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wiki:christophorus

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wiki:christophorus [2018/07/22 13:17] norbertwiki:christophorus [2023/07/09 16:15] – [Christophorus] norbert
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 ====== Christophorus ====== ====== Christophorus ======
 +  - Der //Christophorus// ist seit 1952 das offizielle Kundenmagazin der Porsche AG.
 +  - //Christophorus// heißen auch die Seminare der Verkehrswacht und die Rettungshubschrauber des ADAC
 +  - Beide sind benannt nach ''Christophorus'' dem Schutzpatron der [[wiki:reisende|Reisenden]] im christlichen Glauben; er gilt als Märtyrer, manchmal auch als Heiliger, ist der christlichen Kirche jedoch eher suspekt. 
 +Sein griechischer Name Χριστόφορος bedeutet »[[https://www.heiligenlexikon.de/BiographienC/Christophorus.htm|Christusträger]]«. Dieser wird als meist bärtiger Hüne mit [[wiki:stab|Stab]] dargestellt, der das Jesuskind auf seinen Schultern durch einen Fluss trägt, ikonographisch ist er ein [[wiki:wilde_mann|Wilder Mann]], jedoch bezeichnet man ihn oft als Ferge ([[wiki:faehrmann|Fährmann]]).\\ In der germanischen Mythologie entspricht ihm ''Vadi'' (Wade, Wate, Waetla) `der Watende´, der Vater Wielands, ein bärtiger Hüne ((ersterwähnt im altenglischen Gedicht //Widsith//, auch in der Þiðrekssaga (=Vilkina-Saga) und in Kudrun)). Dieser trug seinen Sohn durch einen tiefen dänischen Sund zu den Zwergen, damit dieser das Schmied-Handwerk erlerne. Ihm und/oder seinem Sohn wird die Erfindung des Schiffbaus zugeschrieben und damit auch der Beruf des [[wiki:faehrmann|Fährmanns]].
 +  * ''Karl Müllenhoff''\\ ''Wado''.\\ Zeitschrift für deutsches Alterthum, 6 (1848) 62-69
 +  * ''McConnell, Winder''\\ //The Wate Figure in Medieval Tradition.//\\ (=Stanford German Studies, 13) 129 S. Bibliogr. S. 117-129. Bern 1978: P. Lang.
 +  * ''François-Xavier Michel''\\ //Wade: lettre sur une tradition angloise du moyen âge//. 32 S. Paris 1837: Silvestre
 +  * ''Anton Edmund Wollheim da Fonseca ''\\ //Die National-Literatur der Skandinavier ... //\\ Halle 1875–1877: Hempel, Bd. 1, Kapitel 20, S. 211–213
 +Dem christlichen Christophorus wurden die heidnischen Attribute genommen, denn der frühe Christophorus trug ein Lamm und wurde als [[http://www.symbolforschung.ch/kynokephalen.html|hundsköpfiger]] Riese dargestellt, der [[wiki:liste_attribute_des_reisens|ikonographisch]] dem ägyptischen //Anubis// entsprach:
 +  * Das älteste Bildzeugnis des Christophorus Kynokephalos - also mit Hundekopf - fand man in Toledo in einem auf Christophorus bezogenen Messtext in einem mozarabischen Sakramentar ((''Scheil, Elfriede''\\ //Der Sinnzusammenhang zwischen wildem Mann und Totenschädel in Albrecht Dürers Paar mit Totenkopfwappen von 1503.//\\ Zeitschrift für Kunstgeschichte, 73.3 (2010) 433–444. [[https://www.jstor.org/stable/20749480
 +|Inhalt]] S. 436, Fußnote 7 mit Verweis auf Loeschke 1955)).
 +  * 1147 zeigt eine ganzseitige Federzeichnung im Martyriologium des heiligen ''Usuardus'' zum 25. Juli, dem Tag des Christophorus, die Figur mit Löwenkopf, gezeichnet zwischen 1138 und 1147 im Kloster Zwiefalten ((Fußnote 7 in ''Scheil, Elfriede''\\ //Der Sinnzusammenhang zwischen wildem Mann und Totenschädel in Albrecht Dürers Paar mit Totenkopfwappen von 1503//.\\ Zeitschrift für Kunstgeschichte 73.3 (2010) 433–44. [[https://www.jstor.org/stable/20749480|Online]] mit Verweis auf Walter Loeschke: Sanctus Christophorus Caninenus S. 33–82 in: Edwin Redslob zum 70. Geburtstag: eine Festgabe. Berlin 1955 )).
  
