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wiki:flucht

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 ==== 3.2 Der 2. Weltkrieg 1939-1945 ==== ==== 3.2 Der 2. Weltkrieg 1939-1945 ====
 ''Herbert Pritzke'' war Arzt und wurde 1944 nach Afrika beordert, zum Rommel-Korps. Nach seinem ersten Fluchtversuch aus englischer Gefangenschaft verlegte man ihn in das berüchtigte Lager 307 bei Fanara in der Suezkanal-Zone, ein Entkommen von dort war unmöglich. So begann er, Wadenkrämpfe zu simulieren und erreichte bald sein Ziel, die Verlegung ins Hospital nach Fayed. Er wurde an den Krampfadern operiert und kaum zu Kräften gelangt, floh er, 18 Monate nach Kriegsende.\\  ''Herbert Pritzke'' war Arzt und wurde 1944 nach Afrika beordert, zum Rommel-Korps. Nach seinem ersten Fluchtversuch aus englischer Gefangenschaft verlegte man ihn in das berüchtigte Lager 307 bei Fanara in der Suezkanal-Zone, ein Entkommen von dort war unmöglich. So begann er, Wadenkrämpfe zu simulieren und erreichte bald sein Ziel, die Verlegung ins Hospital nach Fayed. Er wurde an den Krampfadern operiert und kaum zu Kräften gelangt, floh er, 18 Monate nach Kriegsende.\\ 
-Ausgerüstet war er mit einem zwei Meter langen Zeltstock, der ihm mit seinen eisenbeschlagenen Spitzen als Waffe dienen sollte. Aufpassen mußte er aber auch vor den anderen Internierten: 100 Zigaretten Belohnung gab es, wenn eine Flucht verraten wurde. Gefährlich waren die //„knüppelbewaffneten deutschen Lagerwachen, meist Fallschirmjäger, die für dreißig Pfennig am Tag ihre eigenen Kameraden bewachten und robuste Methoden anwandten, um den Ertappten das Heimweh aus den Knochen zu prügeln, ehe sie vom Wachsergeanten die Belohnung in Zigaretten einkassierten.“// ((Pritzke, Nach Hause kommst du nie ..., 12)) Doch so lange nach Kriegsende war die Aufmerksamkeit der Wachen gering, und nur ein Zaun war zu überwinden. Seine Fluchtroute war ihm klar: // „Ich folgte dem klassischen Fluchtweg der deutschen Kriegsgefangenen: zunächst drei Stunden in genau westlicher Richtung, um aus der britischen Kanal-Enklave herauszukommen, dann abschwenken nach Nordwesten bis an den Süßwasserkanal, der von Ismailia nach Kairo führt.“// ((Pritzke, Nach Hause kommst du nie ..., 16))\\ +Ausgerüstet war er mit einem zwei Meter langen [[wiki:stab|Zeltstock]], der ihm mit seinen eisenbeschlagenen Spitzen als Waffe dienen sollte. Aufpassen mußte er aber auch vor den anderen Internierten: 100 Zigaretten Belohnung gab es, wenn eine Flucht verraten wurde. Gefährlich waren die //„knüppelbewaffneten deutschen Lagerwachen, meist Fallschirmjäger, die für dreißig Pfennig am Tag ihre eigenen Kameraden bewachten und robuste Methoden anwandten, um den Ertappten das Heimweh aus den Knochen zu prügeln, ehe sie vom Wachsergeanten die Belohnung in Zigaretten einkassierten.“// ((Pritzke, Nach Hause kommst du nie ..., 12)) Doch so lange nach Kriegsende war die Aufmerksamkeit der Wachen gering, und nur ein Zaun war zu überwinden. Seine Fluchtroute war ihm klar: // „Ich folgte dem klassischen Fluchtweg der deutschen Kriegsgefangenen: zunächst drei Stunden in genau westlicher Richtung, um aus der britischen Kanal-Enklave herauszukommen, dann abschwenken nach Nordwesten bis an den Süßwasserkanal, der von Ismailia nach Kairo führt.“// ((Pritzke, Nach Hause kommst du nie ..., 16))\\ 
