^ ^ Rheinlauf/km ^ Ort ^ Loch ^
 | 000-199 | 0 | 0 | | 000-199 | 0 | 0 |
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 ^ 900- ^ 0 ^ 0 ^ ^ 900- ^ 0 ^ 0 ^
  
-==== Literatur ==== 
- 
-  * ''Trapp, Erich''\\ //Byzantinische Hadesfahrten als historische Quellen.//\\ S. 215-225 in: Lange, Wolf-Dieter: Diesseits- und Jenseitsreisen im Mittelalter = Voyages dans l'ici-bas et dans l'au-delà au moyen âge. Interdisziplinäres Kolloquium vom 17.-20. Juni 1987 im Rahmen des Kooperationsvertrages zwischen den Universitäten Paris-Sorbonne IV und Bonn in Bad Honnef. 247 S. Bonn 1992: Bouvier. 
-  * ''Görner, Rüdiger''\\ //Hadesfahrten. Untersuchungen zu einem literaturästhetischen Motiv.//\\ 99 S. Paderborn: Fink, 2014. [[https://d-nb.info/1045221848/04|Inhalt]] 
-  * ''Hamm, Joachim'', ''Jörg Robert'' (Hg.)\\ //Unterwelten – Modelle und Transformationen.//\\ Würzburg: Königshausen & Neumann, 2014 
-  * ''Herzog, Markwart'' (Hg.)\\ //Höllen-Fahrten. Geschichte und Aktualität eines Mythos.//\\ Stuttgart: Kohlhammer, 2006 
-  * ''Platthaus, Isabel''\\ //Höllenfahrten: Die epische Katábasis und die Unterwelten der Moderne.//\\ München: Fink, 2004 
-  * ''Zanot, Irene''\\ //Per una geografia del meraviglioso. Il Mundus subterraneus di ''Athanasius Kircher'' come fonte del [[wiki:reisen|Voyage]] au centre de la terre di ''Verne''.//\\ Rivista di letterature moderne e comparate 64 (2011) 115–139. 
-  * ''Kimmich, Dorothee'', ''Sabine Müller'' (Hg.)\\ //Tiefe: Kulturgeschichte ihrer Konzepte, Figuren und Praktiken.//\\ VIII, 332 S. Berlin; Boston 2020: De Gruyter [[https://doi.org/10.1515/9783110634730 |DOI]] Inhalt u.a.: 
-    * Irmgard Männlein-Robert\\ Supranaturale Tiefen: Religiöse und philosophische Höhlenwelten in der antiken Literatur 
-    * Hartmut Böhme\\ Topographien, Praktiken und Phantasien des Unterweltlichen 
-    * Raimar Zons\\ Grundlose Tiefe: Eine kleine Geschichte der Bodenlosigkeit von ''Ignatius'' und ''Luther'' bis ''Flusser'' und ''Derrida'' 
-    * Jörg Robert\\ Mummelsee und Mundus subterraneus: Tiefenwissen bei ''Grimmelshausen'' und ''Athanasius Kircher'' 
-    * Stefan Rieger\\ Kreaturen der Tiefe 
-    * Dorothee Kimmich\\ Höhlen: Niemandsländer in der Tiefe 
-    * Bernd Stiegler\\ Die heilige Fläche oder die doppelte Stunde Null 
wiki/loch.1660014388.txt.gz · Zuletzt geändert: 2022/08/09 03:06 von norbert

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