-Der Christophorus ist das offizielle Kundenmagazin der Porsche AGerscheint seit 1952 und ist benannt nach dem Schutzpatron der Reisenden, dem christlichen Heiligen Christophorus. Nach ihm benannt sind auch die Seminare der Verkehrswacht.+Sein ältester Name //Reprobus// (lat.), //rebrebos// (griech.), //rabrab// (alt-aram.) bedeutet `Der Verworfene«´ (( ''KostOtto-Hubert'' 1929-2015\\ //Christophorus: Seine Herkunft und sein Wesen//\\ Heimbach: Patrimonium-Verlag, 2015)). Der Sage nach erhielt dieser hundsköpfige Menschenfresser nach der Taufe den Namen Christophorus und die Fähigkeit der menschlichen Sprache. Eine vergleichbare Parabel findet sich bei Enkidu im Gilgamesch-Epos.
  
-Sein griechischer Name Χριστόφορος bedeutet »Christusträger« und dieser wird als meist bärtiger Riese mit Stab dargestellt, der das Jesuskind auf seinen Schultern durch einen Fluss trägtSeine Bedeutung als Beschützer der Reisendensein Name und seine Attribute verweisen gleichwohl auf viel älterejahrtausende alte Wurzeln aus vorchristlicher Zeitnämlich:+Die christliche Figur des Christophorus ist ein Seelenbegleiter (»Psychopompos«) wie die heidnischen »liminal deities« der Antike (Hermes, Merkur, Anubis, Pushan u.a.). Diese halfen den Seelen der Verstorbenen über den Fluss des Todes in die Unterwelt: Anubis übergab die Seele an TothHermes an CharonChristophorus jedoch an Petrusdenn die christliche Lehre hatte die Verdammnis durch die Erlösung ersetzt.
  
-  * Auch der griechische Gott Hermes schützte die Reisenden, als Hermes Kriophoros trägt er ein Lamm (später ein Sinnbild für Christus). Der Hermesstab (lat. Caduceus) wird von zwei einander anblickenden Schlangen umwunden. Der Hermeskult ist der älteste der griechischen Mythologie; der Tierträger ist ein Hirtengott und »Hundebezwinger«. //Hermes und Charon// tragen die Seelen der Verstorbenen über den Totenfluss Styx. Hermes ist auch ein Bote der Götter, also immer unterwegs. Seine Botschaften fordern Einsicht und Verständnis; noch heute bezeichnet man die Wissenschaft vom »Deuten und Verstehen« als Hermeneutik. +Christophorus gehört zur Gruppe der 14 (manchmal 12) //[[wiki:Nothelfer|Nothelfer]]// im christlichen Glaubenssystem. Ethnologisch gehört er zu den //»liminal deities«//, weil er bei [[wiki:grenzgaenger|Grenzüberschreitungen]] hilft, hier also das Durchschreiten eines Flusses oder die Begleitung der Seele ins JenseitsSeine Bedeutung als Beschützer der [[wiki:reisende|Reisenden]], sein Name und seine [[wiki:liste_attribute_des_reisens|Attribute]] verweisen gleichwohl auf viel ältere[[wiki:reisegenerationen|Jahrtausende]] alte Wurzeln aus nomadischer Zeitsiehe [[wiki:Reisegötter|Reisegötter]]Vielleicht deswegen ist er bis heute im Profanen erfolgreich, als kirchlicher Heiliger jedoch abgesetzt ((''Richilde'' und ''Paul Werner''\\ //ChristophorusDie Faszination eines „Abgeschafften Heiligen“.// Ars Bavarica82 (1999) 7-28)).
-  * Den vorigen vergleichbar tragen //Anubis und Thot// in der ägyptischen Mythologie die Seelen der Verstorbenen über den Totenfluss EridanosAnubis wird vorwiegend mit einem Hunde- oder Schakalkopf dargestellt sowie mit einem spiralfömigen, gegabelten Was-Zepter; welches gedeutet wird als Phallus-Symbol und als Stock, mit dem Schlangen gefangen wurden. +
-  * Der römische Mercur, benannt nach merx, dem Markt, ist ein Beschützer der reisenden Kaufleute und ebenfalls Götterbotegleicht völlig dem Hermes. +
-  * Im nördlichen Europa verschmolz er mit dem keltischen Reisegott Cissonius zu Mercur Cissonius, der ebenfalls mit Flügelhut und Heroldsstab dargestellt wurde; sein Name wurde als Tapferer oder auch (Ziegen-)Wagenfahrer gedeutet. Ebenfalls römisch-keltisch ist Mercurius Arvernus. +
-  * Dem lithauischen Reisegott Kielu Dziewos (auchKelių/Keliu dievasKellukis) wurde in Steinen am Wegesrand gehuldigtebenso wie es die Hermes- oder Merkursteine am Weg gab, insbesondere an Kreuzwegen. +
-  * Pushan ist ein vedischer Gottder Wächter der Wege und Beschützer der Reisenden, er begleitet auch die Toten. Er schützt die Haustiere und führt Vieh gesund in den Stall zurück. Dargestellt wird er als bärtiger Mann mit Speer und einem von Ziegen gezogenen Wagen +
-  * Im germanischen Götterhimmel entspricht ihnen Hermodr, der MutigeEr reitet auf Sleipnirer in die Unterwelt und begegnet der Totengöttin Helgilt als Götterbote und Schutzherr der Boten.+
  