 Drei Tage lief er ohne Wasser, dann brach er zusammen. Beduinen fanden ihn, gaben ihm Wasser und bei den Beduinen blieb er, als sie seine Qualitäten als Arzt entdeckten. Der nur geduldete Flüchtling wurde zum //Hakim Alemanni// mit Ruf und Ansehen. Als solcher praktizierte er in einem Beduinenzelt, ließ sich Medikamente und Geräte aus Ismailia beschaffen und baute sich eine kleine, mobile Praxis auf. Rezepte für Patienten unterschrieb er mit// „Le docteur inconnu.“// Als Dank für die Gastfreundschaft wurde von ihm die Unterstützung illegaler Geschäfte erwartet und Pritzke beteiligte sich daher am Haschisch-Schmuggel. Der Diebstahl einer Kiste mit Morphium aus einem englischen Lager schlug allerdings fehl.\\  Drei Tage lief er ohne Wasser, dann brach er zusammen. Beduinen fanden ihn, gaben ihm Wasser und bei den Beduinen blieb er, als sie seine Qualitäten als Arzt entdeckten. Der nur geduldete Flüchtling wurde zum //Hakim Alemanni// mit Ruf und Ansehen. Als solcher praktizierte er in einem Beduinenzelt, ließ sich Medikamente und Geräte aus Ismailia beschaffen und baute sich eine kleine, mobile Praxis auf. Rezepte für Patienten unterschrieb er mit// „Le docteur inconnu.“// Als Dank für die Gastfreundschaft wurde von ihm die Unterstützung illegaler Geschäfte erwartet und Pritzke beteiligte sich daher am Haschisch-Schmuggel. Der Diebstahl einer Kiste mit Morphium aus einem englischen Lager schlug allerdings fehl.\\ 
 Etwa ein Jahr blieb er bei den Beduinen, lernte deren Sprache, kleidete sich wie sie, paßte sich an, auch wenn es ihm hin und wieder schwerfiel: // „Ich war bevorzugter Gast. `Hier ist etwas Gutes für dich, Salameh!“ sagte der Onkel und hielt mir mit seinen schmutzigen Fingern ein Auge des Hammels hin. Kaum eine Situation im Krieg hatte mich soviel Todesverachtung gekostet wie das würgende Hinunterschlucken solcher Gastbrocken. ... Der Onkel jedoch, der mich ins Herz geschlossen hatte, streifte sich die Ärmel hoch, beugte sich so weit vor, daß sein Bart beinahe mit dem Gericht in Berührung kam, griff ein paarmal ein Stück Fleisch heraus und prüfte es, ob es auch gut genug war für den Gast; aber jedes Stück warf er wieder zurück, bis er endlich vom Besten das Allerbeste für mich gefunden hatte. ... Es war ein Stück Schwanzfett, mit dem ich den ganzen aufdringlichen Geruch des Fettschwanzhammels in die Nase bekam. Um den Fettklumpen gekrümmt, sah ich die unsagbar dreckige Hand, vom Fettklumpen weg rann die Brühe über den nackten haarigen Arm ... Die Natur sorgte dafür, daß ich das Schwanzfett nicht mehr zu essen brauchte und auch das Hammelauge wieder zurückbekam, nachdem es sich in meinem aufgewühlten Inneren nur eine Weile hatte umsehen dürfen.“// ((Pritzke, Nach Hause kommst du nie ..., 139))\\  Etwa ein Jahr blieb er bei den Beduinen, lernte deren Sprache, kleidete sich wie sie, paßte sich an, auch wenn es ihm hin und wieder schwerfiel: // „Ich war bevorzugter Gast. `Hier ist etwas Gutes für dich, Salameh!“ sagte der Onkel und hielt mir mit seinen schmutzigen Fingern ein Auge des Hammels hin. Kaum eine Situation im Krieg hatte mich soviel Todesverachtung gekostet wie das würgende Hinunterschlucken solcher Gastbrocken. ... Der Onkel jedoch, der mich ins Herz geschlossen hatte, streifte sich die Ärmel hoch, beugte sich so weit vor, daß sein Bart beinahe mit dem Gericht in Berührung kam, griff ein paarmal ein Stück Fleisch heraus und prüfte es, ob es auch gut genug war für den Gast; aber jedes Stück warf er wieder zurück, bis er endlich vom Besten das Allerbeste für mich gefunden hatte. ... Es war ein Stück Schwanzfett, mit dem ich den ganzen aufdringlichen Geruch des Fettschwanzhammels in die Nase bekam. Um den Fettklumpen gekrümmt, sah ich die unsagbar dreckige Hand, vom Fettklumpen weg rann die Brühe über den nackten haarigen Arm ... Die Natur sorgte dafür, daß ich das Schwanzfett nicht mehr zu essen brauchte und auch das Hammelauge wieder zurückbekam, nachdem es sich in meinem aufgewühlten Inneren nur eine Weile hatte umsehen dürfen.“// ((Pritzke, Nach Hause kommst du nie ..., 139))\\ 
wiki/flucht.txt · Zuletzt geändert: 2024/05/02 03:08 von norbert

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