Der 1973/74 geprägte Slogan »Freie Bürger fordern freie Fahrt« 1) des ADAC entstand nach der Ölkrise 1973 anlässlich des generellen Tempolimits, das Lauritz Lauritzen
, SPD-Verkehrsminister unter Bundeskanzler Willy Brandt
, im November 1973 auf deutschen Straßen verordnete, nämlich 80 Stundenkilometer auf Landstraßen und 100 Stundenkilonmeter auf Autobahnen.
Dieser Tempo-100-Großversuch auf den Autobahnen war auf vier Monate befristet. Tausende von Unterschriftssammlungen, eine Million Slogan-Aufkleber und vermutlich Milliarden von Stammtischempörungen später lief der Versuch am 15. März 1974 aus; man begnügte sich danach mit Tempo 100 auf Landstraßen. Der Begriff »Richtgeschwindigkeit« schaffte es 1980 in den Duden.
Selbst der ADAC erschreckte sich über diese gewaltige Welle der Empörung und distanzierte sich später von seinem Slogan; auf seiner Webseite wird er in der Chronik nicht einmal erwähnt 2). Die deutschen Feuilletonisten waren entsetzt über die Macht des ADAC, der ja letztlich nur die Wertschätzung des Automobils für deutsche Bürger kanalisierte, jedoch damit auch als eine indirekte Machtdemonstration für die Autoindustrie interpretiert wurde 3) und politisch und rechtlich weitreichende Folgen hat. 4)
Möglicherweise ist dies eine der Wurzeln der Umweltaktivisten, die ebenso emotionalisiert wie die Autofahrer von einst, jedoch mit ideologischem Tunnelblick, gegen das Automobil und die Autoindustrie kämpfen, welche wiederum mit dem Slogan »Autobahn tested« ihre Produkte im Ausland verkaufen
Das Kernthema bildet die individuelle Freiheit, als Bewegungsfreiheit und als Reisefreiheit, und so fand der Slogan seinen Weg auch auf die Transparente der Leipziger Montagsdemos 1989/90. Hans Bretz
(1897-1976), Präsident des ADAC 1964 - 1972, meinte: »Die persönliche Freiheit ist das höchste und erstrebenswerteste Gut des Menschen. Das Kraftfahrzeug ist der große Mittler dieser Freiheit. Will man die Freiheit knechten, so muss man erst den Mittler dieser Freiheit in Fesseln legen. Ist dies gewollt?« 5)
Michael Hölzinger
Strategische Bedeutung von Lobbyarbeit im Spiegel der historischen Entwicklung der verkehrspolitischen Rahmenbedingungen in Deutschland
Handlungsmöglichkeiten für das Lobbying im Unternehmensinteresse der DB AG im Politikfeld Raumordnung
Trier, Univ., Diss., 2001, als Online-Ressource 2004
http://d-nb.info/971713227
Thomas Krämer-Badoni ; Herbert Grymer ; Marianne Rodenstein
Zur sozio-ökonomischen Bedeutung des Automobils
319 S., edition suhrkamp 540 Frankfurt a.M. 1971
http://d-nb.info/457282894
Analyse auf marxistischer Grundlage.
Allgemeinen Deutschen Automibil-Club e.V. (Hg.), Hans Bretz
(Text)
50 Jahre ADAC im Dienste der Kraftfahrt : 1903 - 1953
186 S., ADAC München 1953
http://d-nb.info/1020388129
Selbstdarstellung durch den Präsidenten des ADAC
ADAC Unternehmenskommunikation (Hg.), Michael Dultz
(Red.)
100 Jahre ADAC: Bilder, Storys, Hintergründe; 1903 - 2003
194 S., ADAC München 2003
http://d-nb.info/966609069
Johannes Kempen
Kommunikationsmechanismen des ADAC zum Tempolimit auf deutschen Autobahnen zwischen 1989 und 2013
GRIN Verlag München 2015
http://d-nb.info/1077487703
Studienarbeit 2015 im Fachbereich Politik an der Fern-Universität Hagen; Online-Ressource
Schmalstieg, Dieter Olaf
Aussteigen und sich selbst bewegen
Mobilität, Auto-Befreiung, Ethik.
Grand-Lancy 1990: M. Servet.
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Heinz Blüthmann
: Im Namen des Volkes. in: DIE ZEIT Nr. 47, 15. November 1991 »Den Glaubenskampf ums Auto haben Industrie und Verbände gewonnen«; FAZ 7.5.1973, S. 13Christian Tomuschat
: Güterverteilung als rechtliches Problem. In: Der Staat Vol. 12, No. 4 (1973), pp. 433-466