-Das Bild des Reisegottes gleicht sich zwischen Nordeuropa und dem südlichen Indien und scheint sich am Bild des »guten Hirten« zu orientierengroß und stark, voller Lebenskraft; der mit einem Knotenstock zum Schlagen und Stoßen gegen Mensch und Tier gleichermaßen gerüstet istWeitere Ähnlichkeiten sind: +Die Aufgabe des Christophorus war, den reisenden Menschen vor Gefahren zu beschützeninsbesondere vor dem plötzlichen Tod''Benker'' (1975wies darauf hindass die auffällige Verbreitung des Heiligen im Alpenraum durch die besonders gefährlichen Reiseumstände und die Zunahme der Reisetätigkeit über die [[wiki:alpenpaesse|Alpenpässe]] begründet sein könnte. Dazu wurde Christophorus oft überlebensgroß dargestellt und nicht nur an exponierten Stellen entlang des [[wiki:weg|Weges]] sondern an Orten, die passiert wurden ohne eine Siedlung durchqueren zu müssenalso an Kapellen und Kirchen[[wiki:herberge|Herbergen]]GasthäusernTürmenTorenBrunnen so dass die Figuren von weitem gesehen werden konnten (''Bittmann'' 2003)Die Abstände waren so dichtdass Reisende täglich mindestens eine Christophorus-Darstellung wahrnehmen konnten.
-  * Sohn des Göttervaters: Anubis ist ein Sohn des Sonnengottes Re; Hermes ist der Sohn von Zeus und Maia; Hermodr ist Odins Sohn. +
-  * Der Heroldsstab oder Caduceus findet sich bei Cissonius, Merkur, Hermes und Thot, ist immer mit Schlangen verbunden; der Stab mit seinem verdickten Kopf wird auch als Phallussymbol gedeutet. Ähnlich finden sich in Indien Lingam-Säulen (Phallussymboleumwunden von der Kundalini-Schlangedem Symbol der Lebenskraft. +
-  * Der von Ziegen gezogene Götterwagen findet sich bei Thor, Cissonius, Mercurius Gebrinius (gallisch gabros: Widder) und Pushan. +
-  * Christophorus ist einer der 12 Nothelfer, Hermes einer der 12 olympischen Götter; Pushan einer der 12 Adityas +
-Dem christlichen Christophorus dagegen sind die heidnischen Attribute genommen worden: +
-  * Der frühe Christophorus wurde noch mit einem Hundekopf dargestellt; Merkur und Hermes wurden von Hunden begleitet; Anubis trägt einen Hunde- oder Schakalkopf.  +
-  * Anubis und Hermes sind Figuren des Diesseits; Thot und Charon gehören bereits dem Jenseits an. Beide sind Grenzgänger zwischen Leben und TodLicht und Schatten. Solche grenzüberschreitenden Gottheiten werden im Englischen »liminal deity« genannt und oft an Straßenkreuzungen verehrt. Der christlichen Figur des Christophorus fehlt ein jenseitiges Pendant, denn die christliche Lehre hatte die Verdammnis durch die Erlösung ersetzt. +
-Möglicherweise gehen diese Ähnlichkeiten bis in die Zeit des Urindogermanischen zurückals etwa zwischen 4000 und 3000 v. Chr. Begründet wird diese Datierung unter anderem aus dem gemeinsamen technischen Wortschatzbeispielsweise des Wagenbaues.  +
-Reisegötter beziehen ihre Kräfte aus der nomadischen Kultur Abels im Gegensatz zum hausbauenden Schmied Kain und zeigen es durch PhalluskultZiegenden Wagen als Zeichen der Mobilitätden Stab als hölzerne Waffe, die Zähmung des Hundes, das Überschreiten und Nicht-Anerkennen von Grenzen, die Wertschätzung von Kreuzungen als Orten der Begegnung und des AustauschesFernmobilreisende mögen darin manches findenwas sie auch heute noch schätzen.+
  
----- +==== Literatur ==== 
-  * PSaintyvesSaint ChristopheSuccesseur d'Anubisd'Hermès et d'HéracleLes Édition Émile NourryParis 1936 +  * ''Benker, Gertrud''\\ //Christophorus, Patron der Schiffer, Fuhrleute und Kraftfahrer. Legende, Verehrung, Symbol//.\\ 192 S. München 1975 
-  * W.  Loeschke,  S.  C.  Canineus,  E.  Redslob  zum  70.GeburtstagBerlin 1955, S. 33-82an Loeschkes Grundlegende Arbeit zur Geschichte des Heiligen Christophorus  von WLoeschke+  * ''Bittmann, Yvonne''\\ //Standort und Funktion von Christophorusfiguren im Mittelalter.//\\ Masterarbeit bei Johannes Tripps, Kunsthistorisches Institut Universität Heidelberg 2003. 123 S. 
 +  * ''Hahn-Woernle, Birgit''\\ //Christophorus in der Schweiz. Seine Verehrung in bildlichen und kultischen Zeugnissen//.\\ (=Schriften der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde) X, 205 S., 2 Karten. Basel 1972: Krebs.\\ Schwerpunkt sind Darstellungen des Heiligen an Fernstraßen und Handelswegen mit deren Abständen und Weg-Zeit-Tabellen. 
 +  * ''Kost, Otto-Hubert''\\ //Christophorus seine Herkunft und sein Dienst.//\\ 194 S. Heimbach/Eifel 2015Patrimonium. [[https://d-nb.info/1062929608/04|Inhalt]]    
 +  * ''KrausenEdgar''\\ //Zum Strukturwandel in der Christophorusverehrung//.\\ Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde (1961) p. 171 
 +  * ''KretzenbacherLeopold''\\ //Kynokephale Dämonen südosteuropäischer Volksdichtung.\\ Vergleichende Studien zu Mythen, Sagen, Maskenbräuchen um Kynokephaloi, Werwölfe und südslawische Pesoglavci.//\\ (= Beiträge zur Kenntnis Südosteuropas und des Nahen Orients, 5) 10 Textabb., 7 Taf., 145 S. München 1968: R. Trofenik. 
 +  * ''W. Loeschke, S. C. Canineus, E. Redslob'' zum  70.Geburtstag\\ //Grundlegende Arbeit zur Geschichte des Heiligen Christophorus //\\ Berlin 1955, S. 33-82 
 +  * ''Silvia Marin-Barutcieff''\\ //In search of an older giant.//\\ ARCHÆVS. Studies in the History of Religions 20 (2016) 465-470. Rezension zu ''Kost'' 2015 
 +  * ''Mozzoni, Loretta''; ''Paraventi, Marta'' (Hrsg.)\\ //In Viaggio con San Cristoforo, Pellegrinaggi e Devozione tra Medio Evo e Età Moderna//.\\ Florenz 2000 
 +  * ''Rosenfeld, Hans-Friedrich''\\ //Der hl. Christophorus. Seine Verehrung und seine Legende.// Acta Academiae Abonensis Humaniora (Helsingfors), X.3 (1937) 3-552\\ Mehr als 3.000 Standorte von Christophorus-Darstellungen. 
 +  * '' P. Saintyves''\\ //Saint Christophe: Successeur d'Anubis, d'Hermès et d'Héracle.// \\ Les Édition Émile Nourry, Paris 1936 
 +  * ''Heinrich Schauerte''\\ //Der heilige Christophorus//.\\ in: Die Kirche und der Straßenverkehr, hrsg. vom Verlag Wort und Werk GmbH, Köln 1964 
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wiki/christophorus.txt · Zuletzt geändert: 2024/04/09 14:19 von norbert

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